Hamburg. André Trepoll über den designierten Nachfolger von Olaf Scholz und neue Chancen für die Hamburger CDU.
CDU-Fraktionschef André Trepoll spricht im Abendblatt-Interview über den Bürgermeisterwechsel, die CDU-Spitzenkandidatur, wichtige Wahlkampfthemen und die Vereinbarkeit von Politik und Familie.
Herr Trepoll, die SPD wechselt den Bürgermeister aus, müsste die CDU nicht jetzt auch sagen, mit wem sie bei der Wahl 2020 antreten will?
André Trepoll: Nein, wir haben einen guten Fahrplan, und der passt auch jetzt immer noch perfekt. Die Hamburger lernen jetzt erst mal den neuen Bürgermeister kennen. Wir stellen dann im Herbst unseren Spitzenkandidaten vor, das ist genau der richtige Zeitpunkt, 15 Monate vor der Bürgerschaftswahl. Außerdem ist es nicht sicher, ob Herr Tschentscher 2020 als SPD-Spitzenkandidat antritt.
Davon gehen bisher ja alle aus. Sind Sie froh, dass Olaf Scholz weg ist?
Darauf hatte ich ja keinen Einfluss. Ich war allerdings sehr überrascht, wie chaotisch der Übergang lief. Das war für Herrn Tschentscher ein völlig verpatzter Start. So ist allen klar geworden, dass er nur dritte Wahl ist, eine Notlösung der SPD. Hinzu kommt, dass er nun eine einflussreiche Parteivorsitzende Leonhard und einen gut in der Partei verwurzelten Finanzsenator Dressel neben sich hat, der anders als Tschentscher selbst in allen Themen drin ist und schon angedeutet hat, dass er irgendwann selber Bürgermeister werden will. Da scheint es mir längst nicht ausgemacht, dass Herr Tschentscher 2020 kandidiert. Ich habe fast schon ein bisschen Mitleid mit ihm.
SPD-Fraktionschef Dressel hat gesagt, er habe sich wegen seiner Familie gegen das Bürgermeisteramt entschieden. Ist das für Sie plausibel?
Nur teilweise. Das Amt des Finanzsenators ist auch nicht halbtags zu erledigen. Ich denke, es gab mehrere Faktoren. Es dürfte auch daran gelegen haben, dass Olaf Scholz Sozialsenatorin Leonhard als Bürgermeisterin bevorzugt hat, die dann ebenfalls nicht wollte.
Sie sind in einer ähnlichen Lage wie Herr Dressel, sind etwa gleich alt, haben auch kleine Kinder. Haben Sie für sich schon geklärt, ob Sie trotzdem Bürgermeister werden wollen?
Eine abschließende Beurteilung habe ich dazu noch nicht getroffen, und natürlich geht es dabei nicht nur um einen selber. So eine Entscheidung betrifft ja die Lebensplanung der ganzen Familie.
Und für Gespräche unter Ehepartnern oder im Familienrat braucht man mehrere Jahre, um sich dann am Abend der Nominierung erst zu entscheiden? Das glaubt doch niemand.
Sie werden es nicht glauben, aber meine Frau und ich haben auch noch andere Themen. Die abschließende Entscheidung fällt man erst, wenn der richtige Zeitpunkt da ist. Und das ist im Herbst. Grundsätzlich finde ich, dass es, wie in anderen Berufen, auch in der Politik für Frauen und Männer möglich sein sollte, Spitzenpositionen und Familie zu vereinbaren. Alles andere wäre ein fatales Signal.
Bisher hieß es immer: Der Trepoll macht das, es will sonst ja niemand. Jetzt aber gibt es plötzlich eine Umfrage, bei der sich eine Machtoption für die CDU abzeichnet. Müssen Sie um die Kandidatur kämpfen?
Die Umfrage, bei der wir enorm auf die SPD aufgeholt haben, gibt uns einen richtigen Motivationsschub. Schon bei der Bundestagswahl hat die SPD in Hamburg massiv verloren. Und was die Kandidatur angeht, bleibe ich dabei: Der Landesvorsitzende Roland Heintze und ich werden der Partei im Herbst einen gemeinsamen Vorschlag machen.
Suchen Sie auch noch nach einer Frau für die Spitzenkandidatur?
Wir werden die Person aufstellen, die unsere Inhalte am besten in der Hamburger Öffentlichkeit vermitteln kann. Da spielen viele Dinge eine Rolle, aber nicht nur und nicht ausschlaggebend das Geschlecht. Wir führen derzeit viele Gespräche.
Was werden die großen Themen sein, mit denen Sie 2020 punkten wollen?
Ein wichtiges Thema wird die Bildungspolitik. Viele Menschen sind unzufrieden mit der Unterrichtsqualität, mit der Ganztagsbetreuung, aber auch mit dem Thema Inklusion. Auch die Qualität der Betreuung in den Kitas ist ein wichtiges Thema, ebenso wie die Stärkung der Sicherheit und die Bekämpfung des Linksextremismus. Wir fordern ein Ende der Roten Flora in der jetzigen Form. Es kann nicht sein, dass Menschen dort mit Steuergeld gefördert werden, die unser Grundgesetz ablehnen und von denen Gewaltexzesse wie bei G 20 mit organisiert werden. Auch beim Thema Wirtschaft läuft es in Hamburg nicht mehr rund. Es gibt ein Minuswachstum im Hafen, während der Umschlag bei der Konkurrenz wächst. Außerdem geht es um die Grundsatzfrage, wie Hamburg sich in den nächsten Jahren entwickeln soll, wie man Wachstum organisiert, ohne den grünen Charakter der Stadt zu gefährden.
