Hamburg. Antrag auf Parteiausschluss soll verabschiedet werden. Auch sofortige Konsequenzen gegen die FDP-Politiker sind geplant.
Der parteiinterne Streit zwischen dem FDP-Landesvorsitzenden Michael Kruse und mehreren Jungliberalen (JuLis) erreicht eine neue Eskalationsstufe. In einer kurzfristig für den heutigen Donnerstagabend einberufenen außerordentlichen Landesvorstandssitzung soll ein Antrag auf Parteiausschluss der vier Kruse-Kritiker verabschiedet werden: Die neue JuLi-Landesvorsitzende Theresa Bardenhewer, Carl Cevin-Kay Coste, bis vor Kurzem JuLi-Landeschef und Beisitzer im FDP-Landesvorstand, sowie die stellvertretenden JuLi-Landesvorsitzenden Nils Knoben und Gloria Teichmann sollen der FDP nicht mehr angehören.
Formal werden die 21 Mitglieder des Landesvorstands aufgefordert, ein Schiedsgerichtsverfahren gegen die Vier mit dem Ziel des Parteiausschlusses einzuleiten. Außerdem soll den vier JuLis bis zur Entscheidung des Schiedsgerichts die Ausübung ihrer Mitgliedsrechte untersagt werden. Kruse hat sich aus dem Verfahren insoweit zurückgezogen, als Parteivize Andreas Mohring zur Vorstandssitzung einlädt und die Anträge vorgelegt hat. Kruse wollte sich zu den Vorgängen in seiner Partei am Donnerstag nicht äußern.
FDP-Streit um Kruse eskaliert: Wie alles begann
Angefangen hatte der parteiinterne Zwist, der sich nun zur veritablen Krise auswächst, mit der Kritik Costes an der Ankündigung Kruses, gegen die von Senat und Bürgerschaft erlassene Hotspot-Regelung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie klagen zu wollen. Costes bezeichnete den Vorstoß als „eine PR-Aktion und einer Rechtsstaatspartei unwürdig”. In einer stundenlangen Sitzung des Landesvorstands am vergangenen Montag beschloss eine sehr große Mehrheit des Gremiums, Coste von seinem Posten als rechtspolitischer Sprecher der Partei abzuberufen.
Die Reaktion der JuLis darauf führte zu einer weiteren Eskalation des Streits. „Nachdem Herr Kruse in der letzten Woche massiven Druck auf unsere Landesvorsitzende ausgeübt hat, hat er sich jetzt dazu entschieden, eine politische Säuberung im Landesvorstand vorzunehmen. Ein solches Verhalten können wir als Junge Liberale nicht dulden. Hier sollen junge Menschen bewusst mundtot gemacht werden“, sagte der JuLI-Vizevorsitzende Nils Knoben.
Es solle eine „inhaltliche Gleichschaltung” der Partei nach der Vorstellung des Parteivorsitzenden erfolgen. „Die letzten Tage haben gezeigt, wie in der FDP mit Kritikern umgegangen wird: dass wir unter Druck gesetzt werden und versucht wird, uns mundtot zu machen“, sagte auch Carl Coste.
JuLis erheben Vorwürfe gegen FDP-Chef Kruse
Nach Angaben der JuLis soll Kruse versucht haben, den Parteinachwuchs zu drängen, Coste als JuLi-Vertreter im FDP-Landesvorstandaus abzuberufen. „Eine solche Einmischung durch die FDP hat es bei den JuLis so noch nie gegeben. Politische Erpressung darf kein Mittel der innerparteilichen Kommunikation sein”, sagte JuLi-Landeschefin Bardenhewer. „Gerade als junge liberale Feministin kann ich mir einen solchen Machtmissbrauch nicht gefallen lassen.”
„Ich halte das Vorgehen für eine unglaubliche Eskalation und bin schockiert über ein solches Verhalten”, sagte Nils Knoben zu dem Antrag auf Parteiausschluss. Er habe für die Verwendung der Begriffe „politische Säuberung” und „inhaltliche Gleichschaltung” gegenüber dem Landesvorstand um Entschuldigung gebeten und sich davon distanziert. Eine Assoziation mit den Aktionen totalitärer Regime habe ihm fern gelegen.
„Ich bin entsetzt. So etwas hat es bei uns noch nie gegeben”, sagte auch die JuLi-Landeschefin Theresa Bardenhewer. Wie sehr sich die Lage in Richtung Unübersichtlichkeit weitet, zeigt auch dieser Vorgang: Weil die vier JuLi-Vorständler nicht von sich aus zurückgetreten sind, haben am Donnerstagvormittag fünf andere Mitglieder des JuLi-Landesvorstands wiederum ihren Rücktritt erklärt.
FDP: Kruse verzichtet auf Klage gegen Hotspot-Regelung
Am Donnerstagnachmittag erklärte Kruse, gegen die vom Senat erlassene Hotspot-Regelung – den Auslöser der heftigen parteiinternen Turbulenzen – nicht klagen zu wollen. „Der Senat hat mitteilen lassen, dass die Hotspot-Regelung unter den gegebenen Umständen zum 1. Mai ausläuft. Dies ist ein großer Erfolg für die FDP, die auf allen parlamentarischen Ebenen für eine Rückkehr zur Normalität geworben hat”, sagte Kruse.
Da wegen des angekündigten Endes der Hotspot-Regelung bereits ein Erfolg eingetreten sei, beurteile der von ihm beauftragte Rechtsanwalt die Erfolgsaussichten einer Klage zum jetzigen Zeitpunkt als nicht sehr aussichtsreich. „Ich werde deshalb zum jetzigen Zeitpunkt von einer Klage absehen”, sagte Kruse.