Hamburg. Bürgermeister Tschentscher lobt die Vernunft, erklärt aber verschärfende Maßnahmen. Zahl der Corona-Infizierten erheblich gestiegen.

Das Coronavirus und seine dramatischen Folgen: In Hamburg rechnen die Behörden offenbar mit der schnellen Einrichtung einer Ausgangssperre. Nach Informationen des Hamburger Abendblattes bereitet sich die Polizei darauf vor. Bürgermeister Peter Tschentscher sagte am Freitag, darüber werde erst bundesweit am Sonntag entschieden. Bei der Entscheidung hänge viel vom Verhalten der Bürger an diesem Wochenende ab. Das konnte man trotz der sachlichen Worte und des gefassten Tons beim Bürgermeister als Drohung auffassen.

Während sich die Lage beim Arztruf 116 117 der Kassenärztlichen Vereinigung offenbar leicht entspannt und auch wieder Schutzkleidung für Ärzte nachgeliefert wurde, ist das UKE in Eppendorf augenscheinlich mehr oder minder abgeriegelt worden. Für Besucher gab es am Freitag keinen Zugang mehr oder im Ausnahmefall unter erschwerten Bedingungen.

Nun müssen auch Hamburger Restaurants schließen. Lieferdienste werden davon ausgenommen. Hamburger Restaurants, darunter auch die Bullerei von Tim Mälzer und Hotels wie das East, hatten sich in einem dramatischen Appell, aber auch mit konstruktiven Vorschlägen an den Senat gewandt.

Coronavirus: Hamburg vor der Ausgangssperre?

Verfolgen Sie hier im Livestream und im Newsticker des Hamburger Abendblattes die neuesten Entwicklungen.

Corona: Tschentscher über neue Maßnahmen

Die Live-Pressekonferenz moderierte Peter Ulrich Meyer vom Hamburger Abendblatt. Bürgermeister Peter Tschentscher sagte, es müssten neue Maßnahmen ergriffen werden, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen. Er bedankte sich bei allen Hamburgern dafür, dass viele Hinweise der Behörden schon aufgenommen würden. Am Sonntag werde bundesweit entschieden, ob es Ausgangssperren gebe. Das hänge von "vernünftigen Verhaltensweisen" am Wochenende ab.

Tschentscher sagte, man müsse jetzt Ansammlungen von mehr als sechs Menschen verbieten. Das gelte nicht für Familien, auch nicht für die Berichterstattung der Medien. Sogenannte "Corona-Partys" seien verantwortungslos. Dazu gebe es eine neue Allgemeinverfügung. Restaurants in Hamburg würden vollständig geschlossen, ausgenommen seien Lieferdienste. Tschentscher erläuterte noch einmal den Schutzschirm für die Hamburger Wirtschaft.

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    Der Bürgermeister äußerte sich auch zum Vorwurf, Hamburg falle hinter die Maßnahmen anderer Bundesländer zurück. Allerdings blieb er da vage. Warum ausgerechnet Gruppen über sechs Personen sich nicht mehr versammeln dürfen, konnte auch er nicht sagen. "Wenn Menschen in einer geordneten Schlange vor einem Laden stehen", müsse man das erlauben. Das Joggen durch einen Park solle möglich sein, "aber nicht in Gruppen". Und: "In Hamburg herrscht viel Vernunft!"

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    Corona-Soforthilfe "aus einem Guss"

    Finanzsenator Andreas Dressel sagte, es gehe um Existenzen und um Wertschöpfung. Hauptbaustein sei die Corona-Soforthilfe, gestaffelt nach Betriebsgrößen vom Solo-Selbstständigen bis zu großen Firmen. "Das sind echte Zuschussmittel, das sind keine Darlehen", so Dressel. Der Bund werde in der nächsten Woche seinen Fonds in Höhe von 40 Milliarden Euro auf den Weg bringen.

    Hamburg wolle sicherstellen, dass die Förderung von Bund und Land "aus einem Guss" an die Betroffenen ausgeschüttet würden. Somit müsse niemand zu verschiedenen Stellen laufen. Für die Kultur sagte Senator Carsten Brosda, auch die Künstler seien erheblich betroffen und ihnen würde nun geholfen. "Da müssen wir nicht neue Kontakte aufbauen wir kennen ja die einzelnen Bereiche." Er sprach außerdem die privaten Theater und die Musikclubs der Stadt an. Gleichzeitig werde man Crowdfunding Kampagnen fördern.

    "Auch Kurzarbeit ist eine Möglichkeit in Kultur- und Kreativunternehmen." Die Angebote der Grundsicherung für Selbstständige können für einzelne Künstler ebenso infrage kommen.

    Coronavirus: Deutlich mehr Fälle in Hamburg

    Am Freitag teilte die Gesundheitsbehörde mit, dass es 158 weitere Fälle mit Erkrankungen an Covid-19 gebe. Damit sei die Zahl der in Hamburg gemeldeten Fälle auf 664 angestiegen. Dieser Anstieg ist deutlich höher als in den vergangenen Tagen. Der Senat lockerte die Arbeitsschutzvorschriften in bestimmten Bereichen und bewilligte Ausnahmegenehmigungen für Arbeiten an Sonn- und Feiertagen auch für Läden und Menschen, die zum Beispiel für die tägliche Versorgung der Bevölkerung zuständig sind.

    Gesundheitssenatorin Cornelia Prüder-Storcks (SPD) sagte: "Die Zahlen derjenigen, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, steigen sowohl in Hamburg als auch bundesweit deutlich. Ich appelliere deshalb eindringlich an alle Hamburgerinnen und Hamburger, sich an die Regeln und Einschränkungen des Senats zu halten. Unser oberstes Ziel ist es, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen und damit Zeit zu gewinnen. Dafür ist jeder Einzelne von uns gefragt."