Hamburg. Neue Daten zeigen, wo es die größten Ausbrüche gab. Die Inzidenz sinkt leicht – eine Trendwende? Mitnichten, meint der Senat.
Erstmals seit rund drei Wochen ist die 7-Tage-Inzidenz der Corona-Neuinfektionen in Hamburg am vergangenen Montag leicht zurückgegangen. Sie sank von 132,8 auf 128,2. Das liegt daran, dass die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen am Montag mit 251 niedriger ausfiel als am Montag der Vorwoche, als 339 neue Fälle registriert wurden.
Die Sozialbehörde geht allerdings nicht von einer Trendwende aus. Effekte der jetzt eingeführten Einschränkungen würden sich frühestens in der kommenden Woche zeigen, hieß es. Insgesamt haben sich seit Pandemiebeginn 14.286 Hamburgerinnen und Hamburger mit dem Virus infiziert, 9200 gelten (ohne Erfassung möglicher Spätfolgen) als genesen, 241 sind an dem Virus verstorben.
In Kliniken wurden (Stand Freitag) 135 Hamburger wegen einer Covid-19-Erkrankung behandelt, 34 davon auf Intensivstationen. Hinzu kommen 28 Patienten aus dem Um- oder Ausland, von denen sechs intensivmedizinisch betreut werden. Das UKE verhängte wegen der gestiegenen Zahlen ein Besuchsverbot. „Dies dient dem Schutz unserer Patientinnen und Patienten sowie Mitarbeitenden und soll eine weitere Ausbreitung des neuartigen Coronavirus verhindern“, so das UKE auf seiner Internetseite.
Größte Corona-Ausbrüche in Pflegeheimen
Laut Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hat es von der 36. bis 42. Kalenderwoche (31. August bis 18. Oktober) in Hamburg die größten Corona-Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen gegeben. Insgesamt 121 Menschen infizierten sich demnach bei sieben Ausbrüchen in solchen Einrichtungen. An zweiter Stelle liegen Schulen, in denen es in diesem Zeitraum 86 Infektionen im Zusammenhang mit zehn Corona-Ausbrüchen gab.
Es folgen Restaurants (32 Infizierte/sieben Ausbrüche), Arbeitsplätze (26/9) Krankenhäuser (25/7), Kitas (15/4) und Hotels (6/3). In allen medizinischen Einrichtungen wie Kliniken, Praxen, Dialyseeinrichtungen, Reha usw. hat es laut Senatsantwort zwischen Ende August und 18. Oktober 105 nachgewiesene Ansteckungen gegeben.
Quelle der Corona-Infektion selten bekannt
Zu den Hintergründen der Infektionen kann der Senat mittlerweile kaum noch etwas sagen. In der KW 42 konnten nur noch 21 Prozent der Fälle Ausbrüchen zugeordnet werden, in KW sogar nur 19,1 Prozent. Über die Herkunft der anderen Infektionen ist nichts bekannt. Das zeigt, dass das Virus mittlerweile überall zirkuliert.
Zum Vergleich: In der KW 36 konnte man noch 56 Prozent der Infektionen Ausbrüchen zuordnen. Beim Vergleich der Bezirke fällt auf, dass die Zahlen der Neuinfektionen in Hamburg-Nord seit KW 38 deutlich schneller steigen als in anderen Bezirken. Das Personal der Gesundheitsämter ist zuletzt überall aufgestockt worden, dort sind nun immerhin 354 der 475 seit April versprochenen Vollzeitstellen besetzt, dazu gibt es laut Senat eine „Personalreserve“ von 198.
Hamburg: Positivrate der Corona-Tests steigt
Die Zahl der Testungen auf das Coronavirus liegt seit der KW 39 (Mitte/Ende September) in Hamburg konstant bei um die 70.000 pro Woche. Die Zahl der positiven Ergebnisse ist bei ungefähr gleichbleibender Testzahl aber parallel kontinuierlich gestiegen. Die Positivrate lag in der KW 42 (12.–18. Oktober) bei 2,1 Prozent.
Der Arbeitsschutz hat derweil bis 15. Oktober 1540 Betriebe inspiziert und 1190 Mängel festgestellt. Am häufigsten wurden Gastronomiebetriebe und Hotels kontrolliert (588) gefolgt vom Handel (437). Die meisten Verstöße bezogen sich dabei laut Senat auf das fehlende Tragen von Masken.
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Corona: Linke fordert mehr Schutz
„Die Entwicklung in den Pflegeheimen ist besorgniserregend“, sagte Linken-Gesundheitspolitiker Deniz Celik. „Neben Schnelltests sollten unbedingt für Mitarbeitende die Nutzung von FFP2-Masken mit Filterfunktion vorgeschrieben werden, um das Schutzniveau zu erhöhen. Noch immer werden vielfach Alltagsmasken genutzt. Die Versorgung der Einrichtungen muss die Gesundheitsbehörde übernehmen.“
Schulen seien mit Blick auf die Zahlen „nicht so ungefährlich wie behauptet wird“, so Celik. Das spreche eindeutig für kleinere Lerngruppen. Dazu hat die Linke auch einen Bürgerschaftsantrag eingebracht. Celik forderte auch mehr Schutz für das Klinikpersonal. „Wir haben bereits jetzt Personalmangel und wenn auch noch das Personal durch Ausbrüche weiter ausgedünnt wird, dann kriegen wir noch gravierendere Probleme bei der Versorgung von Covid-19-Patienten.“
Da die Zahl von Infektionen in Gastronomie und Hotels geringer sei, sieht der Linken-Politiker „den Senat in der Pflicht zu begründen, auf welcher Datengrundlage die einschneidenden Maßnahmen erfolgen“.
