Hamburg hat gewählt. So reagieren Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft auf das Ergebnis der 21. Wahl eines Landesparlaments in Hamburg.

Hamburg. Sechs Wochen lang hat der Bürgerschaftswahlkampf das politische Leben in Hamburg bestimmt. Seit 18 Uhr am Sonntagabend sind die Wahllokale geschlossen. Die Anspannung löst sich - Freude bei den einen, Enttäuschung bei den andern. Zeit auch für die erste Manöverkritik. Nicht nur Politiker, auch Vertreter aus Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft melden sich zu Wort. Hier sind die ersten Redaktionen zum Abschneiden der Parteien:

Parteienforscher: Wahlsieg ist „Prämie für das Geleistete“

Für Elmar Wiesendahl, Hamburger Parteienforscher ist das erneute sehr gute Abschneiden der SPD „ein persönlicher Triumph von Olaf Scholz“. Der habe in Zeiten des Glaubwürdigkeitsverlustes und der Politikverdrossenheit auf eine schlichte Strategie gesetzt: Der Bürgermeister habe vor der letzten Wahl 2011 angekündigt, was er machen werde, und das verlässlich umgesetzt. Insofern sei das Wahlergebnis „eine Prämie für das Geleistete“.

FDP-Spitzenkandidatin Suding zur Koalition mit der SPD

Katja Suding, FDP-Landeschefin: „Wir haben das Angebot gemacht. Und wenn der Bürgermeister anruft, dann werde ich rangehen.“

Unternehmensverband bedauert niedrige Wahlbeteiligung

Hans Fabian Kruse, Präsident AGA Unternehmensverband: „Bei der Wahl eines Koalitionspartners muss der Bürgermeister Sorgfalt walten lassen, um das Beste für Hamburg zu erreichen. Mit Bedauern nimmt der AGA die äußerst niedrige Wahlbeteiligung zur Kenntnis. Statt mehr Demokratie wurde in Hamburg genau das Gegenteil erreicht.“

Wirtschaft warnt vor großen Zugeständnissen an Grüne

Uli Wachholtz, Präsident der Unternehmensverbände Nord: „Der Verlust der absoluten Mehrheit darf nicht mit zu großen Zugeständnissen an den künftigen grünen Koalitionspartner bezahlt werden. Ideologische Verkehrspolitik, City-Maut und Umweltzonen gefährden die Zukunftsfähigkeit der Stadt.“

Hamburg darf keine „fortschrittskritische Laubenkolonie werden“

Nico Fickinger, Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeberverbände Nordmetall und AGV Nord: „Wir erwarten auch künftig eine Politik, die unsere Industrie als Herz der Wirtschaft stärkt und nicht aus der olympiareifen Metropole mit Weltstadtanspruch eine fortschrittskritische Laubenkolonie macht. Aus der Bürgerlichkeit des Bürgermeisters darf kein Wut- oder Spießbürgertum werden.“

HSV-Manager könnte sich auch eine Große Koalition vorstellen

Bernd Wehmeyer, Clubmanager HSV: „Das Ergebnis ist ein absoluter Vertrauensbeweis für Olaf Scholz, er hat seine Sache in Hamburg offenbar gut gemacht. Mir wäre es aber noch lieber gewesen, wenn die AfD unter fünf Prozent geblieben wäre. Ich könnte mir außer einer Koalition mit den Grünen auch eine mit der FDP oder CDU vorstellen, aber Scholz scheint sich ja schon festgelegt zu haben. Insofern wird es mit Rot-Grün wohl weitergehen.“

Niedrige Wahlbeteiligung zeigt, dass Demokratie Arbeit ist

Karin Beier, Intendantin Deutsches Schauspielhaus: "Die extrem niedrige Wahlbeteiligung zeigt, wie wichtig es, ist immer wieder darauf hinzuweisen, dass Demokratie nicht selbstverständlich ist, sondern tägliche Arbeit für ALLE."

