Wer kann auf verstorbene Kultursenatorin Kisseler folgen?
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Hamburg. Barbara Kisseler war eine über Parteigrenzen hinweg anerkannte Kultursenatorin, die Messlatte ist hoch. Trauerfeier wohl im November.
Nach dem Tod von Hamburgs Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) gestaltet sich die Suche nach einem Nachfolger für die über alle Parteigrenzen hinweg anerkannte Politikerin alles andere als einfach. In der Presse wurden bereits mehrere Namen genannt, die vom Senat bislang aber weder bestätigt noch dementiert werden.
In einer Medienumfrage äußerten sich jetzt die kulturpolitischen Sprecher aller sechs Bürgerschaftsfraktionen dazu, ihre Vorstellungen für eine neue Kultursenatorin oder einen neuen Kultursenator zu formulieren. Mit Ausnahme der Linken und der SPD nahmen alle Fraktionen Stellung. „Wir bitten um Verständnis dafür, dass wir uns vor der Beisetzung und Trauerfeier für Barbara Kisseler dazu nicht äußern“, sagte SPD-Fraktionssprecher Claas Ricker.
Trauerfeier möglicherweise erst im November
Unterdessen zeichnete sich ab, dass die geplante Trauerfeier für die am 7. Oktober nach langer Krankheit im Alter von 67 Jahren gestorbene Politikerin voraussichtlich erst im November stattfinden wird. Kisseler hat große Fußstapfen hinterlassen. Da sind sich Hamburgs Kulturpolitiker einig.
„Durch ihre herausragende Kompetenz und exzellente Vernetzung in der Kulturszene, ihren Mut und Ausdauer mit der sie große Namen wie Kent Nagano nach Hamburg holte, hat Barbara Kisseler die Messlatte hoch gelegt“, sagt der FDP-Kulturpolitiker Jens P. Meyer. Und auch der Grünen-Kulturexperte René Gögge ist überzeugt: „Barbara Kisseler hat es hervorragend verstanden, Hamburgs Kultur als großes Ganzes zu vertreten.“
Durchsetzungsstarke Persönlichkeit
Entsprechend weitreichend formulieren die Kulturexperten die Arbeitsplatzbeschreibung für die Neubesetzung des Postens. „Die neue Kultursenatorin muss die Liebe zur Kultur verkörpern, ohne selbst Kulturschaffende zu sein“, sagt der kulturpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Dietrich Wersich. Schließlich müsse sie Kultur ermöglichen und dafür gegenüber dem Senat durchsetzungsstark sein - ohne der Versuchung zu erliegen, in die Freiheit von Theatern und Museen hinein zu regieren. Für Meyer ist zudem wichtig, dass der Nachfolger die Vielfalt der Hamburgischen Kunst- und Kulturszene vorantreibt und Hamburg als internationalen Kulturstandort ausbaut.
Die Elbphilharmonie ist Hamburgs mit Abstand größtes kulturpolitisches Thema der vergangenen Jahre und eng mit Kisseler verbunden. Wenn das Konzerthaus im Hafen im Januar eröffnet ist, dürften wieder andere Themen auf die Agenda kommen. „Es wird in den kommenden Jahren vielleicht nicht so sehr um das eine große Leuchtturmprojekt gehen und das ist auch absolut in Ordnung“, sagt Gögge. Gleichwohl wolle Rot-Grün die Kultur weiter in ihrer ganzen Breite fördern, zum Beispiel die freie Theaterszene und die Stadtteilkultur.
Reaktionen zum Tod von Barbara Kisseler
Karin Beier, Intendantin des Schauspielhauses
Ihre Fähigkeit, mit ebenso feinem wie auch direktem Humor selbst komplizierte Situationen konstruktiv zu meistern, machte sie zu einer überaus wertvollen und verlässlichen Partnerin der Kultur.
Katharina Fegebank (Grüne), Zweite Bürgermeisterin
Barbara Kisseler war ein Glücksfall für Hamburg. Sie hatte Statur und Stil. Als Senatskollegin und Mensch werde ich sie sehr vermissen.
Andre Trepoll, Vorsitzender der CDU-Bürgerschaftsfraktion
Für Barbara Kisseler war Kultur kein Luxusgut, sondern sollte jeden erreichen. Mit ihrer hohen Sachkompetenz und ihrer Begeisterung hat sie die Kulturlandschaft in unserer Stadt maßgeblich geprägt.
