Hamburg. Green Bonds: Neuer Senat mit überraschenden Ideen. Milliarden-Pläne, Glasfaser und Corona-Hilfen. Die Details.
Die Personalfragen sind die heikelsten: Doch die Koalitionsverhandlungen zwischen der SPD und Grünen nach der Bürgerschaftswahl 2020 in Hamburg sind schon auf der Zielgeraden. Nachdem strittige Themen wie die Hafenautobahn A26-Ost, der Flughafen-Ausbau und andere offenbar abgeräumt wurden, haben Bürgermeister und Wahlsieger Peter Tschentscher (SPD) und Katharina Fegebank (Grüne) ihre Verhandlungsführer für diesen Donnerstag wieder in die Arena geschickt.
Diesmal ging es um Finanzen, Bezirke und die damit zusammenhängende Digitalisierung. Die Corona-Krise hat aber augenscheinlich die letzten Wochen der Gespräche deutlich stärker überlagert als bislang angenommen.
Hamburg in der Corona-Krise: Neuer Fonds aufgelegt
Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) und Farid Müller (Grüne) sprachen am Dienstag von einem neuen Stabilisierungsfonds, den Hamburg auflegen werde. Umfang: rund eine Milliarde Euro. Er solle kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-ups unterstützen, die nicht unmittelbar von Bundeshilfen in der Corona-Krise profitieren. Müller sagte mit dem Brustton der Überzeugung: "Wir werden nicht sparen in der Krise." Und: Hamburg könne sich an weiteren Unternehmen beteiligen, um sie zu stützen. Unausgesprochenes Vorbild: die Bundesregierung und die Deutsche Lufthansa.
Wie oft beteuert, will Hamburg endlich ein neues Verfahren für die Grundsteuer festklopfen, die Eigenheimbesitzer und Vermieter zahlen. Dressel wandte sich gegen Überlegungen, die Grunderwerbsteuer zu erhöhen, um fehlende Steuereinnahmen durch Corona zu kompensieren. Das zu tun, so Dressel, widerspräche den Wohnungsbaubemühungen des Senates. Grunderwerbsteuer müssen Menschen zahlen, die eine Wohnung oder ein Haus kaufen.
Hamburg bietet grüne Geldanlage mit Zinsen für alle an
Dressel und Müller erklärten außerdem die neuen "Green Bonds", die die Hamburger Hochbahn (U-Bahnen und Busse) ausgeben wolle. Dabei können sich zum Beispiel auch Bürger an ihren (milliardenschweren) grünen Ausbauplänen beteiligen. Natürlich gehe es dabei um Verzinsung, sagte Müller. Das Volumen der Anleihe soll 250 Millionen Euro betragen.
Heißt: Die Hochbahn wird für die Hamburger zu einer denkbaren Geldanlage. Wie Dressel ausführte, gebe es generell eine große Nachfrage nach Geldanlagen mit Fokus auf Nachhaltigkeit. Und die CO2-Einsparungen könne man bei der Hochbahn ja sehen.
CDU kritisiert Green Bonds
Vorbild dafür seien die "Social Bonds", die die IFB Förderbank Hamburg ausgegeben hat. Das war zuletzt 2019 eine Anlage mit einem Volumen von 250 Millionen Euro für institutionelle Anleger (Laufzeit: zehn Jahre). Neu ist jetzt, dass offenbar auch normale Bürger und Geldanleger angesprochen werden sollen.
Dieser Vorschlag provozierte Kritik von der Opposition: Wie der haushaltspolitische Sprecher der CDU, Thilo Kleibauer, sagte, sei die Ausgabe von Green Bonds "ganz klar eine Kreditaufnahme". Er warf dem neu zu gründenden Senat einen "Etikettenschwindel" vor. "Green Bonds sind kein Ersatz für eine langfristige Finanzierungsstrategie für den Schnellbahnausbau."
Kultursenator Carsten Brosda (SPD) erklärte die neuen Digitalisierungsprojekte der künftigen Regierung. Die Verwaltung solle digitaler werden, um den Service für die Bürger zu erhöhen. Zusätzlich zum Ausbau des 5G-Netzes für den Mobilfunk solle Hamburg flächendeckend mit Glasfaser für schnelles Internet ausgebaut werden. Müller ergänzte, dass der Datenschutz und der Bürgernutzen berücksichtigt werden müssten.
Tschentscher soll sich am 10. Juni von der – durch Corona neu organisierten – Bürgerschaft wählen lassen. Das wird dann wohl erstmals nicht im Plenarsaal sein.