Hamburg. Schulsenator stellt Statistik vor: In 27 Prozent der Schülerfamilien ist Deutsch nicht die Hauptsprache.

An den 191 staatlichen Hamburger Grundschulen sind erstmals die Schüler mit Migrationshintergrund leicht in der Mehrheit: Sie stellen exakt 50 Prozent der Schüler und Schülerinnen (Vorjahr: 47,7), während 49,7 Prozent keinen Migrationshintergrund haben. Für 0,3 Prozent der Schüler konnte diese Frage nicht beantwortet werden. Das geht aus der Schuljahresstatistik hervor, die Bildungssenator Ties Rabe (SPD) am Dienstag im Rathaus vorgestellt hat.

„Das wird eher noch zunehmen“, sagte Rabe, schließlich wachse der Ausländeranteil in der Stadt insgesamt langsam, aber stetig. Da unter „Migrationshintergrund“ nicht nur Kinder fallen, die selbst nicht in Deutschland geboren sind oder keine deutsche Staatsangehörigkeit haben, sondern auch solche, bei denen nur ein Elternteil aus dem Ausland stammt, würden allerdings auch „Kinder von Schweizer Diplomaten“ in diese Kategorie eingeordnet, so Rabe.

Die „viel wichtigere Statistik“ sei für ihn daher diejenige zu den in der Familie gesprochenen Sprachen, sagte der Senator. Demnach haben – diesmal über alle Schulformen betrachtet – 27 Prozent der Hamburger Schüler eine nicht-deutsche Familiensprache. Im Schuljahr 2010/2011 lag dieser Anteil noch bei 23 Prozent. „Das ist eine wachsende Herausforderung für die Hamburger Lehrer und Lehrerinnen“, so Rabe.

Wachsender Anteil an Kindern mit Sprachproblemen

Die fünf häufigsten nicht-deutschen Familiensprachen sind Türkisch (4,8 Prozent /9385 Schüler), Arabisch (3,0/5936), Russisch (2,4/4.781), das in Afghanistan gesprochene Dari (1,9/ 3.816) und Polnisch (1,7/ 3.272).

Wie viele dieser Schüler tatsächlich sprachliche Probleme haben, sei nicht erfasst, sagte Rabe. Aber bei den 4,5-Jährigen-Untersuchungen, bei denen die Schulfähigkeit der Kinder noch vor der Einschulung geprüft wird, gebe es einen wachsenden Anteil an Kindern mit Problemen. Rund ein Sechstel von ihnen wäre ohne weitere Förderung schon in der ersten Klasse überfordert, sagte Rabe. Er kündigte an, dass man die Förderung noch intensiveren werde: „Wir wollen noch besser werden.“

Nach Ansicht von FDP-Fraktionschefin Anna von Treuenfels-Frowein ist das auch nötig: „Jeder Hamburger Schüler muss über gute Deutschkenntnisse verfügen, denn die deutsche Sprache ist der Schlüssel für erfolgreiche Integration und schulischen Erfolg.“ Angesichts des Höchststandes an Schülern, die zu Hause wenig oder gar kein Deutsch sprechen, „brauchen wir deutlich mehr Engagement bei der Sprachförderung“, sagte Treuenfels-Frowein. „Wichtig ist es, dabei auch die Eltern zu erreichen. Denn sie sind dafür verantwortlich, welche Sprache zu Hause gesprochen wird.“

An 65 Schulen mehr als 70 Prozent Migrantenkinder

Verschärfend komme noch hinzu, dass die Zahl der Schüler mit Migrationshintergrund in der Stadt extrem ungleich verteilt ist, sagte AfD-Fraktionschef Alexander Wolf. An 65 Schulen liege ihr Anteil bereits bei mehr als 70 Prozent. „Die dramatischen Folgen und langfristigen Gefahren für die Zusammensetzung unserer Stadtgesellschaft wollen nur wenige realistisch sehen“, so Wolf.

Die Schulstatistik sei Ausdruck eines sozial gespaltenen Bildungswesens, meint Sabine Boeddinghaus, Fraktionschefin der Linkspartei: „Weniger als eine Lehrkraft mehr pro Schule – das stopft nicht einmal die Löcher, die es am dringendsten nötig hätten. Der Senator sonnt sich in steigenden Zahlen, die wirklichen Herausforderungen spricht er aber nicht an, und die angeblichen Qualitätssteigerungen kann er nicht nachweisen."