Politik ist kein Wunschkonzert

Frank Horch (parteilos), Wirtschaftssenator: „Ich hatte mir die absolute Mehrheit erhofft, aber Politik ist eben kein Wunschkonzert.“

DGB kritisiert AfD: „Keine ernstzunehmende Politik“

Katja Karger, DGB-Landeschefin: „Egal ob in einer Koalition oder mit einer SPD-Alleinregierung. Wir werden den künftigen Senat an unserer Idee von einer sozialen Stadt auf dem Weg zur guten Arbeit messen. Wir brauchen eine Initiative gegen unnötige Befristungen, gegen den Missbrauch von Werkverträgen, die nachhaltige Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit sowie die Erhöhung des Landesmindestlohns auf 9,28 Euro.“ Zum wahrscheinlichen Einzug der AfD in die Bürgerschaft erklärte Karger: „Mit der Partei teilen wir Gewerkschaften keinerlei Positionen. Rechtspopulismus und Fremdenfeindlichkeit lehnen wir deutlich ab – das ist für uns keine ernstzunehmende Politik; im Gegenteil: das ist hoch gefährlich für die Demokratie. Problematisch bleibt zudem die Verstrickung von Teilen der Partei in Kreise am ganz rechten Rand.“

Eine Koalition tut Hamburg gut

Corny Littmann, Chef des Schmidt-Theaters und des Schmidt‘s Tivoli: "Kein überraschendes Ergebnis. Wenn dabei eine Koalition herauskommt, tut das Hamburg sehr gut."

Viel-Parteien-Parlament ist gut für Hamburg

Oke Göttlich, Präsident des FC St.Pauli: "Es ist schade, dass sich 30.000 bis 40.000 Menschen in unserem weltoffenen Hamburg für die AfD und damit für eine ausgrenzende Politik entschieden haben. Ich gratuliere der SPD herzlich zum Sieg. Die Wahl hat ein Viel-Parteien-Parlament ergeben, und das finde ich – bis auf den bedauerlichen Erfolg der AfD – gut für Hamburg. Sollte die SPD weiter allein regieren können, hoffe ich, dass sie ihrem Anspruch in sozialen und integrativen Belangen noch gerechter wird."

Handelskammer liebäugelt mit FDP als SPD-Koalitionspartner

Hans-Jörg Schmidt-Trenz, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Hamburg: „Bürgermeister Scholz hat vier Jahre ordentlich regiert, aber mit dem Einzug eines Partners in den Senat darf es im Rathaus zukünftig keine Unordnung geben! Die SPD hat sich mit ihren Vorankündigungen zu einer möglichen Koalition auf einen Weg begeben, bei dem sie die Möglichkeiten zur Abzweigung nicht übersehen darf. Oberste Priorität muss jetzt haben, was Arbeit schafft und Arbeitsplätze sichert. Für die Wahl des richtigen Partners sollten drei weitere Themen maßgeblich sein: Das Vorantreiben der Olympia-Bewerbung, die Umsetzung der Fahrrinnenanpassung der Elbe und der Ausbau des U- und S-Bahnsystems. Der Verbleib der FDP in der Hamburgischen Bürgerschaft wird die politische Kultur und Vielfalt in unserer Stadt mit Sicherheit bereichern und erweitert den Handlungsspielraum der SPD bei der Suche nach einem Koalitionspartner.“

„Scholz hat einen großen persönlichen Erfolg erzielt“

Erwin Sellering (SPD), Ministerpräsident Mecklenburg-Vorpommern, hat den Parteifreunden in Hamburg zum klaren Sieg bei der Bürgerschaftswahl gratuliert. Scholz habe ein hervorragendes Wahlergebnis für die Hamburger SPD und einen großen persönlichen Erfolg erzielt, sagte Sellering. Gute und verlässliche Regierungsarbeit zahle sich aus.

Die SPD ist in den Ländern stark

Torsten Albig (SPD), Ministerpräsident Schleswig-Holstein: "Ich gratuliere Olaf Scholz und der SPD zu ihrem großartigen Wahlergebnis. Dies ist nicht nur ein riesiger Vertrauensbeweis durch die Hamburgerinnen und Hamburg, sondern zeigt deutlich, wie stark die SPD in den Länder ist. Ich freue mich sehr darauf, die hervorragende Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Bundesländern mit Olaf Scholz an der Spitze der Hansestadt fortzusetzen. "

Mittelstand fordert Modernisierung der Verkehrswege

Andreas Feike, Landesbeauftragter Bundesverband mittelständische Wirtschaft, fordert von der neuen Regierung in Hamburg, die dringend notwendige Modernisierung der Verkehrswege, nur so könne Hamburg seiner angestammten Rolle als Knotenpunkt des internationalen Handels gerecht werden kann. „Ebenso dringlich fordern wir als Stimme des Mittelstands den Wissenschaftsstandort Hamburg besser nutzbar zu machen und eine technologieoffene Innovationspolitik zu etablieren, in der Bildung, Forschung, Unternehmertum und rechtliche Rahmenbedingungen ineinander greifen.“

