Hamburg. Nicht nur das Camp im Altonaer Volkspark wurde untersagt, auch in der Bürgerschaft insgesamt Widerstand. Nur Linke will Camps erlauben.
Die Organisatoren von Protest-Camps während des G20-Gipfels in Hamburg können nicht auf die Unterstützung der Bürgerschaft bauen. Das Parlament lehnte am Mittwoch mit den Stimmen von SPD, Grünen, CDU, FDP und AfD einen entsprechenden Antrag der Linken klar ab.
Diese wollten erreichen, dass die Bürgerschaft den Senat auffordert, „für die Zeit vom 2. bis zum 9. Juli geeignete Flächen für Camps für die Menschen, die ihre kritische Haltung zum G20-Gipfel demokratisch zum Ausdruck bringen wollen, zur Verfügung zu stellen“. Aus Sicht der rot-grünen Koalition und der anderen Oppositionsfraktionen ist es jedoch nicht Aufgabe der Stadt, sich um die Unterbringung von G20-Gegnern zu kümmern.
Bezirksamt Altona hat Anti-G20-Camp untersagt
„Die Behörde hat von Anfang an alle Kooperationsangebote der verschiedenen Veranstalter ausgeschlagen“, kritisierte die Innenexpertin der Linken, Christiane Schneider. Eben erst habe das Bezirksamt Altona das im Volkspark geplante Camp untersagt. Zur Begründung hieß es beim Amt, das Camp würde die Nutzung als Erholungsfläche beeinträchtigen, zudem käme dem Park besonderer Schutzstatus als Gartendenkmal zu.
Gegenüber dem Abendblatt sagte der Linken-Abgeordnete Norbert Hackbusch: „Ein Camp mit einer geordneten Struktur, mit Öko-Klos, Küche etc. zu verhindern bedeutet, dass tausende Menschen in kleinen Gruppen durch das Stadtgebiet streifen und auf eigene Faust Campmöglichkeiten suchen werden. Hackbusch war dem Bezirksamt Altona vor, damit "Chaos und Eskalation" zu stiften.
Dass die Behörde im Fall des bereits vom Verwaltungsgericht erlaubten Camps im Stadtpark in die nächste Instanz gehe, sei ihr gutes Recht, sagte Schneider. Dass der Senat aber auf Zeit spiele, um die Vorbereitung von Protestaktionen zu beeinträchtigen, sei grundrechtsfeindlich.
Linke spricht von einem "Desaster der Demokratie"
„Menschen mit kritischer Haltung sollen von einer Reise nach Hamburg abgeschreckt werden, auch durch die Verweigerung von Camps“, sagte Schneider. „Statt des angekündigten Festivals der Demokratie erleben wir ein Desaster der Demokratie.“ Das gelte auch für die Allgemeinverfügung, durch die beinahe die gesamte Innenstadt zu einer Demonstrationsverbotszone werde. „Dabei ist dem Senat doch klar, dass eine Versammlungsverbotszone dieser Dimension vor Gericht keinen Bestand haben wird.“ Schneider warf Innensenator Andy Grote (SPD) vor, überfordert zu sein.
Der SPD-Innenexperte Arno Münster - vom Senat meldete sich niemand zu Wort - nannte die Linken „schlechte Gastgeber“. Denn erst meldeten sie eine Demonstration mit bis zu 100 000 Teilnehmern an, seien dann aber nicht in der Lage, ihre Leute unterzubringen. Der Kirchentag habe das doch auch geschafft, sagte Münster. Der CDU-Abgeordnete Joachim Lenders - er ist Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft in Hamburg - betonte, es gebe kein Grundrecht auf Campen.
Grüne bemängelten Herangehensweise der Camp-Organisatoren
Die Grünen-Innenexpertin Antje Möller sagte, dass bei den Camps seit Wochen vieles nicht rund laufe. Hamburg habe gute Erfahrungen mit Camps gemacht. „Deshalb hätte es auch hier einen Weg geben können, der aber von den Anmeldenden so nicht gewollt ist, nämlich den Weg mit relativ viel Bürokratie, mit vorzeitiger Anmeldung, mit Vorlage eines guten Konzepts, mit allem, was dazugehört.“ Die Veranstalter hätten stattdessen den Weg über das grundgesetzlich geschützte Versammlungsrecht gewählt. Ob das zulässig ist, müssten nun die Gerichte entscheiden.
Der FDP-Innenexperte Carl-Edgar Jarchow forderte rasche und klare Entscheidungen, „so dass sich alle - ich betone alle - darauf einstellen können: sowohl diejenigen, die dort demonstrieren wollen, als auch die Bürger, die dort wohnen, als auch die Sicherheitskräfte“. Insgesamt warf er dem rot-grünen Senat vor, in seiner Informationspolitik zum G20-Gipfel am 7. und 8. Juli einen Zickzack-Kurs zu fahren. „Bis vor kurzem waren die Auswirkungen auf die Bürger als nur temporär und gering bezeichnet worden. Jetzt wird eine weiträumige Demonstrationsverbotszone von 38 Quadratkilometern eingerichtet. Das ist nicht das, was wir als Offenheit (...) verstehen.“
Petition gegen den G20-Gipfel erreicht mehr als 10.000 Unterschriften
Einen Punktsieg erzielten unterdessen die Initiatoren der Volkspetition „G20 stoppen: Für Frieden und Gerechtigkeit“. Wie die Bürgerschaftskanzlei mitteilte, haben sie am 31. Mai 14 585 Unterschriften eingereicht. Das Gesetz sehe vor, dass das Parlament die Volkspetition an einen Ausschuss überweist, wo die Initiatoren angehört würden. Anschließend befasse sich erneut die Bürgerschaft mit der Volkspetition. Dass die Bürgerschaft den G20-Gipfel wie von den Petenten verlangt noch absagen könnte, gilt als ausgeschlossen.