Hamburg. Die Hamburger Links-Fraktion zieht eine „Halbzeitbilanz“ und übt massive Kritik. Das sind ihre Forderungen.

Ein selbstherrlicher Senat, der durch sein Festhalten an der Schuldenbremse die soziale Spaltung der Stadt weiter vorantreibt – so fällt die „Halbzeitbilanz“ der Links-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft zur Mitte der Wahlperiode aus.

In den fast vollständig von der Corona-Pandemie geprägten zweieinhalb Jahren seit der Wahl im Februar 2020 habe man die strenge Linie von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und seinem rot-grünen Senat anfangs noch unterstützt, sagte die Fraktionsvorsitzende Sabine Boeddinghaus am Donnerstag im Rathaus. Doch dann habe der Senat zunehmend „selbstherrlich und isoliert agiert“.

Linke rechnen mit Senat ab und fordern Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen

Weder habe er den geforderten Corona-Rat eingerichtet noch das Parlament frühzeitig in Entscheidungen eingebunden. Stattdessen habe die Bürgerschaft alle Maßnahmen stets nur im Nachgang abnicken dürfen – „fürs Protokoll“, so Boeddinghaus.

Rot-Grün habe außerdem zu lange ignoriert, dass Corona ärmere Menschen viel stärker belastet habe. Dabei hätte man von Bremen lernen können, wie „passgenaue Lösungen“ für besonders betroffene Gruppen aussehen könnten. Die Linksfraktion erneuerte daher ihre Forderung nach einer Enquêtekommission zur Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen.

Linke kritisieren, dass Hamburger Senat an Schuldenbremse festhalte

Fraktionsvize David Stoop strich als „fundamentale Differenz“ zum Senat heraus, dass dieser mit dem Haushalt 2023/2024 an der Schuldenbremse festhalte und Steuererhöhungen ablehne – die leichte Anhebung der Grunderwerbsteuer auf 5,5 Prozent reiche nicht aus.

„Hamburgs soziale Infrastruktur pfeift aus dem letzten Loch“, so Stoop. Es fehle an Geld für Klimaschutz, Jugendhilfe und Personal: Wenn der Senat trotz einer Rekordinflation von mehr als sieben Prozent nur 1,5 Prozent Lohnsteigerung einplane, könne das „harte Einschnitte“ und „soziale Verwerfungen“ nach sich ziehen. Bei den Etatberatungen nach der Sommerpause werde die Linke daher „für einen Haushalt zugunsten der weniger Lauten und Sichtbaren und für Investitionen in die soziale und ökologische Wende“ kämpfen.

Links-Fraktion lehnt geplante U5 ab und plädiert für Straßenbahn

Als weitere Ziele für die Zeit bis zur Bürgerschaftswahl Anfang 2025 nannten Boeddinghaus und Stoop: Die geplante neue U-Bahn 5 lehne man als überteuert und klimaschädlich ab und setze dem „die weitaus umweltfreundlichere, preiswertere und schneller zu realisierende Straßenbahn entgegen“.

Wie berichtet, schlägt die Fraktion zwecks Bewältigung der Pandemie-Folgen bei jungen Menschen für Hamburgs weiterführende Schulen ein zusätzliches Lernjahr im Rahmen eines Schulversuchs vor. Zudem fordert die Linksfraktion eine „KiJu-Karte“ für alle Kinder und Jugendlichen bis 18 Jahre, mit der diese kostenlos an Kultur-, Sport- und Freizeitaktivitäten teilnehmen, aber auch Busse und Bahnen nutzen können. Nach Münchner oder Berliner Vorbild regt die Fraktion einen „Energiekostenfonds“ an, um Menschen zu unterstützen, die besonders unter den drastisch steigenden Preisen leiden.