Hamburg. Till Steffen und Katharina Fegebank gehen auf Distanz zur Forderung ihrer Partei. Die Opposition spricht von einem “Armutszeugnis“.

Die Hamburger Grünen wollen ihre Forderung nach einer Lockerung des Vermummungsverbots überdenken. Entsprechend äußerten sich die Spitzenkandidatin für die Bürgerschaftswahl, die Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank, und Justizsenator Till Steffen in Zeitungsinterviews. Im Programm der Grünen zur Bürgerschaftswahl am 23. Februar wird gefordert, Vermummung künftig nicht mehr als Straftat, sondern als Ordnungswidrigkeit zu ahnden, um der Polizei einen größeren Handlungsspielraum beim Einschreiten gegen vermummte Demonstranten zu gegeben.

„Aus den Reihen der Hamburger Polizei hören wir nun aber, dass sie auch so schon jeden Bewegungsspielraum hat, den sie braucht, um deeskalierend aufzutreten“, sagte Steffen der „Welt am Sonntag“. „Wir wollen über diese Frage mit der Polizei in einen Dialog treten. Wenn sich das so bestätigt, brauchen wir die Gesetzesänderung nicht.“

Nicht "mit der Brechstange" etwas an der Polizei vorbei durchsetzen

Sie streite im Wahlkampf für die zentralen Zukunftsthemen wie „eine echte Verkehrswende, eine mutigere Wirtschaftspolitik und mehr Bürgerrechte“, sagte Fegebank der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „Die Frage, ob das Vermummungsverbot künftig nur noch als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden soll, gehört nicht zu diesen Themen.“ Es gehe nicht darum, „etwas mit der Brechstange an den Beamtinnen und Beamten vorbei durchzusetzen, sondern gemeinsam gute Lösungen in der Sache zu finden.“

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CDU-Spitzenkandidat Marcus Weinberg begrüßte die Kurskorrektur – mit einem Seitenhieb. „Aber bitte auch keine Vermummung der politischen Haltung und bei den konkreten Forderungen“, sagte er am Sonntag. Der Innenexperte der CDU-Fraktion, Dennis Gladiator, nannte den Richtungswechsel so kurz vor der Wahl am 23. Februar ein „Armutszeugnis“. Die FDP-Fraktionsvorsitzende Anna von Treuenfels nannte es „peinlich“, dass der Justizsenator erst jetzt einen Dialog mit der Polizei führen wolle. „Die innere Sicherheit ist nicht geeignet für Experimente im ,grünen Labor‘“, so Treuenfels.

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Grüne begründeten Forderung mit deeskalierender Wirkung

Die Grünen-Forderung war auch schon beim ersten Wahlduell zwischen Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und seiner Grünen-Herausforderin Katharina Fegebank am Sonntag vor einer Woche Thema. Dabei hatte Tschentscher es als „sehr merkwürdig“ bezeichnet, wenn man sage: „Die Polizeibeamten sollen gekennzeichnet werden und die Demonstranten dürfen sich vermummen.“

Fegebank hatte eingeräumt, dass die Forderung „auf den ersten Blick oder beim ersten Hören verstörend“ wirke, diese aber mit dem größeren Spielraum der Polizei für ein deeskalierendes Handeln verteidigt. Bei Straftaten müsse die Polizei einschreiten, bei Ordnungswidrigkeiten habe sie einen Ermessensspielraum.

Der Hamburger Landesverband der Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte die Grünen daraufhin unter den Generalverdacht gestellt "polizeifeindlich" zu sein: Sie lehnt sowohl die Lockerung des Vermummungsverbots als auch die weitere Kennzeichnungspflicht für Beamte im Dienst ab. Auch die Stelle eines unabhängigen Polizeibeauftragten als Anlaufstelle für Beschwerden hält man beim Hamburger Landesverband der GdP für überflüssig.