Hamburg . Olaf Scholz verabschiedet sich von Senatoren, Staatsräten und Mitarbeitern. Noch am Abend reiste er nach Berlin.
Ende einer Dienstzeit: Nach exakt 2564 Tagen hat Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sein Amt niedergelegt. Mit Wirkung von 24 Uhr gestern Nacht an hat der 59 Jahre alte Politiker seinen Rücktritt in einem Schreiben an Bürgerschafts-Präsidentin Carola Veit (SPD) erklärt, wie es die Verfassung vorsieht.
Ein kleines zeitliches Risiko ist dabei: Heute Mittag soll Angela Merkel (CDU) mit den Stimmen von Union und SPD erneut zur Bundeskanzlerin gewählt. Anschließend werden die Minister der Großen Koalition ernannt und vereidigt – darunter auch Scholz, der Finanzminister und Vizekanzler werden soll. Wenn nun Merkel keine Mehrheit im Bundestag erhielte, stünde Scholz ohne Job da... Allerdings gilt das als denkbar unwahrscheinlichster Fall.
Die Grünen-Senatoren kamen mit rot-grünen Berlinern
Für Scholz’ Verhältnisse eher ungewöhnlich verlief sein Abschied aus dem Senat einigermaßen emotional. Für Farbtupfer sorgte der Koalitionspartner von den Grünen bereits in der gemeinsamen Senatsvorbesprechung in einem Nebenraum des Senatsgeheges um kurz nach 9 Uhr. Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank überreichte Scholz eine grüne Torte, auf der die Aufschrift „In Hamburg sagt man Tschüs“ und das Grünen-Parteisymbol der Sonnenblume prangte. Um das Hamburger Senatsbündnis angesichts der Großen Koalition nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, wurden auch rote und grüne Berliner verteilt. Auch wenn sich Scholz in Berlin besser auskennen dürfte als die meisten Senatsmitglieder, erhielt er einen Berlin-Reiseführer zum Abschied.
Während sonst jeder Senator und jede Senatorin aktuelle Probleme und Themen ihrer Behörden vorträgt, entfiel dieser Punkt diesmal. Statt dessen folgte eine „allgemeine politische Diskussion“ über die Lage in Berlin und die neue Situation in Hamburg, wie es betont vage heißt. Nach der überraschenden Entscheidung des SPD-Landesvorstands für Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) als Scholz-Nachfolger gab es einiges zu besprechen.
„Ein eher wehmütiger Abschied“ für Scholz
Die eigentliche Senatssitzung in der Ratsstube, an der auch die Staatsräte teilnehmen, begann wie üblich. Zunächst wurde die mit vier Punkten doch recht überschaubare Tagesordnung abgearbeitet – darunter auch der Senatsbeschluss zum Personalzuwachs bei der Justiz. Dann ergriff Scholz das Wort, um sich bei Senatoren und Staatsräten für die gute Zusammenarbeit zu bedanken. Erneut bekräftigte der Bürgermeister, dass es für ihn „ein eher wehmütiger Abschied“ ist. „Die Zeit als Bürgermeister war nicht nur gut, sondern auch schön. Diese sieben Jahre waren die schönsten in meiner bisherigen Zeit als Politiker. Ich hätte gern weiter gemacht“, sagte Scholz, ohne allerdings zu vergessen hinzuzufügen, dass er sich andererseits auf die neue Aufgabe in Berlin freue.
Mit Tschentscher, Ties Rabe (Schule, SPD) und Frank Horch (Wirtschaft, parteilos) waren beim Abschied auch drei Senatoren anwesend, die von Beginn der Amtszeit von Scholz dabei waren. Dorothee Stapelfeldt (Stadtentwicklung) und Cornelia Prüfer-Storcks (Gesundheit), ebenfalls seit Jahren im Amt, waren wie auch Kultursenator Carsten Brosda (alle SPD) im Urlaub.
Katharina Fegebank führt jetzt den Senat – bis zur Wahl
Am Ende der kleinen Scholz-Rede gab es – sonst ein Sakrileg – kräftigen Beifall aus der Runde. Im Namen des Senats überreichte Fegebank dem Bürgermeister einen Blumenstrauß. Mit etwas Wehmut, wie die Grünen-Politikerin im Nachhinein bekannte, verabschiedete Fegebank Scholz und ermahnte den Sozialdemokraten „ja nicht Hamburg zu vergessen“. Einen Hauch von Sentimentalität gab es auch in der Landesregierung: Zur Erinnerung an die letzte Senatssitzung mit Scholz machten Senatoren und Staatsräte Selfies mit dem Bürgermeister...
Fegebank führt den rot-grünen Senat von heute an geschäftsführend bis zur Wahl von Tschentscher zum neuen Ersten Bürgermeister voraussichtlich am 28. März. Die Zweite Bürgermeisterin schreibt damit Hamburgische Geschichte: Zum ersten Mal in den Jahrhunderten des Stadtstaats steht eine Frau an der Spitze des Senats – wenn auch nur für zwei Wochen. Zum ersten Mal bekleidet auch ein Mitglied der Grünen diese Funktion, die allerdings keinerlei Macht beinhaltet. Weder verfügt Fegebank über die Richtlinienkompetenz, noch kann sie Senatoren ernennen oder entlassen.
Gegen 18 Uhr fuhr der Noch-Bürgermeister nach Potsdam
Um 15 Uhr verabschiedete sich Scholz von den Mitarbeitern im Rathaus. Rund 300 Männer und Frauen waren in den Großen Festsaal gekommen. Scholz, der sein Büro schon weitgehend aufgeräumt hat, traf sich am Nachmittag unter anderem mit Fegebank zu einem Vier-Augen-Gespräch. Gegen 18 Uhr machte sich Scholz auf den Weg nach Berlin, besser gesagt nach Potsdam, wo seine Frau Britta Ernst wohnt, Bildungsministerin in Brandenburg. Das Kapitel Hamburg hatte Scholz damit abgeschlossen.