Hamburg. Schulgebäude aus dem Modulbaukasten sollen helfen, schneller und günstiger zu bauen – laut Senat ohne Abstrich bei der Qualität.

Nein, es sieht nicht immer gleich aus, es hat nicht immer die gleiche Aufteilung im Inneren, und es ist auch nicht aus Billigmaterial zusammengeschustert, wie mancher Architekt bereits unkte. Dennoch soll das „Hamburger Klassenhaus“, das Schul- und Finanzbehörde jetzt gemeinsam vorgestellt haben, der Einstieg in die Serienfertigung von Schulgebäuden sein und so helfen, diese schneller und perspektivisch auch günstiger zu errichten.

„Flexibel, effizient und nachhaltig – unser Hamburger Klassenhaus ist die passgenaue Antwort auf die vielen schulischen Neubauprojekte in der Zukunft“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), der für das städtische Unternehmen Schulbau Hamburg (SBH) verantwortlich ist. Schulsenator Ties Rabe (SPD) verwies darauf, dass die Stadt aufgrund der steigenden Schülerzahlen 44 neue Schulen und 123 Erweiterungen plane und dafür bis 2030 rund vier Milliarden Euro investieren werde: „Damit dies schnell, kostengünstig und trotzdem architektonisch ansprechend umgesetzt werden kann, ist das Modell des Hamburger Klassenhauses vorbildlich und sehr hilfreich.“

So funktioniert das "Hamburger Klassenhaus"

Im Prinzip funktioniert das Projekt wie ein Modulbaukasten: Im Kern besteht das Gebäude, das es mit 900, 1350 oder 1.800 Quadratmeter Nutzfläche gibt, immer aus Holz. Toilettenanlagen, Treppenhäuser und Fahrstuhl sind standardisiert vorgeplant. Die Aufteilung im Inneren mit Klassen- und Nebenräumen kann dagegen den jeweiligen Bedürfnissen der Schule angepasst werden. Hier kommen Leichtbauwände zum Einsatz, die aber laut SBH-Geschäftsführer Ewald Rowohlt „höchste Lärmschutz-Ansprüche“ erfüllen.

Die Fassade könne individuell dem Schul-Umfeld angepasst werden – Stein sei ebenso möglich wie Holz oder Putz, betonte Rowohlt. Die Dächer sollen begrünt werden oder eine Solaranlage erhalten. Das ganze Konzept erlaube ein hohes Maß an Vorfertigung, was den Bau wiederum unabhängiger von der Witterung mache. Unterm Strich sollen von Spatenstich bis Fertigstellung daher nur 21 Wochen vergehen.

Erstes "Klassenhaus" Hamburgs ist fast fertig

Dass das möglich ist, sehe man an der Grundschule Eckerkoppel in Farmsen-Berne, wo das erste „Klassenhaus“ kurz vor der Fertigstellung stehe. Hier war ein Schulgebäude ausgebrannt, weswegen schnell Ersatz benötigt wurde. Dass man künftig seltener Übergangslösungen aus Containern benötige, sei ein weitere Vorteil des Projekts, der zudem die Kosten senke, so Dressel. Das „Klassenhaus“ selbst sei keine Übergangslösung, betonte Rowohlt: Mit einer Mindestlebensdauer von 80 Jahren sei es wie alle anderen Schulgebäude auf Langlebigkeit ausgelegt.

In welchem Umfang das „Klassenhaus“ die Schulbaukosten senken kann, ist aber noch offen. Rabe zufolge kostet ein konventionell errichtetes 900-Quadratmeter-Gebäude etwa 2,7 Millionen Euro. Er gehe davon aus, dass die „Klassenhäuser“ günstiger werden – das dürfte vor allem dann der Fall sein, wenn sie tatsächlich in Serie gehen. Für 2020 sind vorerst acht „Klassenhäuser“ geplant, insgesamt derzeit 36.

Senatoren kontern Kritik an "billiger" Modulbauweise

Der Architekturkritiker Gert Kähler hatte in einem Gastbeitrag im Abendblatt den Schulbau in Hamburg scharf kritisiert: „Was vermitteln wir aber unseren Kindern, wenn der Schulbau billig sein soll – ihr seid uns nichts wert? Der Eindruck beginnt heute meist schon, wenn man sich neuen Schulbauten nähert: Der billigste Betonstein als Pflaster scheint gerade gut genug.“

Finanzsenator Dressel hatte in einem weiteren Gastbeitrag dagegengehalten. Am Montag bekräftigte er seine Haltung: „Wenn eine Stadt sechs Milliarden Euro in den Schulbau investiert, kann man nicht nicht von Sparen reden.“ Im Übrigen komme dabei nicht nur solide, sondern oft auch preiswürdige Architektur heraus – so sei das Gymnasium Hoheluft zum „Bauwerk des Jahres 2016“ gewählt worden, und der Neubau der Stadtteilschule Bergedorf vom Bund Deutscher Architekten gewürdigt worden. Schulsenator Rabe unterstützt diese Haltung: Die Stadt baue auf „Volkswagen“-Niveau. „Das sind schöne Autos. Wir könne aber keine Ferrari bauen.“