Hamburg. Minister sprechen sich gegen Fahrverbote für Diesel-Autos aus. Fahrzeuge sollen nachgerüstet werden. Neue Konzepte gesucht.
Obwohl die Stickoxid-Grenzwerte aus den Abgasen von Dieselmotoren in vielen Städten wie auch in Hamburg immer wieder deutlich überschritten werden, soll es für Diesel-Fahrzeuge zunächst keine generellen Fahrverbote durch die Länder geben. Gleichwohl wollen die Bundesländer den Druck auf die Autoindustrie erhöhen, um solche Fahrzeuge möglichst schnell mit besserer Technik nachrüsten zu können. Darauf haben sich jetzt während ihrer Frühjahrstagung in Hamburg die Verkehrsminister der 16 Bundesländer verständigt. Hamburg hat derzeit den Vorsitz der regelmäßig tagenden Verkehrsministerkonferenz, zu der auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) in die Stadt gekommen war.
Schwerpunktthema war dabei die Luftreinhaltung, nachdem das Umweltbundesamt kürzlich festgestellt hatte, dass die Abgase selbst aus neuen Diesel-Fahrzeugen sechsmal so viel gesundheitsschädliche Stickoxide ausstoßen wie erlaubt. „Der Diesel wird aber weiter ein wichtiger Antrieb bleiben“, sagte Hamburgs Verkehrssenator Frank Horch (parteilos). Daher müsse es Lösungen geben, die sich auch umsetzen ließen. Konkret fordern die Landesminister von Industrie und Bund, dass noch in diesem Jahr „Klarheit“ darüber herrschen müsse, welche technischen Nachrüstungen es geben könnte und welche Kosten dazu anfallen. Anschließend solle es einen runden Tisch mit Vertretern aus Industrie und Umweltverbänden geben, um über ein konkretes Nachrüstprogramm zu sprechen.
Streit um die Blauen Plaketten geht weiter
Bremens Verkehrs- und Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne) bezeichnete den gemeinsamen Beschluss der Landesminister als „Durchbruch“. Man brauche jetzt rasch eine politische Lösung, sonst würden bald schon vermehrt Gerichte über Fahrverbote in den Kommunen entscheiden. Lohse verwies aber auch auf eine Protokollnotiz einiger Länder, wonach die Einführung einer sogenannten Blauen Plakette weiter geprüft werden müsse, sollte es keine rasche technische Lösung geben.
Eine solche Plakette würde regeln, dass Autos mit hohem Schadstoffausstoß nicht mehr in die Innenstädte fahren könnten. Pläne dafür liegen derzeit aber auf Eis. Und auch Bundesverkehrsminister Dobrindt sprach sich in Hamburg gegen die Blaue Plakette aus. Wie auch Senator Horch lehne er Fahrverbote ab. „Es geht nicht um Fahrzeuge, die hin und wieder in die Stadt fahren, sondern um die, die dort ständig sind.“ Wichtiger seien neben Nachrüstungen daher neue Konzepte für Busse und die Fahrzeugflotten der Verwaltungen. Daher werde der Bund beispielsweise die Elektromobilität fördern. Als erstes Bundesland habe Hamburg dazu jetzt einen Förderbescheid über knapp drei Millionen Euro bekommen, womit die Stadt 600 neue Ladestationen einrichten könne.
Kritik an dem Beschluss der Landesminister kommt unterdessen vom Bund für Umwelt und Naturschutz (Bund), der das Ergebnis als „enttäuschend“ bezeichnete. Obwohl die Stickstoffdioxidwerte (NO2) in Hamburg und vielen anderen Städten seit Jahren deutlich über dem gesetzlichen Grenzwerten liegen, würden die Verkehrsminister das Problem erneut vertagen, sagt Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des Bund Hamburg. „Man kann sich ausrechnen, wie lange die Etablierung einer solchen Nachrüstung dauern wird. Die Verkehrsminister verkennen offenbar den Ernst der Lage. Bundesweit hagelt es Gerichtsurteile, die die Städte auffordern, schnell etwas für bessere Luft zu tun, und auch die EU hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet.“
Betrieb der Traditionsschiffe nicht gefährdet
Einen aus Sicht der norddeutschen Bundesländer wichtigen gemeinsamen Beschluss trafen die Minister auch zur Zukunft der rund 100 Traditionsschiffe an Nord- und Ostsee. Viele dieser Kutter, Windjammer oder auch Barkassen sind teils mehr als 100 Jahre alte Originalbauten, manche aber sind auch eher Repliken. Meist finanzieren die in der Regel ehrenamtlichen Crews den Erhalt mit Gästefahrten. Doch eine geplante Sicherheitsverordnung des Bundes fordert dazu etliche Aspekte, wie sie auch in der Passagierfahrt gelten.
Lange gab es in der Szene daher die Befürchtungen, dass geforderte Umbauten zu teuer oder die gesundheitlichen Anforderungen an die Besatzungen zu hoch sein würden. Bundesverkehrsminister Dobrindt stellte nun in Hamburg eine finanzielle Unterstützung und flexible Lösungen für diese Schiffe in Aussicht. Auch werde es noch einmal einen Gesprächstermin mit Vereinen geben. „Aus Sicht der Minister gehören Traditionsschiffe zum kulturellen Erbe Deutschlands und müssen bewahrt werden“, heißt es dazu in einer gemeinsamen Erklärung. Zudem spielten diese Schiffe für den Tourismus eine wichtige Rolle. Die Rahmenbedingungen seien daher so zu gestalten, „dass der Betrieb nicht gefährdet ist“.
Eine spezielle Forderung aus Hamburg an die Konferenz soll indes noch weiter beraten werden: So hatte Hamburg nach etlichen Unfällen zwischen Lkw und Radfahrern kürzlich die Einführung von Abbiegeassistenz-Systemen gefordert. Solche Systeme sollen als „elektrisches Auge“ Lkw-Fahrer warnen, wenn Radfahrer oder Fußgänger in ihren toten Winkel geraten. Die Minister berieten über eine Verpflichtung für neue und alte Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen Gesamtgewicht, rangen sich aber zu keinem Beschluss durch: Man werde sich bei einer der nächsten Konferenzen erneut damit befassen, heißt es in der Abschlusserklärung.