Hamburg. Bürgerschaftsabgeordnete schlägt vor, dass die Stadt bei der Saga anfangen könnte. Die regierende SPD verweist auf Sozialwohnungen.
Miete, Energie, HVV – was kann Hamburg gegen die Kostenexplosionen in diesen Bereichen tun? Darüber hat die Bürgerschaft am Mittwoch in der Aktuellen Stunde debattiert. Während die Opposition dem Senat vorwarf, seinen Handlungsspielraum zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger nicht auszuschöpfen, verwiesen die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen vor allem im Bereich Wohnen auf jüngst erzielte Erfolge auf Bundesebene.
„Miete und Essen zahlen oder doch lieber die Heizung, bevor ich friere?“, fragte Heike Sudmann, wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, die die Debatte angemeldet hatte. Da das Einkommen „überhaupt nicht so stark mitgewachsen“ sei, hätten viele Menschen „zu wenig Einkommen, um wenigstens die Grundbedarfe mit abdecken zu können“, monierte die Linken-Politikerin und fügte mit Blick auf die anderen Fraktionen hinzu, dass vielen gar nicht klar sei, wer von solchen Problemen in Hamburg betroffen sei. „237.000 Menschen bekommen Sozialhilfe oder Grundsicherung. Weit über 100.000 Menschen sind laut Paritätischem Wohlfahrtsverband von Armut betroffen.“ Aber auch viele Menschen mit mittleren Einkommen hätten Schwierigkeiten, ihr Leben zu bezahlen, so Sudmann.
Mieten in Hamburg: Denat soll Mietenspielgel reformieren
Um Mieterhöhungen entgegenzuwirken, müsse der Senat den Mietenspiegel reformieren und zum Beispiel den Anteil von teuren Neuvertragsmieten senken, sagte Sudmann. Daneben solle sich die Stadt ein Beispiel an Berlin nehmen und einen fünfjährigen Mietenstopp in Erwägung ziehen. „Und Sie können mit einem Mietenstopp bei der Saga beginnen.“ Mit Blick auf den öffentlichen Nahverkehr sagte Sudmann: „Auch die Fahrpreise müssen runtergehen.“ Der Linken-Haushaltsexperte David Stoop wiederum forderte einen deutlich höheren Heizkostenzuschuss und wiederholte die Forderung nach einer Vermögenssteuer.
Dass die Preissteigerungen vor allem im Bereich Wohnen problematisch sind, daraus machten auch die rot-grünen Regierungsfraktionen keinen Hehl. „Ja, es stimmt, viele Menschen blicken in ihrem Alltag mit Sorge auf die steigenden Preise“, sagte die wohnungsbaupolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Martina Koeppen. Immer höher geschraubte populistische Forderungen würden diesen Menschen jedoch nicht helfen, wies sie die Kritik der Linken zurück und versprach: „Wir müssen und werden daran arbeiten, dass diejenigen, die Hilfe brauchen, auch Hilfe bekommen.“ Der auf Initiative von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) beschlossene Heizkostenzuschuss sei eine „schnelle und unbürokratische Hilfe für viele Menschen in unserem Land“. Daneben hob Koeppen die Anpassung des Wohngelds und den Bau von Sozialwohnungen in Hamburg hervor. „Beim Kampf für bezahlbaren Wohnraum in Hamburg sind wir bundesweit an der Spitze. Jede zehnte Sozialwohnung, die in Deutschland gebaut wird, entsteht in Hamburg.“
Grünen-Fraktionschef übt Selbstkritik
Auch Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen übte Selbstkritik: „Man kann sicherlich viel kritisieren und viel im Detail besser machen“, sagte er, fügte jedoch in Richtung der Linken hinzu, dass die vorhandenen Probleme bei den Mietsteigerungen „mit plumpen und einfachen Antworten“ nicht in den Griff zu bekommen seien. „Ihr billiger Populismus, und das zeigt ja Berlin, hilft uns da gar nicht.“ Der Senat werde jedes Instrument, das verspricht, Mieten zu senken, in Angriff nehmen, so Lorenzen.
In Bezug auf die beiden weiteren Debattenpunkte räumte der Grünen-Politiker ein, dass man den Begriff Kostenexplosion im Bereich Energie verwenden könne, betonte aber: „Im HVV gab und gibt es keine Preisexplosion.“ Vielmehr habe der öffentliche Nahverkehr in der Pandemie trotz gigantischer Verluste das Angebot weitgehend aufrechterhalten und die Fahrpreise trotz hoher Energiekosten mit 1,3 Prozent nur moderat erhöht. „Auch das ist eine soziale Frage“, so Lorenzen.
CDU und FDP setzen auf Neubauten
Der CDU-Abgeordnete Richard Seelmaecker und die fraktionslose FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein setzen vor allem auf Neubauten und bemängelten zudem die fehlenden Möglichkeiten, an Wohneigentum zu kommen. „Wir müssen an erster Stelle runter mit den Kosten, radikal“, sagte Seelmaecker. Bürokratie müsste dafür abgebaut werden. Und: „Wohneigentum ist der beste Schutz vor zu hohen Mieten.“
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Steigende Mieten und explodierende Energiepreise seien das Ergebnis von „Fehleingriffen“ des Staates in die Märkte, sagte AfD-Fraktionsvize Alexander Wolf. 2011 habe der Senat mit der Wohnungsbauförderung etwas „Richtiges“ begonnen. Katastrophale Fehlentscheidungen der Politik in Berlin und Hamburg hätten das jedoch 2015 durch die unkontrollierte Einwanderung von mehr als 50.000 Migranten nach Hamburg gekippt, da dadurch die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt gerade für preisgünstigen Wohnraum extrem verschärft worden sei. Dass vor allem eine Sache in der Diskussion klar wurde, brachte die FDP-Politikerin Treuenfels-Frowein auf den Punkt: „Ein wirklich umfassendes Patentrezept für klimagerechtes Bauen und Wohnen zu vertretbaren Preisen hat bis jetzt noch niemand.“