Hamburg. Sozialdemokraten aus Bund und Ländern tagen in Hamburg: Unterstützung für Entlastungspakete, Attacken auf Habeck und Opposition.
Mit einem demonstrativen Schulterschluss der Sozialdemokraten und scharfen Attacken auf Opposition und zum Teil auf die Koalitionspartner im Bund ist das zweitägige Treffen der SPD-Fraktionschefs aus Bund in Ländern in Hamburg zu Ende gegangen.
Trotz vieler kritischer Stimmen auch aus SPD-regierten Ländern zu den Entlastungspaketen des Bundes in der Energiekrise habe „große Einigkeit“ darüber bestanden, dass sich die Länder an der Finanzierung dieser Milliardenausgaben beteiligen müssten, sagte Dirk Kienscherf, SPD-Fraktionschef in der Hamburgischen Bürgerschaft. „Nur immer zu sagen, der Bund muss mehr bezahlen, bringt uns nicht weiter“, sagte er und warnte andere Landesregierungen davor, sich mit dem Thema profilieren zu wollen.
SPD Tagung in Hamburg: Warnung vor „Deindustrialisierung"
Ähnlich äußerte sich Rolf Mützenich, SPD-Fraktionschef im Bundestag: „Es hilft überhaupt nicht, wenn sich einige verantwortliche Politiker aufplustern.“ Konkret kritisierte er Ministerpräsidenten wie Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Bayerns Markus Söder (CSU) dafür, dass sie sich nicht an den Entlastungspaketen beteiligen wollten: „Das hilft den Menschen nicht.“
Allerdings hatte unter anderem auch Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) mehrfach betont, dass die Hansestadt die Entlastungspakete zwar unterstütze, es angesichts von Kosten nur für Hamburg von bis zu 500 Millionen Euro pro Jahr aber Entlastungen für die Länder bei der Flüchtlingsunterbringung, beim Wohngeld und bei ÖPNV geben müsse.
Kienscherf: Habeck muss dafür sorgen, dass die Industrie überhaupt überlebt
Von einem innerparteilichen Dissens zwischen Bund- und Länderebene wollten Mützenich und Kienscherf aber nichts wissen. Wichtig für die Bürger sei doch, „dass die Entlastungen kommen“, so Mützenich. Er gehe davon aus, dass die vom Bund eingesetzte Expertenrunde am 10. Oktober erste Ergebnisse vorlegen werde, wie die angekündigte Gas- und Strompreisbremse ausgestaltet werden könnte. Danach wolle man „rasch zur Umsetzung kommen“.
Kritik äußerte die Sozialdemokraten auch an Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne): Angesichts der Anstrengungen der Bundesregierung für mehr Nachhaltigkeit müsse das Bundeswirtschaftsministerium Industrie und Wirtschaft „erstmal dazu befähigen, dass sie die nächsten Monate und Jahre überleben“, sagte Kienscherf. „Ansonsten brauchen wir über einen Transformationsprozess in Deutschland jedenfalls nicht mehr zu sprechen.“
Kaum Fördermittel für energieintensive Betriebe abgeflossen - Aurubis als Vorbild
Es bereit ihm große Sorgen, dass aus dem Förderprogramm für energieintensive Betriebe auf Bundesebene erst neun Millionen von fünf Milliarden Euro abgeflossen seien, so Kienscherf. Am Wirtschaftsstandort Hamburg mit seinen vielen Industriebetrieben sei es „wichtig für die Beschäftigten und die soziale und wirtschaftliche Entwicklung in unserer Stadt, aber auch wichtig für den Klimaschutz“, dass Unternehmen wie Aurubis erhalten bleiben. Denn die Kupferhütte – die die Fraktionschef zuvor besucht hatten –, zeige, „wie man Klimaschutz, nachhaltige Beschäftigungssicherung und Innovation zusammenbringen kann“, so Kienscherf. Würde sie anderswo auf der Welt produzieren, würde das dem Klima schaden.
Auch Mützenich beklagte, dass einige Hilfen „nicht so geflossen sind, wie wir es uns eigentlich vorgestellt hatten“. Aus seiner Fraktion gebe es daher „Hinweise“ an Habeck, „bestimmte Dinge, die in seinem Haus nicht so gut laufen, abzustellen“. Grundsätzlich warnte der SPD-Fraktionschef im Bundestag: „Wir müssen aufpassen, dass es nicht zu einer Deindustrialisierung in Deutschland kommt.“ Die Energiekosten in Frankreich und in den USA seien deutlich niedriger, und die US-Regierung werbe gezielt um Unternehmen aus Europa. Um Betriebe halten zu können, brauche Europa eine gemeinsame Energie und Industriepolitik.
Schwache Umfragewerte für die SPD und Kritik an ihrem aus Hamburg stammenden Bundeskanzler Olaf Scholz wollte Mützenich nicht überbewerten: „Wir haben schon schlimmere Umfragewerte gehabt.“