Hamburg. Linke will mit eigenem Untersuchungsausschuss für den NSU-Mord an Süleyman Taşköprü die Wiederholung einer solchen Tat verhindern.
Rund 14 Jahre nach dem Mord an dem türkischen Gemüsehändler Süleyman Taşköprü mutmaßlich durch die rechte NSU-Terrorzelle haben Hamburgs Linke einen Antrag für einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) vorgelegt. „Wir wollen zweierlei aufklären: Die Rolle Hamburgs als Teil des (rechten) Netzwerks und die Rolle der Justiz und der Sicherheitsbehörden“, sagte die Linken-Innenexpertin Christiane Schneider am Donnerstag in Hamburg. Der Antrag werde in die kommende Bürgerschaftssitzung am 8. und 9. Juli eingebracht.
Die Linken-Innenexpertin betonte, nach wie vor seien viele Fragen offen. Vor allem hätten sich durch die Untersuchungsausschüsse im Bund und in sechs der acht Tatortbundesländer - die Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ soll zwischen 2000 und 2007 insgesamt zehn Morde begangen haben - neue Ansätze etwa zu länderübergreifenden Netzwerken ergeben. „Die (...) militanten, ja rechtsterroristischen Strukturen innerhalb der Neonaziszene waren eine wesentliche Bedingung dafür, dass die Mord- und Anschlagserie des NSU überhaupt in dieser Weise stattfinden konnte.“
Linke: Gefahr einer Wiederholung
Insgesamt haben die Linken in ihrem sechsseitigen Antrag fast 100 Fragen zusammengetragen, die von V-Leuten bis hin zur Rolle des inzwischen gestorbenen Hamburger Rechtsextremisten Jürgen Rieger handeln. „Wir wollen hauptsächlich eine Aufklärung über dieses militante bis rechtsterroristische Netzwerk in Hamburg“, sagte Schneider. Denn werde dies unterlassen, bestehe die Gefahr einer Wiederholung, warnte sie.
Ob es tatsächlich zu einem Untersuchungsausschuss kommt, gilt als zweifelhaft. Die Linken benötigen dafür das Ja von einem Viertel aller 121 Abgeordneten, verfügen selbst aber nur über zehn Mandate. Die Regierungsfraktionen SPD und Grüne ließen bereits erklären, dass sie für einen Untersuchungsausschuss derzeit keinen Anlass sähen. Gleichwohl wollten sie über den Antrag der Linken im zuständigen Innenausschuss weiterdiskutieren, erklärten SPD und Grüne.
„Für uns war und ist das Thema nicht vom Tisch. Wir werden den Antrag der Linksfraktion in den Innenausschuss überweisen", sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Antje Möller, am Donnerstag. "Sollten sich weitere Erkenntnisse ergeben – zum Beispiel durch Aussagen von Frau Zschäpe oder durch den zweiten Untersuchungsausschuss in Thüringen, dessen Einrichtung wir sehr begrüßen – werden wir das Thema erneut bewerten.“ Die Hauptangeklagte im Münchner NSU-Prozess, Beate Zschäpe, hatte am Montag angekündigt, bei einem Wechsel ihrer Anwälte neu aussagen zu wollen.
Tasköprüs Hinterbliebene sind für PUA
Der türkische Gemüsehändler Tasköprü war nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft am 27. Juni 2001 im Alter von 31 Jahren von den Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Lebensmittelgeschäft seines Vaters erschossen worden. Im Gedenken an den Vater einer damals dreijährigen Tochter wurde vor rund einem Jahr im Hamburger Stadtteil Bahrenfeld unweit des Tatorts eine Straße nach ihm benannt.
Bei der Zeremonie hatten Redner wie Grünen-Chef Cem Özdemir oder die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), in Anwesenheit der Eltern das jahrelange Versagen der Behörden kritisiert. „Ich habe aber die Hoffnung noch lange nicht aufgegeben, dass wir das ganze Versagen lückenlos aufklären und die notwendigen Konsequenzen für die Zukunft ziehen“, sagte die aus Hamburg stammende Özoguz. Özdemir zeigte sich fassungslos, dass die Hinterbliebenen - sie haben sich bereits für einen Untersuchungsausschuss ausgesprochen - nach dem Mord über Jahre als Täter verdächtigt worden seien. (dpa/HA)