Hamburg. Mehr als die Hälfte des ersten regulären Kurses zur Ausbildungsvorbereitung für Migranten hat jedoch bislang keine Berufsperspektive.

Der heute 21 Jahre alte Dlovan Osey verließ 2015 seine Heimatstadt al-Hasaka im Nordosten des kriegsgeschüttelten Syrien und kam allein über die Balkanroute nach Hamburg. Nach einer zweijährigen Ausbildungsvorbereitung speziell für Migranten (AvM-Dual) hat Osey den erweiterten Hauptschulabschluss mit der Note 1,0 geschafft und ist heute Auszubildender bei Elektro Schmelzer, einem Handwerksbetrieb in Eimsbüttel.

„Dlovan ist pünktlich, nie krank und wissbegierig. Den muss man auf der Baustelle nie suchen“, lobt Meister ­Stefan Schmelzer den jungen Syrer. Aber entscheidend dafür, dass die Wahl auf Dlovan Osey als Azubi fiel, sei gewesen, dass „er als Mensch bei uns reinpasst“.

Beruf des Pflegeassistenten beliebt

Der junge Flüchtling aus Syrien ist einer von 340 Teilnehmern des Bildungsgangs AvM-Dual, die anschließend in eine reguläre Ausbildung wechseln konnten. Außer den Handwerksberufen sind die Berufe Gesundheits- und Pflegeassistent sowie sozialpädagogischer Assistent besonders beliebt.

AvM-Dual ist ein Bildungsgang, der 2016 zum ersten Mal als reguläres und verpflichtendes Angebot für alle neu zugewanderten Flüchtlinge im Alter zwischen 16 und 18 Jahren eingeführt wurde. Er wendet sich also an die Jugendlichen, die noch schulpflichtig, aber zu alt für eine allgemeinbildende Schule sind. An drei Tagen der Woche besuchen die jungen Flüchtlinge eine Berufsschule, auf der sie vor allem die deutsche Sprache lernen. An zwei Tagen absolvieren sie ein Praktikum in einem Betrieb. Dabei geht es einerseits darum, passende Tätigkeitsfelder auszuprobieren, und andererseits darum, den Berufsalltag in Deutschland kennenzulernen.

1299 Absolventen im Kurs

Insgesamt haben 1299 Jungen und Mädchen den AvM-Kurs absolviert. Für fast die Hälfte, 44,3 Prozent (575 Schülerinnen und Schüler), ging es danach weiter, sie fanden einen Anschluss. Mehr als ein Viertel, 26,2 Prozent (340 Schüler), hat eine reguläre Ausbildung begonnen. Die schulischen Leistungen von 160 Teilnehmern (12,3 Prozent) waren so gut, dass sie auf die Oberstufe einer Stadtteilschule oder eines Gymnasiums mit der Perspektive Abitur wechseln. Noch einmal 5,8 Prozent (75 Schüler) haben einen Job gefunden.

„Dass rund ein Viertel der Jugendlichen in eine berufliche Ausbildung wechselt, ist ein sehr guter Wert. Das ist ein schöner Erfolg für die Jugendlichen. Junge Geflüchtete, die vor zwei Jahren kaum Deutsch sprechen konnten, sind nun auf dem Weg ins Arbeitsleben“, sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD). Das Ergebnis sei eine „großartige Gemeinschaftsleistung der berufsbildenden Schulen, der Jugendberufsagentur sowie der Partner in den Betrieben“.

Mentorenprinzip mit festen Ansprechpartnern

Sandra Garbade, Geschäftsführerin des Hamburger Instituts für berufliche Bildung (HIBB), sieht als einen Schlüssel für den Erfolg an, dass die Schüler stets die gleichen Ansprechpartner haben. „Am Anfang geht es für die Jugendlichen darum, einen Landeplatz zu ­finden, einen Ort, an dem sie sich wohlfühlen. Bei AvM-Dual gilt das Mentorenprinzip mit festen Ansprechpartnern“, sagte Garbade. Auch nach dem Ende von AvM-Dual bleibe der Kontakt zu Schülern vielfach bestehen.

Die Kehrseite des Erfolgs: Mehr als die Hälfte der AvM-Dual-Schüler, 55,7 Prozent, hat keine Anschlussperspektive. Ein Viertel aller Abgänger, 24,7 Prozent, wechselt in weitere berufsvorbereitende und weiterqualifizierende Maßnahmen der Agentur für Arbeit. 19,2 Prozent haben ein Beratungsangebot der Jugendberufsagentur in Anspruch genommen, während sich immerhin 11,9 Prozent – mehr als jeder Zehnte – der Beratung entzogen.

Kritik von der CDU

„Wenn nur 26,2 Prozent der 1299 Absolventen eine Ausbildung beginnen, ist das äußerst bescheiden. Vor allem, da viele Unternehmen verzweifelt Nachwuchs suchen. Hier muss der Senat nachsteuern“, sagte Franziska Rath, flüchtlingspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion. „Was der Senator bei diesem Projekt zu jubeln hat, ist mir völlig unklar. Der Zeitraum des Lernens ist zu kurz und der Sprachunterricht zu wenig“, sagte Linke-Bürgerschaftsfraktionschefin Sabine Boeddinghaus.