Hamburg. Während die Finanzkontrolleure die “große Richtung“ positiv beurteilten, gibt es in einzelnen Punkten teils scharfe Kritik.

Ungeplantes Wachstum beim Personal, zu große Schulden und Risiken außerhalb des Haushalts und die Sorge vor zu geringen Investitionen – der Hamburger Rechnungshof hat der Finanzpolitik des rot-grünen Senats in seinem Bericht „Monitoring Schuldenbremse“ zumindest in Teilen ein kritisches Zeugnis ausgestellt.

Im wichtigsten Punkt, nämlich der Frage, ob die Stadt von 2020 an ohne Neuverschuldung auskommen wird, steht die „Ampel“ des Rechnungshofs aber auf Grün: „Die große Richtung mit Blick auf die Schuldenbremse stimmt“, sagte Rechnungshof-Präsident Stefan Schulz. Entscheidendes Kriterium hierfür ist die Nettokreditaufnahme: Die lag in Hamburg seit Amtsantritt des SPD-Senats 2011 immer deutlich unter den geplanten Werten, und seit 2014 wurden zumindest im Kernhaushalt kräftige Überschüsse von 200 bis 400 Millionen Euro pro Jahr erzielt. Für 2015 kommt der Rechnungshof zwar zu einem negativeren Ergebnis, was aber nichts an der positiven Bewertung dieses Bereichs ändert.

"Konzern Hamburg" macht mehr Schulden

„Die gute Situation der Finanzen im Kernhaushalt darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Konzernverschuldung steigt“, so Schulz. Rechnungshof-Direktor Philipp Häfner ergänzte, dass allein bei einigen ausgewählten städtischen Unternehmen wie Stadtentwässerung, Saga oder der Hamburg Port Authority (HPA) die Verbindlichkeiten innerhalb von zehn Jahren um fünf Milliarden Euro angestiegen seien. Er prognostizierte daher: „Die Einhaltung der Schuldenbremse wird sich nicht im Kernhaushalt entscheiden, sondern im Konzern.“

Zu diesem „Konzern Hamburg“ gehören mehr als 100 öffentliche Unternehmen, von denen nur wenige unmittelbar aus dem Haushalt finanziert werden. Wenn zum Beispiel das Uniklinikum UKE eigenständig Kredite für Neubauten aufnehme, sei das im Haushalt nicht sichtbar, aber die Konzernverschuldung steige, nannte Häfner ein Beispiel. Um schärfer abgrenzen zu können, welche Schulden welchem Bereich zuzuordnen sind, fordert der Rechnungshof daher eine zusätzliche Darstellung nach Segmenten.

Rechnungshof mahnt mehr Investitionen an

Das würde auch die Transparenz beim Thema Investitionen erhöhen. Denn legt man nur die Haushaltsplanung des Senats zugrunde, sinkt die Investitionsquote bis 2020 deutlich unter acht Prozent – während sie früher teilweise bei 14 Prozent lag. Das kritisiert der Rechnungshof: Werde durch weniger Investitionen in die öffentliche Infrastruktur die Einhaltung der Schuldenbremse „erspart“, steige der Substanzverzehr und das führe langfristig zu höheren Kosten, so Schulz und Häfner.

Allerdings räumten sie ein, dass außerhalb des Haushalts stärker investiert werde als in früheren Jahren – etwa durch das im Schul- und Hochschulbereich gängige Mieter-Vermieter-Modell, bei dem ein städtisches Unternehmen Gebäude finanziert und baut und an die Stadt vermietet. Zähle man diese Investitionen hinzu, gebe es aktuell kein Anlass für Kritik, aber langfristig bereitet dem Rechnungshof das Thema Sorgen – daher steht diese Ampel auf Gelb.

Personalpolitik wird sehr kritisch gesehen

Sehr kritisch ging Häfner mit der Personalpolitik des Senats ins Gericht: „Das 250er-Abbauprogramm ist von der Realität überholt worden“, sagte er mit Blick auf das ursprüngliche Ziel des Senats, durch den Abbau von jährlich 250 Vollzeitstellen andere Aufgaben zu finanzieren. Stattdessen seien von 2011 bis 2016 rund 2400 Vollzeitkräfte hinzugekommen. Auch die Kosten würden stärker steigen als geplant, 2016 zum Beispiel um 3,3 Prozent statt geplanter 1,5 Prozent. Dabei kritisiert Häfner weniger den Personalaufwuchs an sich als vielmehr die Tatsache, dass das ungeplant geschehe und nicht entsprechend finanziert sei. Es sei „gegenwärtig keine neue Strategie erkennbar“, so das kritische Fazit im Bericht des Rechnungshofs. Seine Ampel steht in dem Punkt auf Gelb.

Insgesamt steht die Schuldenbremsen-Ampel des Rechnungshofs wie im Vorjahr in sieben Punkten auf Grün und in fünf auf Gelb.

Opposition unterstreicht Kritik des Rechnungshofs

„Das ist ein klares Warnsignal für Rot-Grün“, sagte Thilo Kleibauer (CDU). „Trotz der guten Konjunktur mit hohen Steuereinnahmen stehen unverändert viele Ampeln beim Haushalt auf Gelb.“ Jennyfer Dutschke (FDP) kritisierte den Personalaufbau: „Wir fordern den Senat auf, die Stadt personell mit Augenmaß zu führen und zum selbst gesteckten Sparkurs zurückzukehren.“ Norbert Hackbusch (Linke) verwies darauf, dass entgegen der Ankündigung des Senats die Investitionen kaum steigen: „Damit lässt sich der Investitions- und Sanierungsstau nicht auflösen.“ Jan Quast (SPD) strich hingegen das grundsätzliche Lob des Rechnungshofs hinsichtlich der Einhaltung der Schuldenbremse heraus: „Damit gilt wie schon in den vergangen Jahren, dass unser Weg einer nachhaltigen Konsolidierung des Haushaltes richtig ist und funktioniert.“

Sabine Glawe vom Bund der Steuerzahler sah die Stadt Hamburg grundsätzlich „auf einem guten Weg hin zur Einhaltung der Schuldenbremse“. Dennoch habe der Rechnungshof zu Recht den Finger in die Wunde gelegt: „Ein gesundender Kernhaushalt nützt nichts, wenn der Gesamtkonzern weiterhin kränkelt. Wohl und Wehe Hamburgs hängen nicht vom Zustand des Kernhaushalts, sondern von dem des Gesamtkonzerns ab.“