Albert Wiederspiel, Direktor des Filmfests Hamburg
Filmfest Hamburg, aber auch die gesamte Filmbranche der der Stadt, hat eine gute Freundin verloren. Barbara Kisseler, selbst eine große Cineastin, hat für den Film und die Filmkultur in Hamburg wirklich gekämpft.
Andreas Dressel, Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion
Mit ihrer Tatkraft, ihrer Beharrlichkeit, ihrem brillanten Intellekt und nicht zuletzt ihrem Charme hat Barbara Kisseler die Kulturpolitik dieser Stadt geprägt - und das wird bleiben. Die SPD-Fraktion ist ihr unendlich dankbar.
Daniel Kühnel, Intendant Symphoniker Hamburg
Die Symphoniker haben mit Bestürzung vom Tod Barbara Kisselers erfahren und sind voller Mitgefühl für ihre Familie.
Christoph Lieben-Seutter, Generalintendant von Elbphilharmonie und Laeiszhalle
Das ist eine sehr, sehr traurige Nachricht. Barbara Kisseler war eine vehemente Fürsprecherin der Elbphilharmonie, für die sie in einer verfahrenen Situation die Verantwortung übernommen hat.
Michael Lang, Intendant Winterhuder Fährhaus
Es hieß einmal, Barbara Kisseler habe die sonst eher aufmüpfige Kulturszene "befriedet". Aber es war vielmehr so, dass die Kulturschaffenden sich von ihr bestens vertreten sahen und ihr absolut vertraut haben. Sie hat uns zu Lebzeiten geeint, und sie wird uns allen sehr fehlen!
Kirsten Fehrs, Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck
Barbara Kisseler war eine herausragende Kultursenatorin mit Esprit, Feinsinn, einem wunderbaren Humor und einer großen inneren Freiheit und Unabhängigkeit. Hamburg verliert eine großartige Persönlichkeit.
Norbert Hackbusch, kulturpolitischer Sprecher der Linke-Fraktion
Ihre Persönlichkeit, ihre Ausstrahlung und Präsenz haben in vielen Debatten geholfen, der Kultur die Bedeutung zu geben, die ihr zusteht. Mit ihr zu streiten war eine Freude, ihre spitze Zunge wird fehlen - auch mir ganz persönlich.
Ulrich Greiner, Präsident der Freien Akademie der Künste
Unter allen Kultursenatoren und Kultursenatorinnen Hamburgs war sie eine der kompetentesten und angenehmsten Gestalten. Die Freie Akademie der Künste verdankt ihr viel, und nicht allein die Akademie, sondern die ganze Stadt.
Katja Suding, Vorsitzende der FDP-Bürgerschaftsfraktion
Bewundert habe ich Frau Kisseler für ihre intellektuelle Tiefe, ihre Beharrlichkeit und ihren Humor. In ihrer Funktion als Kultursenatorin hat sie seit 2011 einen wesentlichen Beitrag für das Ansehen der Kultur in Hamburg geleistet.
Alexander Schulz, Direktor Reeperbahn Festival
Während Barbara Kisselers Amtszeit genoss das kleine Ressort Kultur auf Landesebene so viel Beachtung wie niemals zuvor in den vergangenen Jahrzehnten in dieser Stadt.
Tobias Rempe, Geschäftsführung Ensemble Resonanz
Bei der Eröffnung der Elbphilharmonie werden wir einen Platz für sie freihalten.
Anjes Tjarks, Vorsitzender der Bürgerschaftsfraktion der Grünen
Wir verlieren eine großartige Frau. Ihre letzte Rede in der Bürgerschaft zur Elbphilharmonie war für mich eine der besten und bewegendsten dieser Legislatur.
Thomas Collien und Ulrich Waller, Geschäftsführer des St. Pauli Theaters
Sie war immer eine verlässliche Größe in diesem mit guten Kulturpolitikern nicht gerade gesegneten Land. Versprochen war bei ihr Versprochen. Wir werden sie sehr vermissen.
Carola Veit, Bürgerschaftspräsidentin
Mit Barbara Kisseler verliert Hamburg eine in höchstem Maße anerkannte Kultursenatorin. Ihr herzliches Wesen und ihr Sachverstand werden uns fehlen.
