Hamburg. Extreme Trockenheit und Hitze lassen Verbrauch in die Höhe schnellen. Auch Wälder leiden. Gute Nachrichten hingegen aus dem Wattenmeer.
Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) hat angesichts der aktuellen Trockenheit eindringlich an die Hamburger appelliert, sorgsam mit dem Trinkwasser umzugehen. Angesichts des „dramatischen Geschehens“ beim Wetter müsse sich jeder fragen, ob es nötig sei, täglich den Rasen zu wässern oder Pools neu zu befüllen, so Kerstan. Der Verbrauch sei derzeit um ein Drittel höher als zu normalen Zeiten.
Die Anzahl von Tagen mit extrem erhöhten Wasserverbrauch steige. Normal sind etwa 300.000 Kubikmeter: In diesem August seien allerdings bereits an zwölf aufeinanderfolgenden Tagen jeweils mehr als 400.000 Kubikmeter Trinkwasser verbraucht worden, so der Senator. Damit sei fast die Menge des extrem trockenen Sommers 2018 erreicht. Zwar sei die Trinkwasserversorgung sicher, so Kerstan, und mit Engpässen müsse nicht gerechnet werden. Die aktuelle Situation zeige aber: „Es besteht nicht viel Handlungsspielraum.“
August ist der wärmste Monat im wärmsten Jahr – und viel zu wenig Regen
Hamburg müsse sich auf zunehmende Wettextreme einstellen und zugleich alles dafür tun, um die Folgen des Klimawandels zu begrenzen, sagte der Senator auf Dienstag im Rathaus. „Das wird eine große Aufgabe für die Stadt, die Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger.“ Die Dringlichkeit zeige sich auch wieder an den Daten dieses Jahres. Gerade hätte die Stadt die längste Aneinanderreihung von Tagen über 30 Grad registriert, und zugleich sei dies die zweitlängste Hitzewelle aller Zeiten.
„Der August ist bis jetzt der wärmste Monat und 2020 das bisher wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor 84 Jahren“, so der Senator. „Die Niederschlagsmenge in diesem Frühjahr war mit 79 Litern je Quadratmeter die geringste in den vergangenen zehn Jahren. 79 Liter entsprechen nur etwa der Hälfte des sonst üblichen Durchschnittswertes.“
Kerstan: Eindämmung des Klimawandels zentrale Aufgabe
Auch Bäume und Wälder würden zunehmend unter dem Klimawandel leiden. „Am Zustand des Waldes ist erkennbar, dass wir uns mitten im Klimawandel befinden“, so Kerstan. Viele Bäume seien durch die Trockenheit der vergangenen Jahre geschwächt und damit anfälliger für Schädlinge – und zugleich durch Stürme bedroht. Dies alles sei eine „große Herausforderung“ für die Förster. „Wir werden uns die Situation in den Wäldern genau ansehen.“
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Zentral sei bei alldem die Eindämmung des Klimawandels. „Hamburg hat ein modernes und konsequentes Klimaschutzgesetz, und im aktuellen Klimaplan hat der Senat mehr als 400 Maßnahmen beschlossen“, so Kerstan. „Um den Klimaschutz voranzubringen, hat der Senat vergangene Woche zusätzlich 25 Millionen Euro für 2020 bereitgestellt.“
Erfreulicheres aus der Natur: 30 Jahre Nationalpark Wattenmeer
Deutlich Erfreulicheres als die Daten zur aktuellen Trockenheit hatte Kerstan bereits zuvor verkündet: Der 1990 gegründete Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer feiert in diesem Jahr sein 30-jähriges Bestehen. „Unser Nationalpark ist das Herzstück des Weltnaturerbes Wattenmeer“, sagte Kerstan. „Er war von Anfang an das am konsequentesten geschützte Gebiet mit Fischerei- und Jagdverbot sowie weitreichenden Betretungsregeln. Belohnt wird diese Politik mit einem Vogelreichtum, der zwischen Esbjerg und Den Helder seinesgleichen sucht.“
Jüngstes Beispiel seien die rund 370 Paare brütender Eiderenten auf Scharhörn und Nigehörn. „Rund hundert Kilometer vom Rathaus taucht man in eine andere Welt ein“, so Kerstan. „Großen Anteil an diesem einmaligen Naturerlebnis haben auch die Neuwerker, die dafür eine hervorragende Infrastruktur bieten. Damit können wir auch die großen Herausforderungen von Corona und Klimawandel bewältigen. Wichtig ist uns, die gute Entwicklung Neuwerks für die Bewohner mit dem Wunsch der Besucher nach einem einmaligen Naturerlebnis in Einklang zu bringen.“
Erfolgsgeschichte Nationalpark Wattenmeer – doch was bringt die Zukunft?
Hamburg ist laut Kerstan neben Wien die einzige europäische Großstadt mit einem Nationalpark, und dessen Geschichte sei eine Erfolgsgeschichte: „1990 gegründet, 2004 erweitert, 2011 Weltnaturerbe, vogelreichste Gegend im gesamten Wattenmeer und drei Mal Drehort für einen ‚Tatort‘.“ Hamburgs Nationalpark liege mit einem Wildnisanteil von mehr als 90 Prozent und mit seiner Fläche von rund 137 Quadratkilometern genau in der Mitte der insgesamt sechzehn deutschen Nationalparks. Neben konsequentem Naturschutz gehe es immer auch um wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten für die Bewohner der Insel Neuwerk und die Förderung des einmaligen Naturerlebnisses für die pro Saison bis zu 100.000 Besucherinnen und Besucher.
Neuwerk sei die einzig (von rund 40 Menschen) dauerhaft bewohnte, drei Quadratmeter große Insel im Nationalpark. Sie werde zu einem Drittel durch einen Ringdeich vor Sturmfluten geschützt. Als Biosphärenreservat (seit 1992, durch die UNESCO zertifiziert) unterstützt der Nationalpark kontinuierlich die Neuwerker Wirtschaft mit Nachhaltigkeitsprogrammen. Derzeit werde mit dem Bezirk Mitte das ‚Entwicklungskonzept Neuwerk‘ umgesetzt, das Anfang des Jahres verabschiedet wurde. Über Details will Senator Kerstan bei einem Besuch auf Neuwerk und Scharhörn am 3. und 4. September berichten.
Bei alldem betrifft der Klimawandel auch den Nationalpark: Es gehe auch um die Frage, ob man in 30 oder 50 Jahren noch auf Neuwerk leben könne, sagte der Umweltsenator.