Wie könnte das gehen?
Wir fordern, ausnahmsweise zusammen mit dem BUND, einen neuen Flächennutzungsplan zu erarbeiten und sich dabei viel enger mit dem Umland abzustimmen – auch beim Wohnungsbau. Die Metropolregion arbeitet nicht eng genug zusammen. Da muss sich viel verbessern.
Angeblich heißt es ja öfter aus dem Umland: Wir bauen doch nicht für Hamburg die Sozialwohnungen. Das sollen die Hamburger schön selber machen.
Da habe ich einen anderen Eindruck. Ich habe gerade mit den Bürgermeistern von Buchholz und Kaltenkirchen gesprochen. Es werden dort vor allem keine Sozialwohnungen gebaut worden, weil sie niemanden haben, der sie bauen könnte. In Hamburg gibt es diese Expertise.
Die Saga soll im Umland bauen?
Warum denn nicht? Um gemeinsame Ideen zu entwickeln, muss man natürlich miteinander reden.
Ein mögliches Wahlkampfthema haben Sie nicht genannt: den Verkehr. Hat die CDU da außer dem üblichen Gemecker über Staus und Baustellen nichts zu bieten? Oder wie lautet Ihr Konzept?
Wir meckern nicht, sondern machen viele konkrete Vorschläge. Grün-Rot ist für gute Argumente leider nicht empfänglich, hier wird bewusst auf ein ideologisches Gegeneinander Wert gelegt, schließlich haben die Grünen nur das Umkrempeln zur Fahrradstadt als eigenes Regierungsprojekt mit der SPD durchsetzen können. Klar ist, die Art der Fortbewegung wird sich mit der Digitalisierung und modernen Antriebskonzepten ändern, aber der Wunsch nach individueller Mobilität wird bleiben. Darauf werden wir noch vor dem Wahlkampf mit einem umfassenden Mobilitätskonzept die richtigen Antworten geben.
Die Zahl der Autos steigt immer weiter, aber es gibt kaum noch Parkplätze dafür. Wie will die CDU dieses Problem lösen?
Es war ein großer Fehler des SPD-Senates, die Stellplatzpflicht bei Neubauten abzuschaffen, nur um das Bauen etwas günstiger zu machen. Früher mussten für jede neue Wohnung durchschnittlich 0,8 Stellplätze errichtet werden. Das ist seit 2013 nicht mehr so. Angesichts des massiven Wohnungsbaus fehlen nun massenhaft Parkplätze. Deswegen plädieren wir für die Wiedereinführung der Stellplatzpflicht. Viele Menschen sind noch immer auf das Auto angewiesen. Rot-grüne Umerziehungsprogramme ändern das nicht.
Und wie wollen Sie die Probleme aktuell lösen? In manchen Stadtteilen gibt es längst mehr Autos als Parkplätze.
Was nicht zwingend über der Erde sein muss, sollten wir unter die Erde verlagern. In eng bebauten Stadtteilen müssen mehr Quartiersgaragen gebaut werden. Da muss die Stadt investieren, damit diese Form der individuellen Mobilität weiter möglich ist und ärgerliche Parkplatzsuche vermieden wird.
Das heißt aber, dass viele Autobesitzer künftig fürs Parken auch vor ihrer Haustür werden bezahlen müssen.
Ja, das ist dann auch vernünftig. Da werden auch viele sagen: Wenn es diese Möglichkeit gibt, dann nutze ich sie auch, bevor ich jeden Abend sechsmal um den Block fahren und am Ende womöglich falsch parken muss.
Die Grünen halten es heute für einen Fehler, G 20 mitten in der Stadt zugestimmt zu haben. Was sagen Sie?
Eines ist doch klar: Solange der Senat das Problem des Linksextremismus etwa in der Roten Flora nicht löst, sind solche Gipfel hier nicht mehr durchführbar. Wer solche rechtsfreien Räume duldet, kann nicht daneben solche Gipfel veranstalten. Wir haben vorher vor diesen Gewaltexzessen gewarnt – und mussten dafür sehr viel Kritik und Häme von SPD und Grünen einstecken.
Die grüne Zweite Bürgermeisterin Fegebank hat gerade gesagt, die CDU sei für sie kein Partner. Also hätte die CDU 2020 keine Machtoption.
Es ist doch gut, dass jeder wieder weiß, wofür die CDU in Hamburg steht. Wir wollen nicht den Grünen gefallen. Ich denke, alle Parteien außer AfD und Linkspartei sollten miteinander gesprächsfähig sein. Wenn Frau Fegebank am Ende lieber in die Opposition geht, ist das ihre Entscheidung. Die Grünen wären sicher besser beraten, wenn sie den Fusionsprozess mit der SPD stoppen würden.
Ist Schwarz-Grün 2020 möglich?
Das entscheidet erst mal der Wähler. Wir sind zu Gesprächen bereit.
Und Jamaika, also ein Dreierbündnis CDU, Grüne, FDP?
Auch das halte ich für möglich. Ich bin überzeugt, dass Hamburg 2020 bereit sein wird für einen politischen Neuanfang. Ich habe Lust drauf.