Bischöfin erschrocken über geringe Wahlbeteiligung

Bischöfin Kirsten Fehrs: „Es darf uns doch nicht gleichgültig sein, wer unsere Stadt regiert. Ich hoffe, dass rasch eine Regierung gebildet wird, die die positiven Entwicklungen etwa beim Wohnungsbau oder der Einbürgerung weiter befördert und zugleich die Probleme unserer Stadt anpackt – beispielsweise die unzureichende Unterbringung von Flüchtlingen.“

Grünen wollen keine Koalition um jeden Preis

Jens Kerstan, Spitzenkandidat der Grünen: „Uns kommt es darauf an, dass es einen Kurswechsel in der Politik hier in dieser Stadt gibt – gerade im Umwelt- und Energiebereich, aber auch in der Wissenschaftspolitik.“ Die Grünen könnten beispielsweise den Abbau von Studienplätzen und Professuren nicht akzeptieren. „Es gibt da mehrere Punkte, wo sich die Politik der SPD ändern muss, damit wir zusammen (...) diese Stadt regieren können“, fügte er hinzu. „Wir Grüne sind eine inhaltlich orientierte Partei, und wenn wir unsere Inhalte nicht durchsetzen können, dann werden wir weiterhin Politik aus der Opposition machen.“

FDP-Chefin lobt ihr Team

Katja Suding, FDP-Landeschefin: „Das war eine Teamleistung. Wir haben auf die richtigen Themen gesetzt. Es ist ein Signal, ein erster wichtiger Schritt für die FDP.“

Handwerkskammer hofft weiter auf stabile Verhältnisse

Josef Katzer, Präsident der Handwerkskammer Hamburg: „Die Hamburgerinnen und Hamburger wollen offensichtlich stabile Verhältnisse. Das Hamburger Handwerk geht davon aus, dass der bisherige Kurs, Handwerk und Mittelstand in der Stadt zu stärken, beibehalten wird.“

AfD will konstruktive Politik machen

Jörn Kruse, AfD-Landesvorsitzender: „Da kommt es nicht auf Ideologien an, sondern auf praktische Vernunft, und da haben wir einiges zu bieten.“ Die anderen Parteien hätten die AfD im Wahlkampf geschnitten. „Das sie uns nicht mögen, verstehe ich, weil wir die Probleme ansprechen“, sagte Kruse. Nun sei er froh, dass die AfD ein Teil der Hamburger Politik werde.

CDU-Generalsekretär erleichtert über FDP-Ergebnis

Peter Tauber, CDU-Generalsekretär: „Scholz als Persönlichkeit kann in Hamburg punkten, setzt sich damit ja auch vom Trend seiner eigenen Partei auf Bundesebene ab“, sagte er. Scholz punkte auch im bürgerlichen Lager. „Das verlorene Vertrauen gewinnt man eben nicht so leicht zurück“, sagte Tauber zum Abschneiden der CDU. Über den Wiedereinzug der FDP in die Bürgerschaft zeigte er sich erleichtert: Es sei zu früh, für die FDP das Totenglöcklein zu läuten. „Deutschland braucht auch eine liberale Partei.“

Die Bundespartei der Grünen glaubt an Rot-Grün in Hamburg

Cem Özdemir, Bundeschef der Grünen, sieht Hamburg nach der Bürgerschaftwahl auf dem Kurs zu einer rot-grünen Regierung. Dies sei auch in den Umfragen der Wunsch der Bürger, sagte Özdemir in der ARD. Seine Partei werde sich mit der SPD von Olaf Scholz zusammensetzen und sehen, ob es inhaltlich reicht. Das Ergebnis der Bürgerschaftswahl bedeute Rückenwind auch für Berlin. „Grün ist weiter im Auftrieb“, sagte Özdemir.

