Hamburg. CDU startet Vorstoß im Bundestag, um russisches Gas zu ersetzen. Die Pläne sind ehrgeizig – und ökologisch fragwürdig.
Um Deutschland angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine unabhängig vom russischen Gas zu machen und die Energieversorgung im kommenden Winter sicherzustellen, fordert die CDU-Fraktion im Bundestag die Anschaffung schwimmender Flüssiggas-Terminals.
Diese FSRU-Einheiten (Floating Storage and Regasification Units) sollen in norddeutschen Häfen wie Brunsbüttel oder Stade die Anlandung von LNG (Liquefied Natural Gas) und dessen Umwandlung in den gasförmigen Zustand ermöglichen, bis an Land eine feste LNG-Infrastruktur aufgebaut ist.
Gas: Schwimmende LNG-Terminals sollen schnell her
Die Initiative für den Antrag, der Donnerstag in den Bundestag eingebracht werden soll, kommt von dem Hamburger Verkehrspolitiker und CDU-Landesvorsitzenden Christoph Ploß und dem niedersächsischen CDU-Bundestagsabgeordneten Oliver Grundmann.
Ganz neu ist die Idee allerdings nicht: Wie berichtet, hatte sich der FDP-Landesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Michael Kruse bereits im Bundeswirtschaftsministerium dafür eingesetzt, dass eine der rund 50 weltweit verfügbaren FSRU-Einheiten nach Hamburg kommt. Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) hatte das begrüßt, aber auch betont, dass dieser Ansatz für den Hamburger Hafen bereits geprüft werde.
„Um unsere Gasversorgung unabhängig von Putin-Russland zu machen, braucht es mehr Engagement und tatkräftiges politisches Handeln“, sagte Ploß. „Mit unserer Initiative wollen wir dafür sorgen, dass Flüssiggas aus der ganzen Welt so schnell wie möglich direkt bei uns in Deutschland ankommt. Um zukünftig unseren Bedarf an Gas zu decken, brauchen wir eigene LNG-Terminals, über die wir in Zukunft auch klimaneutrale Kraftstoffe wie synthetisches Gas, Biogas und Wasserstoff importieren können“, so der Bundestagsabgeordnete.
Bei Gas-Versorgung müsse "der Turbo gezündet werden"
Zusätzlich zu dem schnellen Bau von LNG-Terminals komme es jetzt darauf an, die deutschen Seehäfen so zu modernisieren und umzubauen, dass alle Energieträger in Deutschland abgefertigt, gelagert und weitertransportiert werden können“, sagte Ploß: „Das betrifft vor allem den Hamburger Hafen, der als größter deutscher Seehafen die Drehscheibe des deutschen Außenhandels ist.“
Grundmann ergänzte: „In Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven muss jetzt der Turbo gezündet werden. Staatliche Beteiligungen an einzelnen Standorten dürfen dabei nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Das sind Bremsklötze, die jetzt keiner braucht.“ Vor allem müssten die Netzentgelte gesenkt werden, so Grundmann. „Im europäischen Vergleich haben wir die höchsten überhaupt. Wenn das so bleibt, macht der LNG-Weltmarkt weiterhin einen großen Bogen um Deutschlands Küsten.“
Gas: Schwimmende LNG-Terminals ökologisch belastender
In dem Antrag räumt die CDU ein, dass schwimmende LNG-Einheiten „sehr teuer und ökologisch belastender als stationäre Terminals sind und zudem keine Investitionen in die Energiewende darstellen“. Daher sollten sie nur bis zur Fertigstellung einer stationären LNG-Infrastruktur in Betrieb gehalten werden. Mit dem Bau dieser Anlagen müsse „bis spätestens Ende des Jahres 2022“ begonnen werden, so die Christdemokraten.
Wie bereits kürzlich auf einer Tagung der norddeutschen CDU-Verkehrspolitiker beschlossen (das Abendblatt berichtete), sollen diese und ähnliche Infrastrukturprojekte durch ein Gesetz im Bundestag abgesichert werden: „Langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren werden so verhindert“, heißt es im Antrag Dieser sieht vor, dass an „mehr als vier Standorten in Deutschland“ der Bau von LNG-Terminals vorangetrieben werden soll. „Dazu könnte neben Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven auch ein Standort an der Ostsee in Mecklenburg-Vorpommern zählen.“
In Deutschland kam zuletzt 40 Prozent des verbrauchten Erdgases durch Pipelines aus Russland. Verflüssigte Erdgas gilt als Alternative und wird unter anderem von Katar, Australien, Kanada, den USA und Algerien exportiert. Deutschland hat bislang jedoch keine LNG-Terminals, in denen Gasschiffe entladen werden könnten. LNG ist allerdings ebenfalls umstritten, weil es eine schlechtere Energiebilanz hat als herkömmliches Gas und weil es in den USA mit Hilfe der sehr umweltschädlichen Fracking-Methode gewonnen wird.