Hamburg. Ein Halbsatz in der Bürgerschaft heizt die Gerüchteküche an. Auch Ex-Senatorin Christina Weiss ist für das Amt im Gespräch.

Man darf sich Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) als verschwiegenen Menschen vorstellen. In Personalfragen gilt dies ganz besonders. Selbst ihm nahestehende Menschen schütteln meist ahnungslos den Kopf, wenn es um die Frage geht, wer die Nachfolge der im Oktober verstorbenen Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) antritt. Immerhin hat Scholz jetzt angekündigt, dass er seine Entscheidung bis Ende Januar bekannt geben wird.

Es war quasi nur ein Halbsatz in der Rede des CDU-Kulturpolitikers Dietrich Wersich vor der Bürgerschaft, aber der ließ aufhorchen. Am Rande der Eröffnungsfeier für die Elbphilharmonie sei es auch um die Vakanz an der Spitze der Kulturbehörde gegangen. „Dabei fiel auch der Name einer ehemaligen Rundfunkintendantin“, sagte Wersich. Es soll sich um Dagmar Reim, die frühere Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), gehandelt haben.

13 Jahre an der Spitze des RBB

Die heute 65 Jahre alte Journalistin hatte ihren Intendantenjob Mitte 2016 aus persönlichen Gründen vorzeitig aufgegeben. Sie wolle, so Reim damals, eine andere Priorität setzen – „und die gehört der Familie“. Davon abgesehen würde Reim durchaus in das Raster passen, das Scholz von einer Hamburger Kultur­senatorin erwartet.

Reim stand 13 Jahre an der Spitze des RBB, dessen Gründungsintendantin sie auch war, und verfügt also über reichlich Führungserfahrung. Reim kennt die Stadt, hat lange hier gelebt und als NDR-Redakteurin, ARD-Sprecherin und Leiterin des NDR-Landesfunkhauses Hamburg gearbeitet. Den von Scholz gewünschten Blick über den Tellerrand bringt die ARD-gestählte frühere Intendantin mit, wenngleich ihr ein spezielles Kulturprofil fehlt.

Bundesweite Erfahrung und Expertise

Letzteres würde Christina Weiss, deren Name ebenfalls fiel, in überreichem Maß in die Waagschale werfen können. Die parteilose Journalistin war bereits Kultursenatorin in Hamburg – von 1991 bis 2001 – und hat aus dieser Zeit einen exzellenten Ruf in der Kulturszene. Von 2002 bis 2005 war die heute 63 Jahre alte Literaturwissenschaftlerin als Staatsministerin im Bundeskanzleramt Bundesbeauftragte für Kultur und Medien. Weiss ist seit 2006 Honorar­professorin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität des Saarlandes.

Reim wie Weiss würden bundesweite Erfahrung und Expertise in die Kulturbehörde einbringen. Es darf als sicher gelten, dass das für Scholz ein zentraler Punkt bei der Entscheidung über die Nachfolge ist. Zudem spricht alles dafür, dass seine Wahl auf eine Frau fällt, nicht zuletzt wegen des Proporzes: Dem rot-grünen Senat gehören sieben Männer, aber nur vier Frauen an.