Hamburg. Die CDU fordert die Stadt erneut auf, nach den Äußerungen von Schura-Chef Mustafa Yoldas und Ditib die Staatsverträge auszusetzen.
Der türkische Militärangriff auf die vor allem von Kurden bewohnte Stadt Afrin in Nord-Syrien führt auch in Hamburg zu Konflikten – und zu neuer Kritik an den Verträgen mit den muslimischen Gemeinden. Anlass sind Facebook-Postings einer Gruppe der türkischen islamischen Religions-Union Ditib und des Vorsitzenden des Rates der islamischen Gemeinschaften in Hamburg (Schura), Mustafa Yoldas.
Beide preisen in dem sozialen Netzwerk den Angriff der Erdogan-Truppen in Syrien mit teils religiös aufgeladenen und martialischen Worten und Bildern. Die Schura und Ditib sind zwei der wichtigsten Partner der Stadt in den 2012 mit den muslimischen Verbänden in Hamburg geschlossenen Verträgen, in denen man sich auf gemeinsame Wertegrundlagen und den Religionsunterricht verständigt hatte.
Schura-Chef: Zeit der „nationalen Einheit“
Schura-Chef Yoldas hatte bei Facebook zunächst nur in türkischer Sprache geschrieben: „Wer mich kennt, der weiß, dass Kriegshetze, billiges Heldentum und Draufgängertum nicht meinem Wesen entsprechen... Aber in Bezug auf die Afrin-Operation zu sehen, wer sich gegen unseren Staat, unser Volk, unsere Soldaten stellt und mit Schaum vor dem Mund bellt, bin ich trotz Dutzender Fehler der Regierung der Ansicht, dass man diese Operation unterstützen sollte. Gott möge unsere glorreiche Armee vor Schaden bewahren.“ Denn es sei eine Zeit der „nationalen Einheit“. Die „einzige Garantie für die türkisch-kurdische Brüderlichkeit“ sei die „islamische Glaubensbruderschaft“, so Yoldas weiter. „Nur wenn wir gegen den Imperialismus zusammen Widerstand leisten, haben wir eine Chance erfolgreich zu sein.“ Andernfalls würden „ausländische Mächte“ für viel Blutvergießen in dieser Region sorgen. Garniert war der Facebook Kommentar mit der Zeichnung eines Soldaten, der eine türkische Flagge hisst, der Nennung türkischer „Märtyrer“ und dem Spruch: „Einer stirbt, Tausende werden geboren.“
Auch eine Bergedorfer Ditib-Gruppe postete bei Facebook ihre Unterstützung für die Erdogan-Truppen und schrieb: „Möge Allah Dir bei einem würdigen Sieg beistehen.“
CDU fordert Konsequenzen
Die CDU forderte angesichts dieser Äußerungen das Aussetzen der Verträge mit den muslimischen Verbänden. „Mit schamloser Agitation und Gebeten für Erdogans Militäreinsatz gegen die Kurden in Syrien zeigen sowohl Ditib Nord als auch die Schura wieder einmal, wessen Geistes Kind sie sind“, sagte CDU-Fraktionschef André Trepoll. „Die Äußerungen von Herrn Yoldas sind inakzeptabel, mit seiner Hetze und Agitation für die Maßnahmen von Erdogan stellt er sich ins Abseits. Ditib geriert sich derweil weiter als verlängerter Arm Ankaras in Hamburg und Deutschland. Erneut wird gezielt Propaganda für Erdogan und Stimmung gegen unsere Werte gemacht. Mit unserem Verständnis der Trennung von Staat und Kirche bzw. religiösen Institutionen hat das nichts zu tun. Es ist mir unbegreiflich, wie der rot-grüne Senat mit diesen Partnern weiter kooperieren kann.“
Kritik kam auch von SPD und Grünen. „In einer auch hierzulande aufgeheizten Stimmung sollten sich Funktionsträger, gerade auch im religiösen Kontext, mehr denn je besonnen, ausgleichend und friedensstiftend äußern“, sagte SPD-Integrationspolitiker Kazim Abaci. „Eine Rhetorik, die Konflikte eher noch verschärft und Gräben vertieft, ist nicht akzeptabel.“
Senat geht auf Distanz zum Schura-Chef
Grünen-Religionspolitikerin Stefanie von Berg betonte, dass der Bundesparteitag der Grünen gerade „den Einmarsch der Türkei in Syrien für völkerrechtswidrig erklärt“ habe. „Die uns vorgelegten Äußerungen des Schura-Vorsitzenden sehen wir als äußerst problematisch an.“ Der Vertrag zwischen der Stadt und den Islamverbänden befasse sich jedoch ausschließlich mit dem Zusammenleben der Menschen in Hamburg. Das schließe „Auseinandersetzungen und unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich internationaler Entwicklungen nicht aus“.
Deutlicher auf Distanz ging der Sprecher von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und Senat Jörg Schmoll. Er rügte die Facebook-Postings der Vertragspartner deutlich. "Die Aussagen sind unangemessen in der Form und inhaltlich falsch", sagte Schmoll.