Hamburg. Wegen Lernlücken wiederholten viele Jugendliche anders als üblich eine Klasse. Schülerzahlen generell weiter auf Rekordkurs.

Die Corona-Pandemie hat zu einem deutlichen Anstieg der Klassenwiederholungen geführt. Während im Schuljahr 2020/21 nur 1801 Schülerinnen und Schüler eine Klassenstufe wiederholten, sind es im laufenden Schuljahr 2854. In Hamburg ist das Wiederholen einer Klasse nur unter strengen Voraussetzungen möglich.

„Normal ist die Versetzung und wer schlechte Noten hat, bekommt kostenlose Nachhilfe am Nachmittag“, sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD) bei der Vorstellung der Schuljahresstatistik. Aufgrund der Pandemie hatte die Schulbehörde es Schülern mit coronabedingt starken Lernlücken jedoch ausnahmsweise ermöglicht, Anträge auf Klassenwiederholungen zu stellen. „Die Schülerinnen und Schüler haben das in großer Zahl in Anspruch genommen“, so Rabe.

Schule in Hamburg: Deutlich mehr Klassenwiederholungen

Aufgrund des erhöhten Anteils von Klassenwiederholungen sei auch die Zahl der Schulabgänger von 16.822 im Jahr 2020 auf 16.400 im vergangenen Jahr gesunken. Die meisten schafften das Abitur – 9101 Schülerinnen und Schüler. 3053 junge Menschen haben die Schule mit einem Mittleren Schulabschluss, 2.672 mit einem ersten Schulabschluss und 629 mit dem Fachabitur abgeschlossen.

945 Jugendliche (5,8 Prozent) haben die allgemeinbildenden Schulen ohne einen Schulabschluss verlassen. Das waren 174 weniger als im Vorjahr. Diese Schüler hätten in den berufsbildenden Schulen jedoch die Chance auf einen zweiten Versuch, so Rabe. „Fast die Hälfte dieser Schülerinnen und Schüler schafft dort nachträglich doch noch einen Schulabschluss.“ Werden diese Jugendlichen in die Berechnung mit einbezogen, schafften am Ende nur drei Prozent aller Schulabgänger keinen Abschluss. „Das ist eine mühsame Entwicklung dahin gewesen, aber erfolgreich“, sagte Rabe mit Blick auf das Ergebnis des ersten Pisa-Tests, als es noch zwölf Prozent ohne Schulabschluss waren.

Schulsystem ist insgesamt weiter auf Rekordkurs

Mit 28,8 Prozent ist der Anteil der Schülerinnen und Schüler, in deren Familien überwiegend kein Deutsch gesprochen wird, gestiegen. Das sei laut Rabe auch einer der Gründe, „warum das Homeschooling, das in bestimmten intellektuellen Kreisen gerne als ideale Lösung diskutiert wird, in Hamburg nicht immer so gut funktioniert“. Das liege an der fehlenden Möglichkeit zur Unterstützung durch einen Sorgeberechtigten beim Lernen.

Das Schulsystem ist insgesamt weiter auf Rekordkurs. Aktuell besuchen 203.704 Schülerinnen und Schüler die allgemeinbildenden staatlichen und privaten Schulen – so viele waren es zuletzt vor fast 40 Jahren (siehe Bericht auf Seite 1). Die Grundschulen inklusive der Vorschulklassen besuchen 79.223, die Stadtteilschulen 62.517 und die Gymnasien 57.561 Schülerinnen und Schüler. Die kleinste Gruppe stellen die Sonderschulen mit 4403 Mädchen und Jungen dar. „Aufgrund der Inklusion besuchen viele Schülerinnen und Schüler mit pädagogischem Förderbedarf die allgemeinen Schulen“, sagte Rabe.

Ganztagsangebot an Schulen in Hamburg wird stark genutzt

Eine weitere Auswirkung der Corona-Krise sei der Rückgang der Schülerinnen und Schüler an den berufsbildenden Schulen von 50.539 im Vorjahr auf aktuell 48.981. Das liege daran, so Rabe, dass die Zahl der Ausbildungsplätze in der Corona-Pandemie gesunken sei. Während die Schülerzahlen in den staatlichen Schulen Jahr für Jahr ansteigen, verzeichnen die privaten Schulen einen deutlichen Rückgang. So ist ihr Anteil von 10,7 Prozent im Jahr 2014 auf aktuell 9,1 Prozent gesunken. Das liegt vor allem an der schrittweisen Schließung mehrerer katholischen Schulen.

Stark genutzt wird auch das Ganztagsangebot an den staatlichen Schulen. Das betrifft vor allem die Grundschülerinnen und -schüler, von denen 86,2 Prozent auch nachmittags in der Schule sind. „Die Entwicklung ist insgesamt positiv: Die Ganztagsangebote an Hamburgs Schulen werden weiter stark angewählt, und alle Schulformen profitieren von mehr Lehrkräften“, so Rabe.

Grundschulen profitieren von kleineren Klassengrößen

Aktuell gibt es in Hamburg 19.133,6 Vollzeitstellen für das pädagogische Personal – und damit so viele wie noch nie. Das sind 319 mehr als noch im Vorjahr und 2919 mehr als vor zehn Jahren. „Wir wollen nicht am Lehrpersonal sparen“, betonte Rabe. Wegen des Zuwachses an Lehrerstellen mussten die Klassen angesichts der gestiegenen Schülerzahl nicht vergrößert werden. „Wir wollen, dass die Schülerinnen und Schüler gut lernen, deswegen haben wir Richtwerte im Schulgesetz verankert“, sagte Rabe.

Von kleineren Klassengrößen profitierten vor allem die Grundschulen in schwierigem sozialen Umfeld mit aktuell durchschnittlich 17,9 Schülerinnen und Schüler pro Klasse. Der Richtwert, also die Höchstgrenze, liegt bei 19 Schülern. An allen anderen Grundschulen sind es 21,8 (Höchstwert: 23). An den Stadtteilschulen liegt die Klassengröße bei den Klassenstufen fünf bis zehn bei 23,6, an den Gymnasien bei 25,9.

Rekordwerte an Schulen in Hamburg: Kritik von der CDU

Die Opposition kritisierte die Entwicklungen an den Schulen. Die steigende Schülerzahl sei zwar erfreulich, sagte die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Birgit Stöver. „Weniger erfreulich ist, dass der rot-grüne Senat die Anzahl der Referendare nicht noch weiter erhöht hat“, kritisierte Stöver.

„Ich erwarte vom Senator, dass er den Schülervertreterinnen und -Vertretern der Initiative #WirWerdenLaut, die es in Hamburg auch an drei Gymnasien gibt, ein Gesprächsangebot macht, ihr Engagement damit ernst nimmt und sich mit ihren Forderungen intensiv auseinandersetzt“, sagte die Linken-Abgeordnete Sabine Boeddinghaus. Der AfD-Fraktionsvize Alexander Wolf sagte: „Deutlich mehr Klassenwiederholungen und weniger Ausbildungsplätze für Berufsschüler – hier offenbaren sich weitere Folgen einer gescheiterten Corona-Politik.“