Hamburg. Liberale werfen dem Senat eine „miserable Informationspolitik“ vor. Prominente Hamburger Politiker hatten Freikarten.
Die FDP hat die Vorlage aller Akten, E-Mails und weiterer Dokumente zum Rolling-Stones-Konzert 2017 im Hamburger Stadtpark beantragt. Der Senat solle der Bürgerschaft „unverzüglich sämtliche“ Dokumente vorlegen, die im Zusammenhang mit dem Konzert stünden, heißt es in dem Antrag. „Insbesondere“ sollten Unterlagen vorgelegt werden, in denen es um die „Bereitstellung von Sonderkartenkontingenten … sowie deren Weitergabe“ gehe.
Wie berichtet, hatte der damalige Nord-Bezirksamtsleiter Harald Rösler (SPD) 100 Gratiskarten und 300 reservierte Kaufkarten nach eigenem Gutdünken an Mitarbeiter, Parteifreunde, Senatsmitglieder und Abgeordnete verteilt. Ursprünglich soll der Bezirk sogar 300 Gratiskarten vom Veranstalter gefordert haben – für „Freunde des Hauses“. Die entsprechende E-Mail dazu liegt dem Abendblatt vor.
Rolling Stones Affäre: Staatsräte im Visier der Staatsanwaltschaft
Die Staatsanwaltschaft hat gegen Dutzende Personen ermittelt, auch Staatsräte, Mitarbeiter des Veranstalters FKP Scorpio und den SPD-Fraktionschef der Bezirksversammlung Nord, Thomas Domres. In den Verfahren geht es unter anderem um den Verdacht der Bestechung, Bestechlichkeit oder Vorteilsannahme. Die Staatsanwaltschaft vermutet wohl, dass der Bezirk den Park aufgrund der Gratiskarten deutlich günstiger als üblich an die Rolling Stones vergab. Inzwischen gibt es sieben Anklagen, unter anderem gegen die beurlaubte Staatsrätin Elke Badde (SPD).
Um eine Aktenvorlage zu erzwingen, sind 20 Prozent der Stimmen der 121 Bürgerschaftsabgeordneten nötig. Die FDP kommt nicht auf die nötige Anzahl, hofft aber wohl auf Unterstützung durch die CDU, mit der zusammen das nötige Quorum erreicht würde. Hintergrund des Antrags ist eine aus FDP-Sicht ausweichende Antwort des Senats auf eine Anfrage des Fraktionschefs Michael Kruse. „Die miserable Informationspolitik des rot-grünen Senats in Sachen Rolling Stones ist nicht länger hinnehmbar“, sagte Kruse dem Abendblatt. Es gehe um die Glaubwürdigkeit von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und des Senats.
Freikarten auch an Senatsmitglieder?
Tschentscher war zur Zeit des Konzerts als Finanzsenator für die Kontrolle der Bezirke zuständig, Vorgesetzter der angeklagten Staatsrätin Badde und Chef der SPD Nord. Obwohl auch viele Senatsmitglieder mit Gratis- oder Vorzugskarten beim Konzert waren, will Tschentscher erst im November 2017, also lange nach dem Konzert, aus den Medien von den Vorgängen erfahren haben.
Auf die FDP-Frage, wer Mails mit dem Angebot von Karten erhalten habe, antwortet der Senat nun, ihm sei ein Verteiler nicht bekannt. Womöglich hofft die FDP, per Aktenvorlage an die Adressaten zu kommen. Sollte darin auch Tschentscher auftauchen, könnte er ein Glaubwürdigkeitsproblem bekommen. Laut Senatsantwort hat auch Kultursenator Carsten Brosda (SPD) das Konzert mit seiner Frau auf Einladung des Veranstalters besucht. „Die Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen gehört zur regelhaften Aufgabe des Kultursenators“, so der Senat.
Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) habe das Konzert „privat besucht und die Eintrittskarten privat erworben“.