Hamburg. Kombibäder können öffnen, Bewohner in Pflegeheimen mehr Besuch erhalten. Letzter Auftritt für die Gesundheitssenatorin.
Der Schreibtisch ist aufgeräumt, die letzten Abschiedsbriefe müssen noch geschrieben werden. Nach gut neun Jahren an der Spitze der Gesundheitsbehörde, die mit dem Ausbruch der Ehec-Epidemie begannen und mit dem Kampf gegen die Corona-Epidemie enden, hatte Senatorin Prüfer-Storcks (SPD) am Dienstag ihren letzten Auftritt in der Landespressekonferenz, wo sie in den vergangenen Monaten jede Woche über das Infektionsgeschehen in der Stadt informierte.
Sie freute sich, bei diesem Anlass noch einmal weitere Lockerungen verkünden zu können, die ihr persönlich sehr am Herzen lägen: Die Bewohner von Pflegeheimen dürfen künftig wieder mehr Besuch bekommen. Erlaubt sind vom kommenden Montag an drei einstündige Besuche pro Woche von drei Personen. Bisher war eine Stunde von einem Besucher zulässig.
Nur noch drei Bewohner von Hamburger Pflegeheimen erkrankt
Möglich wird diese Lockerung, weil das Infektionsgeschehen in den Pflegeheimen stark zurückgegangen ist, so Prüfer-Storcks. Mittlerweile sind nur noch zwei Einrichtungen mit insgesamt drei Fällen betroffen. Zur Höchstzeit der Corona-Krise waren 489 Infizierte in 40 Hamburger Pflege- und Altenheimen bekannt. Jeder vierte coronainfizierte Pflegeheimbewohner sei gestorben – „das war dramatisch“.
Neu ist auch, dass nach den reinen Freibädern vom kommenden Montag an auch die Außenbereiche der sogenannten Kombibäder öffnen dürfen. Dazu zählen unter anderem das beliebte Kaifu-Bad in Eimsbüttel sowie die Anlagen in Ohlsdorf, Finkenwerder und Billstedt. In den Kombibädern gelten dieselben Regeln wie in den Freibädern: Eintrittskarten sind nur online buchbar, der Mindestabstand ist sowohl im Schwimmbecken als auch beim Anstehen am Sprungturm oder auf der Liegewiese einzuhalten. Umkleide- und Duschräume dürfen nicht gemeinschaftlich genutzt werden. Reine Hallenbäder bleiben vorerst geschlossen.
Corona-Lockerungen in Hamburg: Schweden-Rückkehrer müssen in Quarantäne
Eine neue Einschränkung gibt es jedoch für Urlauber: Wie die anderen norddeutschen Bundesländer verhängt Hamburg für Rückreisende aus Schweden eine 14-tägige Quarantänepflicht. Zudem müssen sich alle, die aus dem skandinavischen Land einreisen, beim Gesundheitsamt melden. Hintergrund ist die hohe Zahl von Neuinfektionen in Schweden, die den in Deutschland angesetzten Schwellenwert von 50 Fällen pro 100.000 Einwohner pro Woche überschreite. „Das sollte man berücksichtigen, wenn man Reisepläne für den Sommer macht“, sagte Prüfer-Storcks.
Der bis heute noch geschäftsführende Senat habe in seiner letzten Sitzung darüber hinaus beschlossen, einen Betrag von 8,7 Millionen Euro bereitzustellen, um die Bonuszahlungen für die 25.300 Beschäftigten im Pflegebereich zu einem Drittel zu finanzieren. Diese erhalten je nach Tätigkeit einen steuerfreien Bonus zwischen 500 und 1500 Euro.
Grote: Zahl der Demo-Teilnehmer war unerwartet
Prüfer-Storcks appellierte trotz der derzeit niedrigen Zahl von Neuinfektionen an die Hamburger, weiterhin diszipliniert zu sein. Sie hoffe, dass es nicht zu einer zweiten Welle komme. „Die Bilder der Großdemonstration vom Wochenende, bei der Menschen sehr eng und teilweise ohne Masken zusammenstanden, machen mir durchaus Sorge“, sagte sie.
Ihr Kabinettskollege, Innensenator Andy Grote (SPD), verteidigte das Vorgehen der Polizei am Sonnabend, zieht aber auch Konsequenzen für künftige Demonstrationen. Die Zahl der Teilnehmer sei in dieser Höhe unerwartet und auch nicht genehmigt gewesen, das Anliegen der Demonstranten aber ein „bedeutendes, zentrales“, mit dem sich die Polizei solidarisiere. Vom Infektionsschutz her betrachtet, gebe das durchaus problematische Geschehen Grund zur Sorge.
Es handele sich weiterhin um eine nach den Corona-Regeln verbotene Veranstaltung, die „nur aus Gründen der Verhältnismäßigkeit“ nicht durch die Polizei unter Gewaltanwendung aufgelöst worden sei. Die Demonstranten seien der Aufforderung der Polizei und der „überforderten“ Anmelderin nicht nachgekommen, sich zu entfernen. „Die Beamten hätten die Fläche nur mit einem sehr massiven Polizeieinsatz räumen können“, so Grote. Das aber hätte zu mehr Gedränge und Körperkontakt führen können, was nicht im Sinne des Infektionsschutzes gewesen wäre.
Corona-Regeln: Neue Strategie bei Demos in Hamburg
Eine solche Situation dürfe sich aber nicht wiederholen. „Wir werden bei künftigen Demonstrationen eine Form suchen, in der das Geschehen räumlich entzerrt ist“, kündigte Grote an. Als Beispiele nannte er eine Menschenkette oder die Wahl von Protestorten, die Platz für mehr Teilnehmer unter Wahrung der Abstandsregeln bieten. Denkbar seien auch zeitgleiche Protestveranstaltungen an verschiedenen Orten, die aber als eine wahrgenommen würden. Jede Form des Protests sei von der Kooperation aller Teilnehmenden abhängig. „Die Regeln gelten, und wir tun alles, um sie durchzusetzen“, versicherte Grote. Auch Polizeipräsident Ralf Martin Meyer warnt vor erneuten Großprotesten (siehe Interview auf Seite 12).
Die Krawalle im Anschluss an die friedliche Großdemonstration am Sonnabend stünden dem Anliegen entgegen. Mehrere Hundert Menschen hätten über Stunden zielgerichtet die Konfrontation mit der Polizei gesucht, dabei seien Steine und Flaschen geworfen worden. Das sei kein Zufall, sondern ein vorbereitetes Vorgehen gewesen. Grote sprach von einem „Missbrauch des Anliegens und des Anlasses“ der Demonstration.
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Nach der aufgelösten Party im Zwick in Pöseldorf, bei der knapp 90 Menschen entgegen den Corona-Regeln gefeiert hatten, wurden weiterhin keine Infektionen bekannt. „Das bedeutet aber nicht, dass das kein Problem ist“, erklärte Bürgermeister Peter Tschentscher.