Hamburg . Rede-Schlacht um Verkehrspolitik und die Frage, wo der Stau ist, wer ihn aus- und auflöst. “Nächster Auto-Gipfel im Gefängnis.“
Kaum irgendwo geht es emotionaler und bisweilen auch aggressiver zur Sache als im Straßenverkehr – vor allem in Hamburg. Das belegen nicht nur Studien zum angespannten Verkehrsklima, es zeigte sich bei der Debatte über die rot-grüne Verkehrspolitik auch in der Bürgerschaft. Zwar hatte die FDP das Thema mit dem versöhnlichen Untertitel „Miteinander unterwegs statt gegeneinander ausgespielt“ angemeldet. Im Plenum wurde dann aber doch vor allem gegeneinander gekeilt und gekeift.
Die rot-grüne Verkehrspolitik sei „ideologisch“ und verblendet, sagt FDP-Verkehrspolitiker Ewald Aukes. „Diesel-Durchfahrtsbeschränkung, schlechtes Baustellenmanagement, unattraktives ÖPNV-Angebot in Kombination mit teuren Park-and-Ride-Anlagen – dieser Senat handelt gegen jede Vernunft“, so Aukes. Es gebe weder ein Verkehrsleitsystem, noch ein funktionierendes Baustellenmanagement, und für den wachsenden LKW-Verkehr habe der Senat auch kein Konzept.
CDU: Dieselfahrverbote Wortbruch der SPD
„Hamburg ist Staumeister und Sie wollen sich mit der Realität nicht auseinandersetzen“, sagte CDU-Verkehrspolitiker Dennis Thering in Richtung Rot-Grün. Das Verkehrsklima sei schlecht, es würden Parkplätze vernichtet, und es gebe keine länderübergreifende Baustellenkoordination – und die Park+Ride-Gebühren schreckten HVV-Nutzer ab. Die Dieselfahrverbote seien ein Wortbruch der SPD, die diese lange ausgeschlossen hatte. Zweitens könnten sie gar nicht kontrolliert werden. Drittens führten sie an der Max-Brauer-Allee dazu, dass die Diesel „2,7 Kilometer Umweg fahren und an acht Ampeln stehen müssen“, so Thering. AfD-Verkehrspolitiker Detlef Ehlebracht sagte, für die „gereizte Stimmung“ sei die rot-grüne Politik verantwortlich. „Hamburg wird Fahrradstadt, koste es, was es wolle,“, so Ehlebracht, „sei es auch der soziale Frieden“.
Linken-Verkehrspolitikerin Heike Sudmann warf FDP und CDU vor, sie verfolgten eine „Verkehrspolitik aus den 80er-Jahren des letzten Jahrtausends“. Für ein besseres Miteinander sei auch mehr Gerechtigkeit bei der Verteilung der Verkehrsflächen nötig, so Sudmann. „Ein durchschnittlich mit 1,4 Personen besetztes Auto benötigt bei Tempo 50 pro Person im Vergleich zu einer nur zu 20 Prozent ausgelasteten Straßenbahn das 15-fache und im Vergleich zu einem Fahrrad die 3,5-fache Straßenfläche.“ Auf die aggressiven Zwischenrufe von männlichen Abgeordneten reagierte Sudmann immer wieder mit fast schon mütterlicher Ironie: „Mensch, was ist denn heute mit Ihnen los, Herr Kruse?“
SPD: Rot-Grün sucht stets nach „vernünftigem Ausgleich“
SPD-Verkehrspolitikerin Dorothee Martin betonte, dass die rot-grüne Verkehrspolitik „Schwerpunkte setzt, aber kein Verkehrsmittel ausgrenzt“. Man suche stets nach einem vernünftigen Ausgleich. Hamburg baue neben dem Radverkehr wie keine andere Stadt in Deutschland die Bahnstrecken aus, saniere Straßen und vernetze Verkehrsangebote besser.
Der Vorwurf der Parkplatzvernichtung sei nicht richtig, da parallel zum Wegfall von Parkplätzen auch Tausende neu entstünden, sagte Martin und fragte in Richtung Opposition: „Wo sind denn bitte Ihre Alternativkonzepte? Sie meckern ohne Plan, das brauchen die Menschen in dieser Stadt am wenigsten.“
„Nächstes Treffen mit den Automanagern im Gefängnis“
Grünen-Verkehrspolitiker Martin Bill betonte, dass dieser Senat den Sanierungsstau auf den Straßen auflöse, den auch der CDU-Senat mit verursacht habe. So seien 2016 bereits 151 Kilometer Straße saniert worden. Die Opposition könne aber doch nicht ernsthaft einerseits bessere Straßen fordern und andererseits über Baustellenstaus klagen. Der Unterschied in der Verkehrspolitik sei klar, so Bill: „Sie möchten, dass die Autos von A nach B kommen, ich möchte, dass die Menschen von A nach B kommen.“
Linken-Umweltpolitiker Stephan Jersch forderte in der Debatte über die Dieselfahrverbote „klare Töne“ gegen die Automobilindustrie, die mit dem Abgasbetrug einen Großteil der Probleme verursacht habe. Die „Fahrverbötchen“ seien Symbolpolitik, aber immerhin ein Signal. Die Auto-Manager müssten endlich zur Rechenschaft gezogen werden. Der nächste Autogipfel könne ja „im Gefängnis“ stattfinden.