Hamburg. Nach Dauerstaus schlägt die Opposition bessere Koordination, Dreischichtenbetrieb und Sanktionen für Baufirmen vor.

Wer in der vergangenen Woche in der Innenstadt unterwegs war, womöglich noch im Auto, der brauchte ein Gemüt wie ein Yogi oder eine Lebenseinstellung wie ein Faultier, um nicht durchzudrehen. Ausgerechnet zum Ferienende schien Hamburg zugepflastert mit Baustellen und verstopft bis in viele Nebenstraßen. Hier werden die Straßen Rödingsmarkt, Graskeller, Stadthausbrücke, Axel-Springer-Platz und Große Bleichen zeitgleich umgebaut. Dort wird an der Billhorner Brückenstraße vor den Elbbrücken eine neue Fernwärmeleitung verlegt. Und das niemals endende Gewerkel vor dem Dammtorbahnhof hat sich offenbar in eine Dauerausstellung „Baukunst im öffentlichen Raum“ verwandelt.

Die zuständige Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) bittet zwar um Geduld – denn schließlich seien die Instandsetzungen und Umbauten nötig. Auch habe man auf die Verantwortlichen hingewirkt, an der Billhorner Brückenstraße bitte etwas zügiger zu machen. Der Opposition aber reicht das nicht.

Hamburg ist „Deutscher Staumeister“

Die CDU hat jetzt Konsequenzen aus den massiven Behinderungen gefordert – und einen Bürgerschaftsantrag für eine bessere Koordinierung und ein besseres Management der Baustellen in der Stadt eingebracht. „Die unerträgliche Staubelastung und die mangelnde Baustellenkoordinierung kostet die Hamburgerinnen und Hamburger viel Zeit, Geld und Nerven“, sagte CDU-Verkehrspolitiker Dennis Thering. „Auch die Umweltbelastung ist durch das staubedingte ständige Anfahren und Abbremsen extrem hoch.“ Mit 11.768 Staustunden im vergangenen Jahr sei Hamburg „Deutscher Staumeister“, so Thering.

Es sei zwar richtig und wichtig, „dass die Straßeninfrastruktur in unserer Stadt instand gehalten wird, und somit sind Baustellen auch nicht zu vermeiden“. Die „aktuell chaotische Baustellenplanung und -durchführung ist hingegen nicht zu akzeptieren“.

CDU schlägt Sechs-Punkte-Plan vor

In ihrem Antrag schlägt die CDU sechs Punkte für eine Optimierung der Baustellenplanung vor. So soll erstens ein „Bonus-Malus-System“ eingeführt werden, im Zuge dessen Baufirmen bei Verzögerungen Vertragsstrafen zahlen und bei schnellerer Fertigstellung mehr Geld bekommen. Zweitens soll auf Straßenbaustellen „regelhaft“ im Zwei- oder Dreischichtenbetrieb gearbeitet werden. Drittens, so die CDU, sollen die Ampeln auf Ausweichstrecken so angepasst werden, dass der Verkehr dort besser fließt, und es soll dort auch besonders rigoros gegen Zweite-Reihe-Parker vorgegangen werden.

Viertens sollen Feuerwehr und Rettungsdienste in die Baustellenkoordinierung einbezogen werden. Fünftens sollen auch die Erwägungen von „Eisenbahnverkehrsunternehmen“ bei der Planung berücksichtigt werden. Und sechstens soll der Senat zusammen mit dem Bund und den Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein einen Baustellenkoordinator für die Metropolregion einsetzen – und ihn gut ausstatten und mit genügend Kompetenzen ausstatten, so der CDU-Antrag. „Durch all diese Maßnahmen würde die Staubelastung deutlich reduziert und die Lebensqualität der Hamburgerinnen und Hamburger deutlich erhöht werden“, glaubt CDU-Verkehrspolitiker Thering, der den Antrag federführend formuliert hat.

Behörde sieht viele Punkte bereits umgesetzt

Die Wirtschafts- und Verkehrsbehörde weist die Kritik zurück – und hält den Antrag der Opposition für überflüssig. „Richtig ist, dass eine gute In­frastruktur ein wirksames Mittel gegen Staus ist“, sagt Behördensprecherin Susanne Meinecke. „Gerade deshalb investiert Hamburg, um die Straßen instand zu halten, baut um, wo es aus verkehrspolitischer Sicht für die Mobilität der Zukunft sinnvoll ist, und baut aus, wo für Wirtschaft und Pendler leistungsstarke und effiziente Transit- und Einfallstraßen notwendig werden, weil die Verkehrsbelastung stetig steigt.“

Allerdings könne man sich in der Behörde „nicht erklären, wie die Antragsteller darauf kommen, dass die einzeln formulierten Punkte nicht längst Alltag sind“, so Meinecke. Bereits heute werde ein Bonus-Malus-System angewandt, wo es „möglich und sinnvoll“ sei. Allerdings gingen die Baufirmen aufgrund ihrer derzeit starken Auslastung „meist auf Beschleunigungsmaßnahmen und Optimierungen nicht mehr ein“, die Meinecke.

Schicht- und Nachtarbeiten nicht überall möglich

Andere Punkte gehörten ebenfalls „längst zum Alltag“, auch etwa „die Einbindung der Eisenbahnunternehmen, der Feuerwehr oder das Mitplanen der Ampeln“. Schichtbetriebe und Nachtarbeiten seien auch aufgrund von Lärmschutz nicht überall möglich. Es gebe sie aber dort, „wo Emissionsrecht und der Schutz der Arbeitnehmer auf den Baustellen“ dies zuließen, so die Behördensprecherin. „Der Antrag zeigt, dass die Komplexität deutlich unterschätzt wird und dass es trotz aller Anstrengung nicht möglich ist, Baustellen unsichtbar zu machen.“

Letzteres kann vermutlich jeder bestätigen, der in den vergangenen Tagen in die City gefahren ist: Die Baustellen waren allerorten gut sichtbar. Und in die Innenstadt hinein- und wieder aus ihr herauszukommen – das konnte man durchaus als eine Aufgabe von hoher Komplexität verstehen.