Hamburg. Der Scholz-Vertraute ist Favorit für den Chefposten bei der Bundesagentur für Arbeit. Eine mögliche Nachfolgerin: Carola Veit.

Es kommt nicht oft vor, dass Olaf Scholz zerknirscht einräumen muss, ein Ziel nicht erreicht zu haben. Insofern bildete die Vorstellung seines neuen Senats eine Ausnahme. Dass unter zwölf Senatsmitgliedern – Scholz eingerechnet – nur vier Frauen sind, sei „nicht gut“, räumte der Bürgermeister kurz darauf ein. „Das hätte ich mir anders gewünscht“, sagte er im Abendblatt-Interview und fügte hinzu, es sei ja „denkbar, dass sich im Laufe der Zeit Gelegenheiten ergeben, dafür zu sorgen, dass das Zahlenverhältnis besser wird“.

Nun scheint sich schneller als gedacht eine Gelegenheit zu ergeben, der angepeilten Frauenquote von 50 Prozent näher zu kommen. Denn am Freitag verdichtete sich das Gerücht, dass Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) als Leiter der Bundesagentur für Arbeit (BA) nach Nürnberg wechseln wird. Nachdem NDR 90,3 darüber berichtet hat, bestätigten mehrere Quellen gegenüber dem Abendblatt, dass Scheele für den Posten im Gespräch ist. Und sollte er den Senat verlassen, gilt es als ausgemacht, dass eine Frau seine Nachfolgerin wird. Als eine mögliche Kandidatin gilt Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD), die sich bis 2011 als Sozialpolitikerin in der Bürgerschaft einen Namen gemacht hatte. „Natürlich gehört sie zum Kreis derer, die einen Senatsposten übernehmen könnten“, heißt es aus der SPD. Allerdings werde diese Personalie erst diskutiert, wenn klar sei, dass Scheele auch wirklich nach Nürnberg gehe.

Darauf deutet vieles hin. Der Vertrag von BA-Chef Frank-Jürgen Weise läuft 2017 aus, und bis März 2016 muss der Verwaltungsrat der BA über einen Nachfolger entscheiden. Scheele brächte für den Posten alles mit: Der 58-Jährige beschäftigt sich seit Jahrzehnten aus verschiedenen Perspektiven mit Arbeitsmarktpolitik – als Geschäftsführer großer Beschäftigungsträger wie der Hamburger Arbeit (HAB) oder der Elbe-Werkstätten, als Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium (unter dem damaligen Minister Olaf Scholz) und seit 2011 als Sozialsenator.

Die von ihm mit initiierten Jugendberufsagenturen gelten bundesweit als vorbildlich. Dass Scheele eher ein Verfechter der Vermittlung in Arbeit ist als der Verwaltung von Arbeitslosigkeit, dürfte ihm in dieser Angelegenheit ebenfalls helfen. Sowohl Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sollen daher von der Personalie überzeugt sein.

Ein großer Verlust für Scholz

Auch im Verwaltungsrat der BA, einem 21-köpfigen Gremium, das zu je einem Drittel mit Vertretern der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberseite sowie aus Bundes- und Landesministerien besetzt ist, soll sich eine Mehrheit für Scheele abzeichnen. Allerdings gibt es auch Insider, die warnen, dass das Votum des Verwaltungsrats noch nicht gesichert sei.

Sollte Scheele gehen, wäre das für Scholz ein Verlust, denn beide verbindet ein besonderes Vertrauensverhältnis. Als Scholz 2007 Bundesarbeitsminister wurde, machte er Scheele kurz darauf zum Staatssekretär und damit zu seiner rechten Hand. Beide schieden 2009 nach der Bundestagswahl aus dem Amt. Als Scholz 2011 Hamburger Bürgermeister wurde, holte er seinen Vertrauten erneut in sein Team – als Sozialsenator. Dass der Bereich Arbeit von der Wirtschaftsbehörde in die neue Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration überging, war auch auf die Person Scheele zugeschnitten.

Der dreifache Familienvater hatte seitdem etliche große Baustellen zu bearbeiten: Er sollte die explodierenden Ausgaben für die „Hilfen zur Erziehung“ eindämmen, die Zahl der Kita-Plätze massiv ausbauen und aktuell den Ansturm der Flüchtlinge bewältigen. Dabei ging Scheele, das entspricht seinem Naturell, keinem Konflikt aus dem Weg und legte sich auch mit vielen Trägern sozialer Einrichtungen an. Für Scholz war das hilfreich, aber beliebter machte sich Scheele damit nicht.

Ob im Landeselternausschuss (LEA), der die Kita-Eltern vertritt, bei Sozialverbänden oder in der SPD-Fraktion – Stimmen, die sich über Scheeles ruppigen Stil beschweren und darüber, dass er knallhart den finanziellen Konsolidierungskurs des Bürgermeisters umsetze, gibt es viele. Auch in den traurigen Fällen der toten Kinder Chantal und Yagmur agierte der Sozialsenator nicht immer glücklich. Zwar war ihm kein persönliches Fehlverhalten nachzuweisen, aber die Probleme beim Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) bekam auch er nicht in den Griff.