Hamburg. Reaktion auf den Protest der Krankenhäuser: Bund und Senat finanzieren mehr Intensivbetten, Schutzanzüge und Beatmungsgeräte.
Die Zahlen lesen sich nüchtern, der Trend ist so erschreckend erwartet worden. Am Sonntag wurde bekannt, dass es beim neuartigen Coronavirus in Hamburg 119 neue Fälle von Infizierten gibt. Damit sind nach Angaben der Gesundheitsbehörde von Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) in Hamburg nun 887 Menschen von Covid-19 betroffen. Und das sind nur die Getesteten.
Zehn Menschen müssen intensivmedizinisch behandelt werden. Für diese Fälle sind die dringend benötigten Beatmungsgeräte und Schutzanzüge der Ärzte absolut notwendig. Das Hamburger Gesundheitswesen ächzt derzeit unter dem drohenden und absehbaren Ansturm von Corona-Patienten. Die Praxen sind voll, die Krankenhäuser von Asklepios bis UKE verschieben planbare (elektive) Operationen.
Corona-Krise: Hamburg sucht Freiwillige
Pensionierte Ärzte sowie Studenten und Freiwillige werden eingearbeitet. Hamburg sucht weitere Freiwillige. Bewerber mit medizinischem und pflegerischem Hintergrund können eine Mail schicken personal.corona@bgv.hamburg.de.
Coronavirus: Interaktive Karte
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Wie die Behörde am Sonntag versicherte, seien die meisten Infizierten gut rückverfolgbar. "Der weiterhin deutliche Anstieg der Fallzahlen wird durch einen hohen Anteil durch Urlaubsrückkehrer verursacht sowie durch Personen, die Kontakt zu den erkrankten Personen hatten. Bei vielen traten Erkrankungssymptome erst mit zeitlicher Verzögerung auf, so dass sie erst mit einigem Abstand zum eigentlichen Ferienende getestet wurden. Die der Grippe ähnlichen Krankheitssymptome fielen zumeist leicht aus.
Streit um Krankenhäuser und Finanzierung beigelegt?
Prüfer-Stocks bemühte sich zumindest rhetorisch, den heftigen Konflikt mit den Krankenhäusern über die Finanzierung kleinzuhalten. "Krankenhäuser sollen durch leerstehende Betten keinen finanziellen Nachteil haben. Deshalb haben die Länder gestern in einer Konferenz mit dem Bundesgesundheitsminister deutliche Verbesserungen an dem geplanten Gesetz des Bundes zur finanziellen Absicherung der Krankenhäuser in der Corona-Krise bewirkt."
Coronavirus: Das sollten ältere Hamburger beachten:
- Meiden Sie soziale Kontakte soweit wie möglich
- Halten Sie Kontakt mit Ihren Freunden und Ihrer Familie über Telefon, Brief, soziale Netzwerke oder Skype
- Besuchen Sie keine Freizeitveranstaltungen
- Meiden Sie den öffentlichen Personennahverkehr
- Meiden Sie unbedingt den Kontakt zu Enkelkindern
- Halten Sie persönlichen Abstand von mindestens zwei Metern
- Geben Sie niemandem die Hand und umarmen Sie niemanden
- Gehen Sie nicht in eine Arztpraxis, sondern rufen Sie bei Bedarf dort an und besprechen das weitere Vorgehen
- Wenn möglich, gehen Sie nicht in Apotheken, sondern lassen Sie sich benötigte Medikamente nach Hause liefern
- Nutzen Sie Lieferdienste von Supermärkten
- Nehmen Sie gerne Hilfe oder das Angebot von Botengängen aus der Nachbarschaft und Familie an
- Gehen Sie gerne eine Runde spazieren. Wenn Sie dabei Bekannte treffen: Denken Sie daran, Abstand von zwei Metern zu halten
- Waschen Sie sich regelmäßig und gründlich die Hände
Vorwurf der "Erbsenzählerei": Spahn bessert nach
Gesundheitsminister Spahn hatte einen Gesetzentwurf vorgelegt, den die Krankenhäuser wegen vermeintlicher Bürokratie und mutmaßlich unzureichender Vergütung in der Luft zerrissen haben. Von "Erbsenzählerei" war die Rede. Spahn kündigte noch am Sonnabend Nachbesserungen an.
Prüfer-Storcks versprach jetzt: "Auch die erforderliche Schutzkleidung wird finanziert. Das geht einher mit einem Abbau von Bürokratie und Prüfaufwand. Ebenso wird die Finanzierung für die ambulante Versorgung deutlich verbessert."
Die Geschäftsführerin der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft (HKG), Dr. Claudia Brase, sagte dem Abendblatt, Hamburg sei viel stärker betroffen als andere Bundesländer. Offenbar habe die Politik das Ansteigen der Kurve an Covid-19-Patienten noch nicht richtig verstanden. Brase sagte, jetzt gehe es um Beatmungsgeräte, mehr Intensivbetten, ausreichend Schutzkleidung und schnelles Handeln. „Die Patienten sterben uns sonst unter den Händen weg.“ Sie hatte den Entwurf aus dem Hause Spahn scharf kritisiert und auch Hamburg in die Pflicht genommen.
Schutzschirm Krankenhaus: Das sind die Regelungen
Nun heißt es aus Berlin am Sonntagabend, die Kliniken sollen für jedes Bett, das wegen verschobener planbarer Operationen freibleibt, 560 Euro pro Tag erhalten. Ursprünglich waren 410 bis 540 Euro je nach Klinikgröße geplant. Für jede neue intensivmedizinische Einheit mit Beatmungsmaschine sollen die Kliniken 50.000 statt geplant 30.000 Euro erhalten. Die Kliniken sehen die Kosten bei gut 80.000 Euro. Befristet für acht Wochen soll ein Zuschlag je Patient in Höhe von 50 Euro gezahlt werden.
Die auch in Hamburg stark kritisierte Regelung zu Untergrenzen beim Pflegepersonal soll ausgesetzt werden. Das hätte bedeutet, dass manche Kliniken ganze Stationen hätten schließen müssen.
Reha-Einrichtungen sollen jetzt Nicht-Corona-Patienten zur akutstationären Krankenhausversorgung aufnehmen können. Die jeweiligen Summen sollen je nach Entwicklung kurzfristig angepasst werden können.
Spahn will auch die Honorareinbußen der niedergelassenen Ärzte abmildern. Denn sie haben die meisten Patienten. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollten Ärzten zusätzliche Kosten erstatten. Andere Ärzte, zu denen nun weniger Patienten gingen, sollten vor zu hohen Honorarminderungen geschützt werden.