Hamburg. Die Haushaltsberatungen des Senats zum Etat 2021/2022 haben begonnen. So wirkt sich die Corona-Krise darauf aus.

Es geht um die enorme Summe von rund 36 Milliarden Euro und um die Frage, wie man sie mitten in einer Wirtschaftskrise von historischen Ausmaßen am sinnvollsten einsetzt. Dafür hat der rot-grüne Senat am Montag seine dreitägigen Beratungen zum Doppelhaushalt 2021 und 2022 in Hamburg aufgenommen.

Am Mittwoch wollen Bürgermeister Peter Tschentscher und Finanzsenator Andreas Dressel (beide SPD) den Entwurf für das Werk vorstellen – inklusive eines umfassenden Hamburger Wirtschafts­stabilisierungsprogramms.

„Wir werden auch weiterhin nicht gegen die Krise ansparen“, sagte Dressel dem Abendblatt vor Beginn der Sitzung im Rathaus. Daher werde es auch darum gehen, wie man mit zusätzlichen oder vorgezogenen Maßnahmen, etwa in den Bereichen Klimaschutz, Verkehrswende, Digitalisierung sowie Schul- und Hochschulbau, als Stadt Impulse zur Ankurbelung der Konjunktur geben könne.

Haushalt in Corona-Zeiten: 2023 wird's in Hamburg härter

Auf der anderen Seite schwörte der Finanzsenator seine Kabinettskollegen aber darauf ein, dass die Zeiten spätestens von 2023 an deutlich härter werden – denn dann schrumpft der Ausgaberahmen der Stadt nicht nur, sondern es dürfte dann auch nicht mehr möglich sein, die Lücke durch „Notkredite“ zu schließen. Zuletzt war die Rede von gut 200 Millionen Euro pro Jahr, die dann weniger zur Verfügung stehen – bei einem Jahresetat von rund 18 Milliarden Euro zwar keine weltbewegende Summe, aber immerhin rund zwei Drittel des Kulturetats.

Wie berichtet, hatte die Bürgerschaft die Corona-Pandemie schon am 1. April als „Naturkatastrophe“ eingestuft und auf dieser Basis das Covid-19-Notsituationsgesetz (CNG) beschlossen. Es erlaubt dem Senat, in den Haushaltsjahren 2020 und 2021 insgesamt bis zu 1,5 Milliarden Euro mehr auszugeben, als er einnimmt – und diese Lücke über neue Schulden zu schließen.

Nachdem eine Sonder-Steuerschätzung im September ergeben hatte, dass die Einnahmen der Stadt noch stärker einbrechen als ohnehin vermutet – bis 2024 um insgesamt fast fünf Milliarden Euro im Vergleich zur Prognose aus dem Herbst 2019 – hatte der Senat die Bürgerschaft gebeten, das Covid-19-Notsituationsgesetz auf 2022 auszudehnen und eine weitere Nettokreditaufnahme von 1,5 Milliarden Euro zu ermöglichen. Von diesem Geld soll auch das neue Wirtschaftsstabilisierungsprogramm finanziert werden.

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Hamburg hat erneuten Stillstand der Wirtschaft nicht eingeplant

Unklar ist allerdings, wie sich die aktuelle zweite Corona-Welle auf den Handlungsspielraum der Stadt auswirken wird. Ein erneuter Stillstand des Wirtschaftslebens ist jedenfalls nicht in den Planungen eingepreist und soll daher unbedingt vermieden werden.

Die Aufstellung des neuen Haushalts hatte wie üblich bereits im Herbst 2019 begonnen, war dann aber wegen der Koalitionsverhandlungen und vor allem wegen der Corona-Krise ins Stocken geraten. Daher wird der Etat erst im kommenden Jahr verabschiedet – was ungewöhnlich ist, aber kein Novum. Der Haushalt 2011/2012 war wegen des Bruchs der schwarz-grünen Koalition Ende 2010 und der nötigen Neuwahlen sogar erst im November 2011 verabschiedet worden.

In der Zwischenzeit gilt jeweils die „vorläufige Haushaltsführung“: Laut Verfassung kann die Bürgerschaft den Senat ermächtigen, bis zum Inkrafttreten des Haushaltsplanes zumindest alle Ausgaben zu tätigen, die nötig sind, um bestehende Einrichtungen zu erhalten, beschlossene Maßnahmen durchzuführen und die Verpflichtungen der Stadt zu erfüllen.

Am Klimaplan soll in Hamburg dennoch nicht gespart werden

Zudem hatte es im Vorfeld Unruhe in der Koalition gegeben. Die Grünen hatten Sorgen, dass angesichts des kleiner werdenden Spielraums für die ihnen wichtigen Themen und Maßnahmen zu wenig Geld da sein könnte. Die SPD hatte das zwar zurückgewiesen, aber einer Art vorgezogener Haushaltsberatung am 30. September zugestimmt. Nach dem Treffen in der Finanzbehörde waren sich dann beide Seiten einig, dass die finanzielle Lage zwar dramatisch ist, aber am ehrgeizigen Klimaplan ebenso wenig gespart werden solle wie an anderen wichtigen Projekten.

Genau das fordert aber die Opposition. „Für die kommenden beiden Jahre plant der rot-grüne Senat mit einer Neuverschuldung in Rekordhöhe“, stellte CDU-Finanzexperte Thilo Kleibauer fest und erinnerte an die Regeln der Schuldenbremse: „Hamburg muss schnell den Weg aus der Schuldenfalle finden. Die zusätzlichen Kredite von drei Milliarden Euro bis 2022 aufgrund der Notsituation dürfen nur für Mehrbedarfe aufgrund der Pandemie verwendet werden. Die aktuelle Situation ist kein Freibrief für kreditfinanzierte Ausgabensteigerungen in allen Bereichen.“

Lorenz Palte, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler Hamburg, kritisierte, dass die Corona-Krise in der Haushaltspolitik des Senats noch nicht angekommen sei: „Der Beginn der Haushaltsberatungen des Senats wäre dafür allerdings ein günstiger Zeitpunkt, denn wegbrechende Steuereinnahmen, eine ungeklärte Einnahmesituation und viele Branchen, die in Hamburg noch lange zur Erholung brauchen werden, zwingen zum Handeln.“