Hamburg. Jeder siebte Job in der Stadt hat mit Gesundsein oder -werden zu tun. Doch auch Hamburgs neue Boom-Branche hat Probleme.

Die Gesundheitswirtschaft in Hamburg ist mittlerweile bedeutender als der Hafen. Jeder siebte aller Hamburger Jobs hat mit Ärzten, Krankenhäusern, Krankenversicherungen, der Pflege, mit Medizintechnik oder der Pharmaindustrie zu tun. Und die Branche rund ums Gesundsein oder –werden hat sich als die krisensicherste der vergangenen Jahre erwiesen. Das sind die Kernergebnisse einer Studie, die die Hamburger Handelskammer und Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) am Freitag vorgelegt haben. Durchgeführt wurde die Untersuchung von der Gesundheitswirtschafts Hamburg GmbH, einer Tochter der Handelskammer und der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz.

Von den rund 169.000 Mitarbeitern der Gesundheitswirtschaft in Hamburg arbeiten 100.000 in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Dazu zählen zum einen die vielen Arztpraxen, aber auch kleine Kliniken und Spezialfirmen wie Eppendorf (Medizinprodukte) oder Desitin (Medikamente).

Asklepios, Techniker und andere Krankenkassen größte Player

Zu den großen Playern gehören unter anderem Asklepios, die Techniker Krankenkasse, die DAK und die HEK. Zur Bruttowertschöpfung von jährlich 9,6 Milliarden Euro kommt ein Wachstum von zuletzt 4,2 Prozent. Weder die Finanzkrise noch eine allgemeine Konjunkturdelle konnten der Gesundheitswirtschaft in den vergangenen zehn Jahren etwas anhaben.

Das liege vor allem an der alternden Gesellschaft, sagte Gesundheitssenatorin Prüfer-Storcks, sowie am medizinischen Fortschritt und der Forschung. Und daraus ergebe sich auch die Frage, wie Hamburg und Deutschland es schaffen können, den sich abzeichnenden Fachkräftemangel vor allem in der Pflege abzufedern. Die Reform der Pflegeausbildung sieht eine stärkere Generalisierung sowie eine bessere Bezahlung vor. Prüfer-Storcks sagte, das könne helfen, mehr Menschen für die Pflege zu begeistern.

Zu wenig Hausärzte

Gleichzeitig müsse das Medizinstudium so umgekrempelt werden, dass es zu mehr Hausärzten führe. Denn obwohl Allgemeinmediziner stärker nachgefragt würden, seien 90 Prozent der ausgebildeten Ärzte Spezialisten. Auf der „Engpassliste“ der Bundesagentur für Arbeit stünden aber auch qualifizierte Ingenieure und Wissenschaftler für Medizinprodukte.

Andreas Gent, Vorstand der Hanse-Merkur und Ausschussvorsitzender für Gesundheitswirtschaft in der Handelskammer, hob die Dienstleistungen als Wachstumsfaktor hervor. Dazu zählen betriebliches Gesundheitsmanagement, Wellness-Angebote, aufwendige Checks sowie der Gesundheitstourismus.

Reichlich Arbeit steht für die Gesundheitswirtschaft im Bereich der Digitalisierung an. Hier helfen zwar bereits intelligente Software, Apps und sogar Roboter im Alltag des Diagnostizierens und Heilens. Doch mit Blick auf den Austausch von Patientendaten kann man im ambulanten Bereich bestenfalls ein „unbefriedigend“ vergeben. Die elektronische Gesundheitskarte (e-Card) kann trotz Milliardeninvestitionen nicht, was versprochen wurde. Digitale Patientenakten – obwohl auch von Krankenversicherungen wie der TK gefördert – bleiben Zukunftsmusik.