Hamburg. „Auf das Machbare konzentrieren“. Scholz hält Forderung, Flüchtlinge gleichmäßig auf Stadtteile zu verteilen, für nicht umsetzbar.
Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hält die Forderung, Flüchtlinge nach einem festgelegten Schlüssel gleichmäßig auf alle Stadtteile zu verteilen, für nicht umsetzbar. Die von einer Bürgerinitiative aufgebrachte Idee sei zwar „nicht schlecht“, so Scholz im Abendblatt-Interview. „Aber: Wenn ich nach diesem Schlüssel in einem Stadtteil Flüchtlinge unterbringen soll, dort aber weder ein Grundstück frei, noch zu verkaufen, noch neu zu entwickeln ist, kann ich dort auch nichts machen.“ Die Stadt müsse sich auf das Machbare konzentrieren.
Diese Ansage ist auch eine Abkehr von der bisherigen Botschaft, Flüchtlinge in allen Stadtteilen unterbringen zu wollen. „Wer in Hamburg in Zukunft aus seiner Haustür tritt und einen Kilometer nach links oder nach rechts geht, wird auf eine Flüchtlingsunterkunft treffen“, hatte der damalige Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) noch im vergangenen Sommer angekündigt.
Scholz schätzt, dass in diesem Jahr etwa 1,5 bis 1,6 Millionen Flüchtlinge nach Deutschland kommen werden – so viele wie in den vergangenen drei Jahren zusammen. Die 40.000 Plätze, die Hamburg ohnehin neu schaffen will, würden dann nicht ausreichen: „Wir haben die Sorge, dass wir, wenn es bei den vermuteten Zahlen bleibt, in Hamburg am Ende des Jahres 10.000 bis 20.000 Plätze zu wenig haben werden.“ Er hoffe daher, dass die Bemühungen auf Bundes- und internationaler Ebene zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen erfolgreich sein werden – sicher könne sich aber niemand sein.
„Frau Merkel hat die Ehre Europas gerettet“
Das Thema dürfte auch heute Abend beim Matthiae-Mahl im Hamburger Rathaus eine Rolle spielen. Zum ältesten Festmahl der Welt werden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Großbritanniens Premierminister David Cameron als Ehrengäste erwartet. Bürgermeister Scholz hatte dieses Zusammentreffen initiiert, um im Vorfeld des EU-Gipfels in der kommenden Woche für einen Verbleib Großbritanniens in der EU zu werben: „Wir wollen, dass die Briten drinbleiben.“
Angesichts der Sorge vieler Briten, dass im Zuge der Freizügigkeit viele Menschen auf die Insel kommen könnten, um Sozialleistungen zu erhalten, regt Scholz einen Ausweg an: „Mein Vorschlag lautet: Man muss mindestens ein Jahr Vollzeit gearbeitet haben, um dauerhaft Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen zu können.“
Scholz verteidigte die Haltung der Kanzlerin, Flüchtlinge ins Land zu lassen: „Frau Merkel hat die Ehre Europas gerettet.“ Sie hätte aber klarstellen müssen, dass alle EU-Länder Flüchtlinge aufnehmen und die EU-Außengrenzen gesichert werden müssen. Scholz: „Grenzen sind Grenzen. Sie werden bewacht und haben Zäune. Da muss man auch durchkommen können, aber in einem geregelten Verfahren. Das gilt auch für Flüchtlinge.“