Hamburg. Vor allem tödliche multiresistente Erreger nehmen in Hamburg zu. Krankenhäuser betonen Hygiene. Keime sind Thema beim G20-Gipfel.
In Hamburg ist die Zahl der Infektionen mit multiresistenten Keimen in Krankenhäusern in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Wie aus einer Antwort des Senates auf eine Kleine Anfrage des Linken-Abgeordneten Deniz Celik hervorgeht, gab es im vergangenen Jahr in hiesigen Kliniken 46 Patienten, bei denen man von einem regelrechten Ausbruch einer nosokomialen Infektion (im Krankenhaus aufgetreten) sprechen musste.
Betroffen waren nach den Angaben nicht genannte Häuser im Bezirk Nord. Aus den anderen Bezirken sind keine Fälle gemeldet worden. Im Jahr 2015 waren es hamburgweit nur 28 Patienten, im Jahr davor 21. Bei diesen Infektionen geht es zumeist um Multiresistente Keime (MRSA), gegen die Antibiotika wirkungslos sind. Viele Fälle verlaufen tödlich, eine verlässliche Statistik darüber gibt es nicht.
Gesundheitspolitiker Celik: Patienten gefährdet
Bei der Senatsantwort verwundert, dass für 2014 insgesamt 65 Fälle von MRSA gemeldet wurden, in 2015 dann 47, im vergangenen Jahr 37. Das stimmt anscheinend nicht mit den anderen Zahlen überein. Doch die Gesundheitsbehörde weist darauf hin, dass gesetzliche Meldepflichten geändert wurden.
Die Geschäftsführerin der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft, Dr. Claudia Brase, betont, dass die Senatsantwort nur eine Aussage über die Ausbrüche von Infektionen erlaube. Die Zahl und Entwicklungen der Infektionen in Krankenhäusern insgesamt könne man nicht daraus ableiten.
Linken-Politiker Celik spricht von einem dramatischen Anstieg der besonders gefährlichen multiresistenten gramnegativen Keime (MRGN): „Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Anzahl der im Durchschnitt pro Monat gemeldeten Fälle von knapp 8 auf 16 verdoppelt. Zudem werden die Ausbrüche in den Hamburger Krankenhäusern von Jahr zu Jahr größer und somit gefährlicher. Aufgrund der Resistenz gegen die meisten Antibiotika sind diese Keime lebensgefährlich und der Anstieg der Infektion eine nicht hinnehmbare Gefährdung für die Gesundheit und das Leben der Patienten in den Hamburger Krankenhäusern.“
Tödliche Keime durch Tiermast und freiverkäufliche Antibiotika
Der Senat müsse dieser Entwicklung entgegenwirken, die Krankenhäuser sollten flächendeckend MRGN-Screenings durchführen. Bei der Hygiene und Pflege müsse mehr getan werden, vor allem beim Personal.
Die Krankenhausgesellschaft führt die hohen Hygienestandards der Hamburger Kliniken an. Geschäftsführerin Brase bestätigte aber die „Verschiebung des Keimspektrums weg vom MRSA-Keim hin zu gramnegativen mulitresistenten Erregern“. Das sei international bekannt und habe seine Gründe unter anderem in der Tiermast und in frei verkäuflichen Antibiotika in anderen Ländern.
Die Keim-Infektionen sind in den vergangenen Jahren in allen Hamburger Bezirken aufgetreten, einzelne Krankenhäuser wurden nicht genannt. In der Senatsantwort heißt es zu Zahlen aus dem laufenden Jahr: „Eine kurzfristig abrufbare, elektronisch auswertbare Statistik und Auswertungsmöglichkeit besteht im UKE und UHZ (UKE-Herzzentrum, die Redaktion) nicht. Im UKE und UHZ haben in den letzten Jahren wenige Ausbruchsereignisse im Sinne des Infektionsschutzgesetzes stattgefunden.“ Das UKE hatte den Senat bei der Beantwortung der Anfrage unterstützt. Patienten, die an Krankenhauskeimen sterben, werden häufig in der Rechtsmedizin des UKE obduziert.
G20-Gipfel setzt Thema Krankenhauskeime
Tödliche Krankenhauskeime sollen auch beim G20-Gipfel in Hamburg auf die Tagesordnung kommen. Die Bundesregierung will die G20-Präsidentschaft Deutschlands zur Themasetzung nutzen. Dabei setze man laut Hamburger Senat auf die internationalen Initiative „Coalition for Epidemic Preparedness Innovations“ (CEPI). Diese öffentlich-private Partnerschaft verbindet Staaten, Stiftungen und Unternehmen der pharmazeutischen Industrie.
Hintergrund von Celiks Anfrage war unter anderem eine ARD-Dokumentation über die Herstellung von Antibiotika in Indien, die dazu beitrage, dass sich durch schlampige Produktionsbedingungen die Resistenzen von Keimen gegenüber den Medikamenten noch verschärfen. Der Senat betonte, in Hamburg seien keine Unternehmen ansässig, die antibiotische Stoffe für Arzneimittel herstellen oder Wirkstoffe zu Fertigarzneimitteln verarbeiten. „Auf Antrag“ würden allerdings auch hier Medikamente getestet.