Hamburg. Die Sozialsenatorin ist das jüngste Mitglied im rot-grünen Senat und hat eine rasante Karriere hingelegt.

Melanie Leonhard wollte nie Berufspolitikerin werden – doch nun ist sie die neue starke Frau an der Spitze der Hamburger SPD. Mit einer überwältigenden Mehrheit von 94,6 Prozent wurde sie am Sonnabend nach dem Wechsel von Olaf Scholz in die Bundespolitik als SPD-Landeschefin gewählt. Sie erhielt 317 von 335 Stimmen.

Die 40-Jährige ist mit drei Geschwistern in einfachen Verhältnissen in Hamburg-Wilhelmsburg aufgewachsen. „Ich habe viele Male gehört, was jemand nicht werden kann, der in Wilhelmsburg geboren ist - und das Ergebnis steht hier“, sagte sie kurz vor der Wahl in ihrer Bewerbungsrede für den Parteivorsitz.

Eine Frau mit viel Durchsetzungskraft

Leonhard hat eine rasante Karriere hingelegt: 2011 zog die Historikerin erstmals in die Bürgerschaft ein, wo sie sich bald als familienpolitische SPD-Fraktionssprecherin und als SPD-Obfrau im Untersuchungsausschuss zum Fall Yagmur einen Namen machte. 2013 war die drei Jahre alte Yagmur nach Misshandlungen durch ihre Mutter gestorben. Das Mädchen wurde von Jugendämtern betreut.

Im Herbst 2015 fiel schließlich die Wahl des damaligen Bürgermeisters Olaf Scholz (SPD) auf die Sozialexpertin, als er für den zur Bundesagentur für Arbeit wechselnden Sozialsenator Detlef Scheele eine Nachfolgerin suchen musste. War Leonhard doch bereits seit dem Jahr davor auch eine seiner Stellvertreterinnen an der Spitze der Hamburger SPD. Sie wird oft als unscheinbar und leise beschrieben - aber mit viel Durchsetzungskraft.

Bei ihrer Amtseinführung als Sozialsenatorin lobte Scholz die verheiratete Mutter eines dreijährigen Sohnes als „unglaublich engagierte und kompetente Fachpolitikerin“. Als Chefin der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, die 800 Mitarbeiter hat, ist Leonard auch für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständig. Immer wieder musste sie sich zudem mit Fällen von getöteten oder misshandelten Kindern befassen, die unter Aufsicht des Jugendamtes standen.

Leonhard ist das jüngste Mitglied im rot-grünen Senat

In der Behörde gilt sie als sehr gewissenhaft. Sie habe eine höfliche und respektvolle, aber gleichzeitig bestimmte und hartnäckige Art, heißt es. Trubel um ihre Person möge sie gar nicht, sei eher kamerascheu. Auch Oppositionspolitiker, die mit ihr lange in Ausschüssen zusammengearbeitet haben, sagen, dass sie die SPD-Politikerin als Mensch schätzen.

Vor ihrem Studium absolvierte Leonhard ein Freiwilliges Soziales Jahr in einem Krankenhaus, dachte zunächst darüber nach, Krankenschwester zu werden. Die Historikerin promovierte 2009 mit einer Arbeit über die Reeder- und Schiffbauerfamilie Rickmers. Von 2013 bis 2015 leitete sie die Abteilung Stadtgeschichte im Archäologischen Museum Hamburg. Mitglied in der SPD wurde sie bereits 1999. In ihrer Behörde ist zu hören, dass sie sich gerne Spiele der HSV-Handballer anschaut – selbst aber nicht gerne die Turnschuhe zum Sport schnürt.

Leonhard ist das jüngste Mitglied im rot-grünen Senat. Auch sie wurde als mögliche Bürgermeister-Kandidatin gehandelt. Doch die Familie war ihr wichtiger. „Wenn man einen Kindersitz auf dem Rücksitz hat, passen Personenschützer da nicht mehr gut daneben“, sagte sie dem Abendblatt. Dieses Problem hat Leonhard als Hamburger SPD-Vorsitzende nicht.