Hamburg. CDU bezweifelt, dass die versprochene Zahl von weiteren Beamten wirklich auf die Straße kommt. Innensenator Andy Grote widerspricht.
Die Nachricht begeisterte sogar politische Gegner: Mitte Juni verkündete Innensenator Andy Grote (SPD), dass Hamburgs Polizei deutlich mehr Personal bekommt und die Zahl der Stellen von 7700 auf 8000 aufgestockt wird. Mittlerweile hält CDU-Innenexperte Dennis Gladiator die Geschichte für ein Sommermärchen im schlechtesten Sinne. Am vergangenen Freitag wurden ihm und anderen Innenexperten der Bürgerschaftsfraktionen in der Innenbehörde die Sichtweise des Senats dargelegt. Gladiator sprach danach von einem „rechnerischen Taschenspielertrick“. Nach seiner Einschätzung wird es nur maximal 100 Polizisten mehr geben, als der Stellenplan bislang vorsieht. Innensenator Grote widerspricht: Es werden durch das Programm rund 500 Polizisten zusätzlich auf der Straße sein.
Viele unbesetzte Stellen bei der Schutzpolizei
Es ist kompliziert: Hamburgs Polizei hat zwar 7700 Stellen im Vollzug. Das bedeutet aber nicht, dass es so viele Polizisten gibt. Laut der Senatsantwort auf eine CDU-Anfrage vom 10. Mai gab es bei der Polizei im Vollzug 7705 Stellen, von denen aber lediglich 7455,11 besetzt waren. Die meisten unbesetzten Stellen, 167 nämlich, gab es bei der Schutzpolizei. Dazu kommen noch einmal rund 200 Polizisten, die zwar eine Stelle haben, aber nicht im Polizeivollzug arbeiten. „Fremdnutzung“ heißt so etwas.
Gladiator hat den Gesprächsverlauf so in Erinnerung: „Der Innensenator hat darauf hingewiesen, dass er zunächst keine neuen Stellen braucht, weil erst die alten, unbesetzten Stellen aufgefüllt werden.“ Deswegen soll es laut Gladiator auch im kommenden Doppelhaushalt keine neue Stellen bei der Polizei geben. „Man muss der Fairness halber sagen, dass die Ankündigung von 300 zusätzlichen Stellen bis 2021 erfolgen soll“, so Gladiator. „Dann müssten aber die 300 Stellen in dem darauf folgenden Doppelhaushalt eingestellt werden.“ Diese Stellen dann zu besetzen sieht Gladiator als schwierige Aufgabe. Unterm Strich: „Ich glaube nicht, dass wir 2021, wie suggeriert, 8000 Polizisten auf der Straße haben.“
Innensenator Andy Grote kontert: „Wir werden 2021 nicht nur 300 neue Polizisten haben, sondern auch 200 Beamte in den Vollzug zurückgeholt haben, die fremd genutzt werden. Damit werden wir real 500 Polizisten mehr haben, die beispielsweise die Streifenwagen besetzen oder die Züge der Bereitschaftspolizei füllen.“ Grote verweist darauf, dass es keinen Sinn mache, bereits in den kommenden zwei Jahren Stellen für sie einzuplanen. Die Beamten müssen eingestellt und ausgebildet werden. Das dauere mindestens zweieinhalb Jahre. An der Akademie der Polizei werden dann jährlich bis zu 525 Auszubildende sein. „Das ist eine riesige Zahl, mit der man dort bis an die Grenze des Machbaren geht“, so Grote. Erst nach deren Ausbildung 2019 und 2020 benötige man die neuen Stellen. „Vorher macht das keinen Sinn. Wir brauchen diese Stellen bis dahin nicht“, sagt Grote.
50 neue Angestellte für den Polizeidienst
Kern seines Programms ist für den Innensenator vor allem die Rückholung der Polizisten, die fremd genutzt werden, beispielsweise zur Bewachung des amerikanischen Generalkonsulats an der Alster. Bei der Hamburger Polizei gibt es 1497,5 Stellen, die mit Angestellten besetzt werden sollen. 397 entfallen davon auf Angestellte im Polizeidienst. Von diesen Stellen sind rund 178 nicht besetzt, davon 71 bei den Angestellten im Polizeidienst. Vor allem Letztere werden durchgehend mit Beamten aus dem Vollzugsdienst der Polizei aufgefüllt. Innensenator Grote verweist darauf, dass er 50 neue Angestellte für den Polizeidienst ausbilden lassen will. Das entlaste den Polizeivollzug spürbar und bringe mehr Beamte auf die Straße.
Dass es am Ende eine Vakanz zwischen Stellen und vorhandenen Beamten geben wird, streitet Grote nicht ab. „Das ist in jeder großen Organisation so“, sagt der Innensenator. „Wir sind gesetzlich verpflichtet, Stellen für Mitarbeiter freizuhalten, die in Mutterschutz, Erziehungsurlaub oder zeitweise in Teilzeit sind“, so der SPD-Politiker. Das sei aber schon immer so gewesen.
Das ist der Punkt, den Joachim Lenders in seiner Eigenschaft als Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) kritisiert. „Ehrlich gesagt halte ich das für eine rechnerische Blase“, sagt er. „Wenn man eine Pressemitteilung herausgibt, dass die Zahl der Stellen bei der Polizei auf 8000 erhöht wird, dann gehen die Hamburger davon aus, dass man auch 8000 Polizisten real zur Verfügung hat. Wenn man diese Zahl unterschreitet, so ist für mich das Ganze ein PR-Gag.“