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Schüler und Lehrer: Ein Viertel der Corona-Fälle
Am Montag meldete die Schulbehörde auf Abendblatt-Anfrage 55 Neuinfektionen von Schülerinnen und Schülern und elf beim Schulpersonal. Damit machten die zusammen 66 Fälle im Umfeld Schule gut ein Viertel aller 251 Neuinfektionen in der Stadt aus. Die Behörde geht aber weiter davon aus, dass der allergrößte Teil der Infektionen nicht auf Ansteckungen in der Schule selbst zurückgehe.
Schulsenator Ties Rabe (SPD) blieb am Montag bei der Aussage, dass „Schulen sichere Orte sind, in denen sich Schülerinnen und Schüler sowie Schulbeschäftigte deutlich seltener infizieren als in anderen Lebensbereichen“.
Damit das so bleibe, seien die Vorsichtsmaßnahmen mit der Ausweitung der Maskenpflicht auf den Unterricht ab Klasse 5 am Montag noch einmal verstärkt worden. Rabe dankte in diesem Zusammenhang Tim-Oliver Kirschbaum, dem Geschäftsführer der „Senator International Spedition GmbH“, für eine Spende von 400.000 zusätzlichen Mund-Nase-Bedeckungen für Hamburgs Schulen.
Hamburger Grundschule muss schließen
Nach Auskunft der Schulbehörde musste die Schule Tornquiststraße wegen mehrerer Corona-Infektionen und Quarantänen jetzt den Betrieb bis auf die Vorschulklassen vorübergehend einstellen. Altonas Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg (Grüne) hatte sich bereits am vergangenen Wochenende besorgt über die Entwicklung an Schulen gezeigt.
Nach ihrem allerdings nur subjektiven Eindruck schössen die Infektionen an Schulen gerade „wie Pilze aus dem Boden“, schrieb sie auf Facebook. „Wir müssen bei den Schulen nachsteuern“, so die Grünen-Politikerin. Sonst nütze womöglich der aktuelle Lockdown nichts.
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35 Gerichtsverfahren um Corona-Lockdown
In 35 Verfahren müssen sich Hamburgs Verwaltungsgerichte derzeit mit den Corona-Regeln befassen, wie die Deutsche Presseagentur meldete. In der ersten Instanz sind 13 Eilverfahren und 19 Hauptsacheverfahren anhängig. Am Oberverwaltungsgericht sind noch drei Beschwerden gegen Eilentscheidungen offen.
Eines der Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht richte sich gegen die aktuelle Fassung der Corona-Verordnung und betreffe die Schließung eines Fitnessstudios. Die neue Verordnung war am Freitag beschlossen worden. Sie trat am Montag in Kraft. Praktisch alle Kultur-, Freizeit- und Sporteinrichtungen sowie Restaurants und Kneipen müssen bis Ende November schließen.
Das sind wichtige Punkte der neuen Eindämmungsverordnung, die von Montag an bis Ende November gilt:
- Private Treffen nur noch mit maximal zehn Personen aus zwei Haushalten
- Ausnahme: Lex Kindergeburtstag mit Kindern unter 12 Jahren
- Kein Sportbetrieb erlaubt, alle Hallen, Fitnessstudios, Schwimmbäder schließen, Ausnahmen für Profis und Kaderathleten
- Medizinische Reha erlaubt, Friseure offen – Kosmetikstudios, Massagepraxen müssen schließen
- Bordelle und Prostitutionsbetriebe schließen
- Restaurants und Bars werden geschlossen, Abhol- und Lieferservice ist möglich
- Alle Kinos, Theater und Konzerthallen müssen ihre Türen zusperren
- Bücherhallen bleiben offen, Uni-Bibliotheken sollen ein eigenes Konzept erhalten
- Maskenpflicht in Schulen ab Klasse 5, außerhalb des Schulgebäudes mit Abstand darf die Maske abgenommen werden
- 400 Euro für jedes Klassenzimmer für Schutzmaßnahmen
- Gottesdienste und Trauerfeiern mit Masken, Abstand und Hygienekonzept erlaubt
- Einreisende aus Risikogebieten müssen direkt in Quarantäne und sich bei Hamburger Behörden melden. „Die Quarantäne darf frühestens am fünften Tag nach der Einreise beendet werden, und nur dann, wenn durch ein negatives Testergebnis belegt ist, dass die reisende Person nicht infiziert ist. Der Test darf frühestens am fünften Tag nach Einreise durchgeführt werden“, heißt es vom Senat.
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