Hannover/Hamburg. Hamburgs Bürgermeister kritisiert Martin Schulz bei “Anne Will“ zwar nur indirekt. Doch volle Unterstützung sieht anders aus.

Olaf Scholz, einst Talkshow-Totalverweigerer, ist bei „Anne Will“ inzwischen fast ein Dauergast. Nach der Niedersachsenwahl saß Hamburgs Bürgermeister erneut im Berliner TV-Studio – und man durfte gespannt sein: Würde Scholz etwas zur Zukunft des SPD-Parteivorsitzenden Martin Schulz sagen? Und zu den ihm unterstellten eigenen Ambitionen auf den wichtigsten Posten der Sozialdemokratie?

War Schulz nicht der richtige Kandidat für das Kanzleramt?

Es dauerte nur wenige Minuten, bis Anne Will Scholz genau zu diesen Punkten befragte – und das in einer Art und Weise, wie sie konkreter nicht sein konnte. Ob der Sieg in Niedersachsen auch ein Sieg für die neue Strategie der SPD nach der Bundestagswahl gewesen sei, wollte die Moderatorin wissen. Scholz’ Antwort: „Das ist ein Wahlergebnis, das vor allem Stephan Weil erkämpft hat.“ Dabei habe es lediglich geholfen, dass die SPD nach ihrer Niederlage am 24. September klare Worte gefunden habe. „Also braucht die SPD nur die richtigen Kandidaten, um Wahlen zu gewinnen?“, hakt Will nach. Und meint: War Schulz nicht der richtige Kandidat für das Kanzleramt?

Scholz weicht aus, obwohl er mehrfach gesagt hat, dass die SPD „mit dem richtigen Kandidaten“ auch bei der Bundestagswahl über mehr als 30 Prozent hätte kommen können. Will gibt nicht auf: „Stabilisiert der SPD-Erfolg Martin Schulz als Parteivorsitzenden?“ Und: Was bedeutet das für Scholz eigenen Anspruch auf den Chefsessel bei der SPD? Der Bürgermeister antwortet wieder nicht auf die Frage, spricht von der Verantwortung, die alle für die Erneuerung der SPD hätten, und um die auch er sich nicht drücken wolle. Und sagt schließlich, als Will noch einmal auf Schulz’ Rolle für das Ergebnis in Niedersachsen anspielt: „Großen Dank an Stephan Weil.“

Personelle Erneuerung an der Spitze

Wer Scholz genau zuhört, stellt fest: Ein Vize, der voll hinter seinem Parteivorsitzenden steht, sieht anders aus. Scholz ist offensichtlich der Meinung, dass die dringend notwendige Erneuerung der SPD mit einer personellen Erneuerung an der Spitze beginnen muss. Er kritisiert Schulz im Verlauf der Sendung indirekt, wenn er davon spricht, dass man in Wahlkämpfen „klar und verständlich“ sein muss - also etwas, was Stephan Weil in Niedersachsen war und Martin Schulz auf Bundesebene nicht. Und er mahnt seine Partei, die strukturellen Probleme, die Sozialdemokraten in ganz Europa haben, nicht zu übersehen, Stichworte: Globalisierung und Digitalisierung.

Als neue Regierung rechnet Scholz übrigens fest mit einer Jamaika-Koalition: „Meine These ist, die werden das hinkriegen.“ Weil sonst alle Beteiligten „Loser“ wären - eine Rolle, aus der Scholz seine SPD herausführen will. Aber auch nach dem jüngsten Auftritt bei Anne Will weiß man nicht genau, in welcher Rolle.