Hamburg. Der jahrelange Aufstieg der Hansestadt im Länderranking wird nun gebremst. Das liegt besonders an zwei Schwächen.

Der über Jahre anhaltende Aufstieg Hamburgs ist im aktuellen Länderranking des Bildungsmonitors 2022 gebremst. Hamburg belegt in der Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) nur Rang vier unter den 16 Bundesländern nach Rang drei im vergangenen Jahr. Der Bildungsmonitor bewertet im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) 13 Handlungsfelder der Bildungspolitik, die insgesamt 98 Indikatoren umfassen.

Schule: Hamburg hat Spitzenwert bei WLAN-Ausstattung

Bei dem erstmals betrachteten Handlungsfeld Digitalisierung kommt Hamburg ebenfalls auf den vierten Platz. Positiv wirkt sich aus, dass die Hansestadt bei der Ausstattung der Schulen mit WLAN den bundesweiten Spitzenwert erreicht. Die Autoren der Studie monieren allerdings, dass bislang relativ selten digitale Medien im täglichen Unterricht eingesetzt werden. Bei der Ausbildungsleistung im IT-Bereich erreicht Hamburg bundesweit den zweitbesten Wert bei der Berufsbildung.

Mehrere “klassische” Stärken des Hamburger Bildungssystems wirken sich erneut positiv aus: Fast alle Grundschüler (99,2 Prozent, Bundesdurchschnitt: 60,9 Prozent) lernen bereits Englisch. Bei den Berufsschülern liegt der Anteil mit 91 Prozent ebenfalls deutlich über dem Bundesschnitt von 34,8 Prozent. Das bedeutet Platz eins für Hamburg in der Kategorie Internationalisierung.

Unter dem Begriff der Inputeffizienz (Rang zwei) führt der Bildungsmonitor unter anderem an, dass in Hamburg weniger Lehrkräfte die Schulen vorzeitig wegen Dienstunfähigkeit verlassen als im Durchschnitt der Länder.

Gute Schüler-Lehrer-Relation in Hamburg

Dass Hamburg im Handlungsfeld Förderinfrastruktur ebenfalls auf dem zweiten Platz liegt, ist vor allem darauf zurückzuführen, dass 98,2 Prozent der Grundschüler (Bundesdurchschnitt: 46,3 Prozent) an einer offenen oder gebundenen Ganztagsschule unterrichtet werden. Auch bei der Sekundarstufe I ist das Angebot mit 98,2 Prozent (Bundesschnitt: 47,4 Prozent) unter den anderen 15 Ländern unerreicht.

Auch beim Handlungsfeld Betreuungsbedingungen landet Hamburg auf dem zweiten Platz. Das liegt vor allem an der guten Schüler-Lehrer-Relation der Grundschulen sowie der Sekundarstufe I der Stadtteilschulen. Auf eine Lehrkraft der Klassen fünf bis zehn (ohne Gymnasien) kommen rechnerisch 10,9 Schülerinnen und Schüler (Bundesschnitt: 13). An den Grundschulen beläuft sich die Lehrer-Schüler-Relation auf 13,3 (Bundessschnitt: 15,6).

Die Erfolgsquote der Berufsschüler in der dualen Ausbildung ist in Hamburg mit 91,4 Prozent (Bundesschnitt: 89,6 Prozent) sehr hoch. Schlechter schneidet der Stadtstaat bei der Quote derjenigen ab, die keinen Ausbildungsplatz erhalten: 10,5 Prozent im Vergleich zu 8,5 Prozent bundesweit. Das bedeutet Rang vier im Handlungsfeld berufliche Bildung.

In diesen Bereichen könnten Schulen in Hamburg besser sein

Zu den Schwächen des Hamburger Schulsystems zählen die Leistungen der Schülerinnen und Schüler in den Naturwissenschaften. In der letzten Kompetenzerhebung für die Neuntklässler, die allerdings bereits aus dem Jahr 2018 stammt, landet Hamburg auf dem vorletzten Platz der 16 Länder. Nur leicht besser waren die Ergebnisse im Fach Mathematik. Im Handlungsfeld Schulqualität kommt Hamburg damit nur auf Platz 14.

In puncto Bildungsarmut (Platz 13) wirkt sich negativ aus, dass mit 6,7 Prozent etwas mehr junge Menschen die Schulen ohne Abschluss verließen als im Bundesdurchschnitt (5,8 Prozent). Unter Bildungsarmut bewerteten die Autoren der Studie auch den Befund, dass 2018 bei der Überprüfung der Bildungsstandards der Neuntklässler 12,1 Prozent der Schüler nicht den Mindeststandard erreichten (Bundesschnitt: 9,2 Prozent).

Den zwölften Platz belegte Hamburg beim Thema Integration. Leicht überdurchschnittlich war die Quote von 15,5 Prozent der ausländischen Schulabsolventen, die keinen Abschluss erreichten (Bundesschnitt: 14,6 Prozent). Außerdem hätten, so der Bildungsmonitor, mehrere Kompetenzerhebungen gezeigt, dass der Zusammenhang zwischen sozioökonomischer Herkunft und Bildungserfolg in Hamburg größer ist als in anderen Bundesländern.

Schule: "Hamburg schwächelt diesmal etwas"

Das Länderranking führt Sachsen auf einer Skala von 0 bis 100 mit 65,9 Punkten vor Bayern (63,9) und Thüringen (59,6) an. Hamburg folgt auf dem vierten Platz mit 56,5 Punkten. Im Vergleich der Bildungsmonitore der vergangenen zehn Jahre hat Hamburg mit einem Plus von 7,8 Punkten den höchsten Zuwachs nach dem Saarland mit einem Plus von 12,6 Punkten erreicht. Schleswig-Holstein landet beim Bildungsmonitor 2022 auf Platz neun (46,8 Punkte), gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern (45,9 Punkte). Bremen ist Schlusslicht mit 41,9 Punkten.

“Der norddeutsche Bildungsaufsteiger Hamburg schwächelt diesmal etwas. Das liegt besonders an unzureichenden naturwissenschaftlichen Kompetenzen und den zu hohen Schulabbrecherquoten unter Jugendlichen”, sagt Peter Golinski, Geschäftsführer Bildung und Arbeitsmarkt der Arbeitgeberverbände Nordmetall und AGV Nord.

Zwar belege Hamburg Spitzenplätze bei einer Reihe von Handlungsfeldern, dennoch habe die Stadt verstärkt Probleme mit Schulqualität und Bildungsarmut. “Hamburg sollte sich intensiver um bessere Unterrichtsqualität und damit bessere Leistungen in den MINT-Fächern bemühen”, sagt Golinski. Hamburg habe gezeigt, dass es den Aufschwung in Bildung kann. “Jetzt muss es weitergehen”, so der Arbeitgebervertreter.

„Die vielen Maßnahmen der rot-grünen Schulpolitik tragen nicht die erwünschten Früchte. Schulsenator Rabe muss schleunigst umsteuern“, sagt CDU-Schulpolitikerin Birgit Stöver.