Börries von Notz, Alleinvorstand der Stiftung Historische Museen Hamburg
Mit Barbara Kisseler verlieren wir eine engagierte Mitstreiterin in der Sache und eine professionelle Vorkämpferin an der Schnittstelle von Politik, Verwaltung und Kulturschaffenden. Ihre Inspiration, ihr Engagement und ihren Humor werden wir sehr vermissen.
Amelie Deuflhard, Kampnagel-Intendantin
Sie war eine Erscheinung in der Kunstszene und noch mehr in der Politik. Einzigartig. Unvergesslich. Unersetzbar. Ich bin tief betroffen.
Thomas Hengelbrock, NDR-Chefdirigent
Wie gern hätten wir sie bei den ersten Proben in der Elbphilharmonie begrüßt - sie hat maßgeblich dazu beigetragen, dass dieser wunderbare Saal bald eröffnet werden kann.
Andrea Zietschmann, NDR-Klangkörpermanagerin
Ihre selbstbewusste Haltung, dass mit der Eröffnung der Elbphilharmonie die Vision einer international ausstrahlenden Musikstadt Hamburg Realität wird, hat alle Protagonisten in ihrer Arbeit beflügelt.
Nikolaus Besch, Intendant Hamburger Theater Festival
Der Tod von Frau Kisseler bedeutet für Hamburg einen großen Verlust und macht mich tieftraurig. Sie hat in ihrer Amtszeit mit ihrer stets konkreten, engagierten und zupackenden Art viel für alle Kulturbereiche der Stadt erreicht. Frau Kisseler gab einem das Gefühl, dass sie wirklich zuhört und sich für die vorgetragenen Belange einsetzten wird. Sie hat das Hamburger Theater Festival und das mit ihm verbundene bürgerschaftliche Engagement mit Freude unterstützt und hatte immer ein offenes Ohr. Ihre Lockerheit, ihr Humor und ihre Zugewandtheit machten eine Zusammenarbeit leicht.
Kent Nagano, Dirigent und Hamburger Generalmusikdirektor
We in Hamburg deeply mourn the passing of our visionary Kultur
Senator, Barbara Kisseler. The formidable civic leader combined her
brilliant intellect with sharp strategic prowess to regularly
realise dreams far beyond the expectations of given circumstances.
Her exceptional talent to architect major socio-cultural
initiatives combined with a seemingly fearless courage allowed her
to provide her constituents with a hope and optimism so rare and so
desperately needed in today's increasingly complicated world. These
special gifts combined with a natural wit, charm and warm
generosity made her a personality one felt privileged to have
known. We will miss her profoundly and Hamburg, present and future,
will surely remember her spirit and the legacy she leaves behind.
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Dem CDU-Kulturpolitiker Wersich reicht das nicht: „Es gilt die Museen - insbesondere investiv - weiterzuentwickeln und ein überzeugendes Konzept für das neue Deutsche Hafenmuseum am Standort der 50er Schuppen zu erarbeiten.“
Hamburg als Musikstadt fördern
Auch müsse Hamburg als Musikstadt gestärkt werden. „Schließlich darf die kulturelle Bildung nicht vernachlässigt werden, eine gute Kultursenatorin muss Einfluss auf Sozial- und Bildungssenatoren haben.“ Das sieht Meyer ähnlich. „Eine große Herausforderung (...) ist die Heranführung neuer Bevölkerungsgruppen und junger Menschen an kulturelle Angebote.“ Hierbei könne die Stadt mit einer pulsierenden Szene junger Künstler und einer international bekannten Poetry-Slam-Szene punkten.
Aber wer könnte denn nun den Job übernehmen? „Eine überzeugende Hamburger Lösung sehe ich nicht, der Blick von außen hat der Stadt eigentlich immer gut getan, wie Frau Kisseler und Frau (Karin) von Welck bewiesen haben“, sagt Wersich. Einen Namen nannte er wie die Grünen und die AfD nicht. „Das wird der Bürgermeister entscheiden, und er ist bekanntermaßen nicht besonders aufgeschlossen für Vorschläge der CDU.“
Da wolle er niemandem durch öffentliche Nennung schaden. Für Meyer sind die bereits öffentlich genannte SPD-Kulturexpertin Isabelle Vértes-Schütter und auch Kulturstaatsrat Casten Brosda (SPD) fachlich geeignet. Er warnte jedoch vor einer Besetzung nach Parteibuch. „Um die Freiheit der Kunst zu schützen, sollte Kulturpolitik nicht parteipolitisch eingefärbt sein.“
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