Wahlsieger Scholz bedankt sich sich für die „sehr persönliche gezeigte Zuneigung“

Olaf Scholz, SPD-Landeschef und Erster Bürgermeister: Auch wenn das Endergebnis noch nicht feststehe, dürfe „schon ein klein wenig gefeiert werden“. Vor mehreren hundert Anhängern sagte er: „Danke für die im Wahlkampf oft auch sehr persönliche gezeigte Zuneigung. Wir werden dem Auftrag, den wir bekommen haben, nachkommen.“

FDP sieht sich auf dem Weg, nicht am Ziel

Christian Lindner, FDP-Bundesvorsitzender: „Wir haben einen Erneuerungsprozess gestartet. Katha Suding hat ihn in exellenter Weise umgesetzt. Wir sind auf dem Weg, nicht am Ziel.“ Zu der möglicher Koalition des Wahlsiegers SPD mit den Grünen sagte der Liberale. Er sei gespannt, was die SPD opfere, Olympia, die Elbvertiefung oder noch etwas anderes.

AfD-Chef fühlt sich als Wahlsieger

Jörn Kruse, AfD-Landesvorsitzender: „Es war ein besonders harter Wahlkampf. Ich bin froh, dass wir es trotzdem geschafft haben.“

Nach der Wahl machen, was man vorher gesagt hat

Sigmar Gabriel, SPD-Bundesvorsitzender: „Das ist ein wirklich überragendes Ergebnis. Olaf Scholz hat einen einmaligen Vertrauensbeweis für seine Politik und die SPD bekommen. Manchmal wünschte man sich in der Politik, dass sich Leistung lohnt, und in Hamburg ist das so.“ Zu möglichen Koalitionsverhandlungen sagte er: Es gelte, was Olaf Scholz vor der Wahl gesagt hat: Er will zuerst mit den Grünen reden.“

Die Grünen sind zufrieden, aber nicht ganz

Anja Hajduk (Grüne), ehemalige Stadtentwicklungssenatorin: "Der Trend zeigt leicht nach oben, wir hätten uns für eine Großstadt aber noch etwas mehr gewünscht. Wir haben einen eigenen Wählerauftrag, den wir in Gesprächen mit der SPD sehr ernsthaft vertreten würden."

Bürgerschaftspräsidentin Veit kritisiert das Wahlrecht

Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD): "Das Wahlrecht trägt nicht unbedingt dazu bei, diejenigen an die Wahlurnen zu bringen, die keine so hohe Affinität zur Politik haben."

Reicht es doch noch für die absolute Mehrheit?

Altbürgermeister Ortwin Runde (SPD): "Das wird ein langer Abend. Wegen der AfD wird es eng." 47 Prozent für die SPD sei in einer Großstadt ein hervorragendes Ergebnis. "Die Frage des Abends wird, ob es für eine absolute Mehrheit reicht." Wenn die AfD tatsächlich den Einzug in die Bürgerschaft schaffe und es ein Sechs-Parteien-Parlament gebe, dann grenze "eine absolute Mehrheit an ein Wunder", so Runde.

Olaf Scholz: „Wir werden niemanden enttäuschen“

Olaf Scholz (Hamburgs Erster Bürgermeister): "Das ist ein ganz großer Vertrauensbeweis. Ich danke alle Wählerinnen und Wählern für das Vertrauen und die Zustimmung. Wir werden niemanden enttäuschen. Darauf können Sie sich verlassen."

Glückwunsch, Olaf Scholz

Dietrich Wersich (CDU): "Ich danke unseren Wählerinnen und Wählern, unserem Team und unserem Unterstützerkreis. Es war ein großer Kampf und es ist traurig und schade, dass er nicht belohnt wurde. Glückwunsch, Olaf Scholz."

Grandioser Vertrauensbeweis

Andreas Dressel (SPD): „Das Ergebnis ist ein grandioser Vertrauensbeweis für den Bürgermeister und die SPD. Aber der Wahlabend hat gerade erst begonnen.“

Es war nicht der richtige Zeitpunkt

Rüdiger Kruse (CDU): „Wir hatten den richtigen Kandidaten, und wir waren am richtigen Ort – aber es war nicht der richtige Zeitpunkt."

Ball liegt nicht bei der FDP

Wolfgang Kubicki (FDP): „Das ist ein Vertrauensbeweis für Katja Suding und ein Vertrauensbeweis – glaube ich – für die neue FDP-Bundesführung“, sagte er. Zugleich zollte er der SPD Anerkennung für das gute Ergebnis. SPD-Bürgermeister Olaf Scholz müsse jetzt sehen, wie er mit den Grünen zurechtkomme.

Wahlziel ist erfüllt

Dora Heyenn (Linke): "Mit den Wahlergebnis sind wir sehr zufrieden. Unser Wahlziel ist mehr als erfüllt."