Hamburg. Liberale wollen weniger Ausschüsse und einen wissenschaftlichen Dienst, im Gegensatz zu anderen aber kein Vollzeitparlament.
Die FDP fordert eine umfassende Reform der Hamburger Bürgerschaft – spricht sich aber gegen die Umwandlung in ein Berufsparlament aus. "Die derzeitige Struktur eines Feierabendparlaments ist in der Tat nicht mehr zeitgemäß", sagte FDP-Fraktionschefin Anna von Treuenfels-Frowein dem Abendblatt. "Die Lösung dieses Problems liegt aber nicht in der ständig wiederholten Klage mancher Abgeordneter über zu starke Belastungen und dem Ruf nach dem Vollzeitparlament." Die Bürger würden die Einrichtung "teurer Vollzeitstrukturen" kaum nachvollziehen können, die FDP sei überdies für einen "schlanken Staat", so die Fraktionschefin.
Um die Situation für die Abgeordneten dennoch zu verbessern, müsse es allerdings wesentliche Veränderungen geben. So müsse die Zahl der Ausschüsse deutlich reduziert werden. "Nur Hamburg und das 17-Millionen-Einwohner-Land Nordrhein-Westfalen leisten sich ganze 25 Ausschüsse und Unterausschüsse", so Treuenfels-Frowein. "Wir sollten nicht nur die Zusammenlegung von Gesundheits- und Sozialbehörde anstreben, sondern auch die der sie kontrollierenden Ausschüsse. Ebenso könnten Umweltbehörde und -Ausschuss mit dem Feld Stadtentwicklung zusammengelegt werden. Vier Ausschüsse für Inneres, Sport, Verfassung und Bezirke sowie Bürgerschaftsstärkung erscheinen uns ebenso überdimensioniert wie fünf im Finanzbereich", sagte die FDP-Politikerin. "Die arbeitsintensive Ausschussarbeit könnte durch Fusion und Verschlankung deutlich effizienter werden."
Wissenschaftlicher Dienst als Entlastung
Zweiter Vorschlag der Liberalen ist die Schaffung eines wissenschaftlichen Dienstes. "Der arbeitet in elf Ländern den Abgeordneten zu, mindestens mit rechtlicher Expertise", sagte Treuenfels-Frowein. "Im Bundestag erhalten die Abgeordneten über den wissenschaftlichen Dienst darüber hinaus gehende Recherchen. Wissen ist Macht, das gilt auch für gute vorbereite Parlamentsarbeit."
Hamburg solle "Abgeordnetenrechte stärken, ohne die Parlamentarier in Vollzeitpolitiker zu verwandeln", so die FDP-Politikerin. "Die Nähe des Teilzeitparlamentariers mit erhaltenem privaten Berufsumfeld zu den Alltagsproblemen der Bürger ist gerade in der Metropole mit kurzen Wegen ein hohes Gut. Das sollten wir nicht über Bord werfen, sondern die Professionalisierung der Teilzeitarbeit der Parlamentarier vorantreiben."
Grüne lieferten Anstoß zur Debatte
Die Grünen hatten sich zuletzt für eine Umwandlung der Bürgerschaft in ein verkleinertes Vollzeitparlament ausgesprochen. Auch in SPD und CDU gibt es viele Anhänger eines solchen Schritts, da die Belastung der Abgeordneten deutlich zugenommen habe und immer weitreichendere Entscheidungen gefällt werden müssten – etwa über Milliardengeschäfte wie den Verkauf der HSH Nordbank oder den Kauf der Fernwärme.
Bisher gibt es in der Bürgerschaft 121 Abgeordnete, die neben ihrem Mandat ihren Berufen nachgehen. Sie bekommen in Hamburg daher mit 2833 Euro pro Monat die niedrigste Diät aller Landtage. Bei einer Professionalisierung müssten die Diäten deutlich steigen, zugleich würde die Zahl der Abgeordneten wohl sinken. Ob all das sinnvoll wäre und wie es mit dem Hamburger Wahlrecht vereinbart werden könnte, darüber wollen die Fraktionen erst in der kommenden Legislaturperiode intensiver beraten.