Hamburg. Das erste Bündnis dieser Art in Hamburg stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Parteien machen sich gegenseitig Vorwürfe.

Dass dieses ungewöhnliche Bündnis es nicht leicht haben würde, war schon vor zwei Jahren abzusehen. Es war Ende November 2019, als die frisch geschmiedete Koalition aus Grünen und CDU in der Bezirksversammlung Eimsbüttel eine neue Bezirksamtsleiterin wählen wollte – nicht weil sie es musste, sondern weil sie es konnte: Der Vertrag von Amtsinhaber Kay Gätgens (SPD) lief zwar noch drei Jahre, aber weil die Ökopartei bei den Bezirkswahlen mit 37 Prozent klar stärkste Kraft geworden war, wollte sie auch unbedingt sofort den Chefsessel im Bezirksamt besetzen.

Doch ihre Kandidatin, die frühere Bürgerschaftsabgeordnete Katja Husen, fiel durch. Mindestens drei Vertreter von Grün-Schwarz verweigerten ihr die Zustimmung. Drei Wochen später der zweite Versuch, das gleiche Ergebnis: Husen fiel erneut durch.

Koalition zwischen Grünen und CDU aufgekündigt

„Wenn eine Koalition in einer so wichtigen Frage zweimal keine Mehrheit zustande bringt, ist sie eigentlich tot“, unkte schon damals ein Christdemokrat. Zwei Jahre später sollte sich zeigen, dass er recht hatte. Am Sonntagabend haben die Grünen die Koalition mit der CDU aufgekündigt. Das erste grün-schwarze Bündnis in Hamburg, 2019 auch als Blaupause für die Bürgerschaftswahl 2020 gestartet und bis zur Bundestagswahl im September ein kleines Modell für mögliche Bündnisse im Bund, ist endgültig gescheitert.

Beide Ex-Partner machen sich nun gegenseitig Vorwürfe, wobei die Grünen vorlegten. „Während wir zu Beginn der Legislatur gemeinsam mit der CDU sehr konstruktiv an der Umsetzung des Koalitionsvertrags gearbeitet haben, wurde die Zusammenarbeit in den letzten Monaten immer zäher“, sagte der Kreisvorsitzende Till Steffen, früher Justizsenator und seit Kurzem Bundestagsabgeordneter. Seine Partei bot in einem Statement am Sonntagabend gleich drei weitere Kronzeugen dafür auf, dass Grün-Schwarz keine Zukunft mehr hat.

CDU-Kreis Eimsbüttel nun von Philipp Heißner geführt

Zuletzt seien abgestimmte Anträge von der CDU immer häufiger wieder infrage gestellt worden, sagte Kathrin Warnecke, eine der beiden Fraktionsvorsitzenden der Grünen in der Bezirksversammlung. Ihr Co-Fraktionschef Ali Mir Agha berichtete von „internen Störfaktoren innerhalb der CDU“, weswegen man strittige Anträge gar nicht mehr in Ausschüssen, sondern nur noch in der Bezirksversammlung oder im Hauptausschuss zur Abstimmung gestellt habe.

Und Gabriele Albers, Steffens Co-Kreisvorsitzende, verwies auf „die generelle Neuausrichtung der CDU auf Landesebene“, die habe es „den Verantwortlichen in Eimsbüttel nicht leichter gemacht“. Gemeint war die Neuwahl einer eher konservativen CDU-Landesspitze. Dass der CDU-Kreis Eimsbüttel nicht mehr, wie noch 2019, von dem betont liberalen Bundestagsabgeordneten Rüdiger Kruse geführt wird, sondern vom konservativen JU-Chef Philipp Heißner, dürfte den Eindruck verstärkt haben. Steffen selbst sagte, man habe in internen Koalitionsrunden mit der CDU „immer wieder versucht, auf die Beteiligten einzuwirken – letztlich vergeblich.“

CDU: „Vorwürfe an den Haaren herbeigezogen"

Bei der CDU ist man über diese Darstellung erbost. „Die Erzählung der Grünen von der unzuverlässigen CDU ist ein Märchen“, sagte Heißner dem Abendblatt. „Es gab in den letzten Monaten nur einen einzigen inhaltlichen Konflikt, bei dem seitens der Grünen darum gebeten wurde, dass Till Steffen und ich auf Ebene der Kreisvorsitzenden moderierend eingreifen; das war beim Thema Superbüttel und nach drei Tagen gelöst. Diese Vorwürfe sind an den Haaren herbeigezogen, um den offenbar von langer Hand geplanten Vertragsbruch der Grünen zu rechtfertigen.“

Bei Superbüttel ging es um ein Verkehrsberuhigungskonzept einer Anwohnerinitiative für Teile Eimsbüttels – die Grünen waren dafür naturgemäß Feuer und Flamme, die CDU eher nicht. Am Ende einigte man sich im Spätsommer auf einen Kompromiss.

Heißner: Auf die Grünen „letztlich kein Verlass“

Bei den Grünen heißt es nun, dass man an dem Fall erkannt habe, dass mit der CDU im Verkehrsbereich nicht viel gehe. Die Christdemokraten wiederum kritisieren, dass das nie offen angesprochen und gleich der Koalitionsbruch vorbereitet worden sei: „Wenn man über zwei Jahre zusammengearbeitet hat, ist es schon etwas seltsam, ohne vorherige Einberufung eines Koalitionsausschusses plötzlich mit einer einseitigen Entscheidung konfrontiert zu werden“, sagte Heißner. Aus seiner Sicht sei auf die Grünen „letztlich kein Verlass“. 2010 hätten sie bereits Schwarz-Grün auf Landesebene platzen lassen.

Die Grünen wollen nun „mit wechselnden Mehrheiten in der Bezirksversammlung agieren und dazu das Gespräch mit SPD, Linken und FDP suchen“, teilten sie mit. Nach diesem Modell regieren sie auch in Altona. Ob das in Eimsbüttel klappt, bleibt abzuwarten. Während Die Linke die Ansage begrüßte und die „destruktive Minderheit in der CDU-Fraktion“ kritisierte, zeigte sich die SPD zurückhaltender. „Alle Parteien sind nun gut beraten, den Fokus wieder auf die inhaltliche Arbeit zu richten“, sagte ihr Fraktionschef Gabor Gottlieb.

Grünen werden Verbündete brauchen

Bei den Sozialdemokraten hat man nicht vergessen, dass die Grünen 2019 noch am Wahlabend angekündigt hatten, „ihren“ Bezirksamtsleiter Kay Gätgens abzuwählen. Dessen Amtszeit läuft nun in einem Jahr ab. Wenn die Grünen, wovon auszugehen ist, dann einen dritten Versuch unternehmen wollen, die Verwaltungsspitze in ihrem Sinne zu besetzen, werden sie Verbündete brauchen. Und nachdem sie die CDU abserviert haben, fällt die als Partner schon mal aus.