Hamburg. Verkehrspolitiker diskutieren strengere Regeln für die elektrischen Roller. Anlass sind Studien zu schweren Unfällen.
In Hamburg ist eine Diskussion über strengere Regeln zur Nutzung von E-Scootern entbrannt. Anlass sind Studien, nach denen viele Unfälle mit den elektrisch angetriebenen Rollern auf Alkohol zurückzuführen sind und kaum Fahrer Helm tragen. Rechtsmediziner Klaus Püschel hatte im Abendblatt eine Helmpflicht, eine Promillegrenze von 0,0 oder jedenfalls unter 0,3 Promille und ein Nachtfahrverbot für die E-Scooter gefordert. Für Ärger sorgen nach wie vor Verkehrsverstöße der Nutzer, die andere Menschen gefährden, und das Abstellen der Roller mitten auf Fußwegen.
Auch Verkehrspolitiker sehen Handlungsbedarf. „CDU, Grüne und SPD haben sich vor Jahren überschlagen vor Begeisterung für E-Scooter, obwohl die Probleme aus anderen Städten längst bekannt waren“, kritisiert Linken-Verkehrspolitikerin Heike Sudmann. „Hoffentlich gibt es jetzt die Bereitschaft, von anderen zu lernen. In Oslo dürfen nachts keine E-Scooter mehr vermietet werden, Grund waren die vielen nächtlichen Unfälle.“
E-Scooter: Auch CDU-Chef fordert strengere Regeln
Helsinki habe nachts die Höchstgeschwindigkeit der E-Scooter auf 15 Kilometer pro Stunde reduziert und der Deutsche Städtetag habe eine automatische Drosselung der Geschwindigkeit von E-Scootern in Bereichen wie Fußgängerzonen gefordert, so Sudmann. „Die generelle Drosselung auf 10 oder 15 Kilometer pro Stunde ist für mich ein erster wichtiger Schritt. Ein nächtliches Vermietungsverbot kann folgen.“ Eine starke Regulierung sei „unbedingt erforderlich“, so Sudmann. Anbieter von E-Scootern, E-Rollern und E-Bikes setzten darauf, „dass sie den öffentlichen Raum und auch Geh- und Radwege kostenfrei und unbeschränkt nutzen können“, so Sudmann. „Stolperfallen und vollgemüllte Wege sind das Ergebnis.“
Auch CDU-Fraktionschef Dennis Thering fordert klarere Regeln – und eine Aufklärungskampagne über Vorgaben und Gefahren der E-Scooter-Nutzung. „Das Dickicht an Stolperfallen ist inakzeptabel“, so Thering. „Jetzt wird der Senat mit neuen Leih-E-Bikes noch mehr Chaos zulassen und wieder tatenlos zusehen. Es bedarf klarerer Regelungen, wo die Fahrzeuge abgestellt werden, ohne Fußgänger und andere Verkehrsteilnehmer zu gefährden. Gleichzeitig müssen dann mehr Kontrollen durchgeführt und die Strafen bei Regelverstößen deutlich gesteigert werden.“
Parkzonen für E-Scooter in Hamburg gefordert
AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann bezeichnet E-Scooter als „durchaus berechtigtes Verkehrsmittel“, hält aber Helmpflicht und Promillegrenze für „sinnvoll und begrüßenswert“. Zudem müsse die Zahl der E-Roller „auf ein verträgliches Maß begrenzt werden“, so Nockemann. Für die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein sind „E-Scooter eine gute Alternative zum Auto“. Es müsse aber auch für sie klare Regeln geben. „Die Promillegrenze auf unter 0,3 zu senken, halte ich im Sinne der Verkehrssicherheit für richtig“, so die FDP-Politikerin. „Nachtfahrverbote sind übertrieben, ebenso eine Helmpflicht.“ Wichtig sei es, für die Kleinstfahrzeuge Parkzonen zu schaffen, „damit sie nicht kreuz und quer abgestellt oder hingeworfen werden“.
Auch in den Regierungsfraktionen von SPD und Grünen macht man sich Gedanken. „Die Anbieter konzentrieren sich auf lukrative Stadtgebiete, wo schnell ein Überangebot an Fahrzeugen entsteht, das sich nicht selten zur Belastung entwickelt“, sagte SPD-Verkehrspolitiker Ole Thorben Buschhüter. Die SPD plädiere für ein Konzessionsmodell, „bei dem die Stadt bestimmt, wie viele Fahrzeuge pro Anbieter wo im Einsatz sind“.
E-Scooter: Auch die Grünen fordern Promillegrenze
So würden auch „Stadtgebiete erreicht, die bislang immer außen vor geblieben sind“. Ein Konzessionsmodell sei aber nur möglich, wenn Sharing-Dienste als wegerechtliche Sondernutzung klassifiziert würden, wie etwa in Bremen. Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht habe Fahrzeug-Sharing aber als Gemeingebrauch eingestuft. Der Bund müsse daher endlich einen „einheitliche Rechtsrahmen schaffen, der Kommunen mehr Gestaltungsspielräume gibt“, so Buschhüter. Eine Debatte über 0,0 Promille dürfe „nicht nur anhand eines Verkehrsmittels geführt werden“. Helm zu tragen liege „in der Eigenverantwortung der Nutzer“.
Grünen-Verkehrspolitikerin Rosa Domm sagte: „Alkoholisiert E-Scooter zu fahren bringt auch andere Menschen in Gefahr. Aus diesem Grund ist eine Promillegrenze angebracht.“ Diese müsse jedoch im Bund geregelt werden, so Domm. „Ein Nachtfahrverbot halten wir nicht für angebracht, ebenso eine Helmpflicht. Es wäre aber richtig, wenn Helme von den E-Scooter-Anbietern bei jeder Fahrt zur Verfügung gestellt würden.“
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Auch die vom grünen Senator Anjes Tjarks geführte Verkehrsbehörde sieht „eine stärkere Regulierung der E-Scooter als sinnvoll und wünschenswert an“. Es wäre sinnvoll, „dies bundeseinheitlich zu regeln, dafür setzen wir uns beim Bund ein“, sagte Behördensprecher Dennis Heinert. „Dies betrifft neben den Sicherheitsaspekten auch die Frage der Nutzung des öffentlichen Raumes, die die Scooter für viele Menschen zu einem Ärger- und Hindernis machen.
Hier würden wir gerne die Zahl der Scooter in einem bestimmten Bereich auf Basis eines Bundesgesetzes festsetzen können.“ Regelungen zu strengerer Promillegrenze oder Helmpflicht könne ohnedies nur der Bund erlassen. In Hamburg gebe es freiwillige Absprachen mit den Anbietern, so Heinert. „Weitere Maßnahmen können im Rahmen dessen, was rechtlich sinnvoll und möglich ist, folgen.“