Hamburg. Wichtige Stelle unbesetzt, “Leitstelle Digitale Stadt“ vor dem Aus. Harte Kritik von FDP und CDU. Senat verspricht schnelle Neuordnung.
Sonderlich gut organisiert ist der Senat nicht beim Zukunftsthema Digitalisierung. Das jedenfalls behaupten CDU und FDP – und beziehen sich auf zwei brach liegende politische Baustellen. Zum einen hat der Senat es noch immer nicht geschafft, die neue Stelle eines „Chief Digital Officers“ (CDO) zu besetzen. Zum anderen ist unklar, was mit der Leitstelle Digitale Stadt geschieht – denn die Verträge der vier Mitarbeiter laufen zum Jahresende aus.
Die CDO-Stelle wurde im Frühjahr ausgeschrieben. Der oder die Digitalbeauftragte soll den „Ausbau Hamburgs zu einer digitalen Stadt“ mit steuern, so der Senat. Obwohl das Bewerbungsverfahren im Juni mit 32 Bewerbungen endete, ist die Stelle aber noch immer nicht besetzt. Laut Senatsantwort auf eine Anfrage von FDP-Wirtschaftspolitiker Michael Kruse wurde einem Bewerber ein Angebot erteilt. „Offenbar möchte niemand CDO des Analog-Bürgermeisters Olaf Scholz werden“, sagt Kruse. „Kein Wunder: Die Stelle ist ohne echte Kompetenzen ausgestattet und dient nur der Etikette. Dass erst in der zweiten Hälfte der Amtszeit ein CDO engagiert werden soll, sagt alles über die digitale Orientierungslosigkeit von Rot-Grün.“
Die CDU stellt dem Senat auch kein gutes Zeugnis in Sachen Digitalisierung aus – und bezieht sich dabei auf die unklaren Zukunft der Leitstelle Digitale Stadt, die seit zwei Jahren die Digitalprojekte der Stadt koordinieren und weiterentwickeln soll. Laut einer Antwort auf eine Anfrage des CDU-Medien- und Wirtschaftspolitikers Carsten Ovens laufen die Verträge der vier Mitarbeiter der Leitstelle zum Jahresende aus. Ob die Leitstelle bestehen bleibt, lässt der Senat in seiner Antwort offen.
Wird Blockchain-Technologie vernachlässigt?
„Rot-Grün ist zur Hälfte der Legislatur jedweder Gestaltungsanspruch verloren gegangen“, sagt Ovens. „Die Leitstelle koordiniert mit gerade mal vier Personen die Digitalisierungsprojekte der Stadt. Zum Jahresende ist Schluss, wie es weitergeht, hat sich der Senat noch nicht überlegt." Die schwache Aufstellung zeige sich auch daran, dass die „Blockchain“-Technologie nicht in Pilotprojekten getestet werde. Diese Zukunftstechnologie erlaubt das dezentrale Speichern von Datenbanken und die gemeinsame Bearbeitung durch verschiedene Nutzer.
"Gerade für öffentliche Verwaltungen sind Pilotprojekte ein Muss, da mit Blockchain vieles schneller, sicherer und transparenter gehen könnte", sagt etwa Marcus Ewald, Vorsitzender des CDU-nahen Jungen Wirtschaftsrates und Mitbegründer des Bundesverbandes Blockchain. "Wer das verschläft, entscheidet sich mit voller Absicht lieber im vergangenen Jahrhundert zu leben.“ Laut Senatsantwort auf die CDU-Anfrage wird Blockchain in Hamburg derzeit allerdings nicht getestet, sondern die Entwicklung werde lediglich „beobachtet“.
Senatssprecher Jörg Schmoll sagte, der CDO werde nun zum 1. Januar beginnen. Und er kündigte auch gleich eine Neuaufteilung der Kompetenzen bei diesem wichtigen Zukunftsthema an: „Im November wird sich der Senat mit der Neustrukturierung der Aufgabenbereiche IT und Digitalisierung befassen.“ Bisher sind die Kompetenzen für dieses Thema auf unterschiedliche Behörden verteilt. Zuständig sind Senatskanzlei, Wirtschaftsbehörde, Finanzbehörde und seit April 2017 auch die Kulturbehörde.