Birgit Stöver (CDU) warf Rabe vor, beim Schulbau hinterherzuhinken: „Eine vorausschauende Schulentwicklungsplanung, die wir seit Jahren einfordern, könnte Abhilfe schaffen. Auch eine konsequente Unterstützung der Schulen in privater Trägerschaft, wie der katholischen Schulen, wäre ein Baustein zu mehr und grundgesetzlich verankerter Schulvielfalt. Die Schulstandorte nun aber zu vergrößern und sogar die Klassengrößen zu erhöhen, ist sicherlich nicht der richtige Weg.“

Mehr Schüler und Lehrer

An den staatlichen allgemeinbildenden Schulen ist die Zahl der Schüler im letzten Jahr um 2309 auf 195.833 gestiegen, die der Lehrer um 243 auf 15.668 und damit auf einen neuen Höchststand. Innerhalb von zehn Jahren sei die Schülerzahl damit um 17.033 oder um 9,5 Prozent gestiegen, die der Lehrer um fast 27 Prozent, sagte Rabe.

Er gehe von einem weiteren Wachstum aus und erwarte bis 2024 rund 20 Prozent mehr Erstklässler. Das entspreche 35 bis 40 neuen Grundschulen, von denen aber wohl nur maximal ein Drittel neu gebaut werde, so Rabe. Den Großteil werde man über Erweiterungen auffangen.

Verhältnis Schüler/Lehrer wird besser

Die Relation von Pädagogen und Schülern an den staatlichen allgemeinbildenden Schulen hat sich von 13,7 auf 12,3 Schülern pro Pädagoge verbessert, so Rabe. Die beste Personalausstattung hätten die Stadtteilschulen, in denen ein Pädagoge im Schnitt 10,8 Schüler betreue, gefolgt von den Grundschulen (1:12,4) und den Gymnasien (1:14,9).

Rabe betonte erneut, dass die Erhöhung der Pädagogenzahl auch genutzt wurde, um die Klassengrößen zu reduzieren: Grundschulen in sozial benachteiligten Stadtteilen hätten im Schnitt 17,9 Schüler pro Klasse, alle anderen Grundschulen 22,3. Stadtteilschulen in den Klassenstufen 5/6 kämen auf 22,6 und in den Klassen 7 bis 10 auf 24,4 Schüler pro Klasse, die Gymnasien im Durchschnitt auf 26,4 Schüler pro Klasse.

Ganztagsbetreuung

Alle Hamburger Grundschulen bieten mittlerweile kostenlose Ganztagsangebote. 54.244 Schüler wurden dafür angemeldet, 2100 mehr als im Vorjahr. Die Teilnahmequote stieg von 82,7 auf 83,9 Prozent. 29.972 oder 46,4 Prozent der Kinder nutzen zudem die Ganztagsbetreuung in den Ferien.

Schulabschlüsse

Die Zahl der Abiturienten ist erneut leicht gefallen, vom Höchststand 9420 (Schuljahr 2015/16) auf 9032. Von 17.275 Schulabgängern im letzten Jahr machten damit 52,3 Prozent Abitur. 806 Schüler (4,7 Prozent) erlangten die Fachhochschulreife, 3209 (18,6 Prozent) den Realschulabschluss und 3238 (18,7 Prozent) den Hauptschulabschluss. 990 (5,7 Prozent) verließen ohne Schulabschluss die allgemeinbildenden Schulen, etwas mehr als im Vorjahr.

Flüchtlinge

Die Zahl der Schüler in den besonderen Klassen für Flüchtlinge und Zugewanderte sinkt laut Schulstatistik weiter deutlich, in diesem Schuljahr um 1700 auf 4557. Das sind knapp 40 Prozent weniger als beim Höchststand im Schuljahr 2016/17. So besuchen insgesamt 2968 Schüler die Basis- und Internationalen Vorbereitungsklassen der staatlichen allgemeinbildenden Schulen. Weitere 1589 Schülerinnen und Schüler besuchen eine Berufsschule.

Gastschüler

Die Zahl der Gastschüler an staatlichen Hamburger Schulen aus Schleswig-Holstein ist erneut deutlich von 2035 auf 2529 gestiegen. Die zweitgrößte Gruppe stammt aus Niedersachsen (521 Schüler, 2017/18: 529). Hinzu kommen weitere 2117 Gastschüler an den staatlichen Berufsschulen.