Neben dem Verbot der Sympathiewerbung für den Islamischen Staat und dem Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft müsste auch die Aufklärung in Schulen und Jugendeinrichtungen intensiviert werden.
Hamburg. Die Staatsanwaltschaft Hamburg bereitet in zwei Fällen Anklagen gegen mutmaßliche islamistische Terroristen vor. Beide Ermittlungsverfahren werden wegen des „Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ geführt – offenbar gegen Mitglieder oder Anhänger der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS). Das geht aus der aktuellen Antwort des Senates auf eine Kleine Anfrage des CDU-Abgeordneten André Trepoll hervor, die dem Hamburger Abendblatt vorliegt.
Zu Details der Verfahren nach dem Terrorismusparagrafen 89a des Strafgesetzbuch wollen sich derzeit weder Senat noch Staatsanwaltschaft äußern – und zwar „im Hinblick auf die Möglichkeit der Beeinträchtigung von Ermittlungen“. Eines der beiden Ermittlungsverfahren ist aber offenbar so umfangreich, dass dafür eine Staatsanwältin von allen anderen Tätigkeiten freigestellt worden ist. „Der islamistische Extremismus stellt eine immer größerer Bedrohung für die öffentliche Sicherheit auch in Hamburg dar“, sagte CDU-Verfassungspolitiker Trepoll. „Die Justiz in Hamburg kann sehr leicht an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, wenn bereits ein Verfahren eine Staatsanwältin komplett bindet.“
Die Steigerung der Reisetätigkeiten von potenziellen Kämpfern der Terrorgruppe Islamischer Staat im Jahr 2014 gäben „Grund zur Sorge, insbesondere weil davon auszugehen ist, dass die Sicherheitsbehörden nicht alle Reisetätigkeiten feststellen können“, so der CDU-Politiker. „Die Dunkelziffer ist sicher höher.“ Für Hamburg forderte Trepoll einen „Islamisten-TÜV“: Neben einer Erweiterung der rechtlichen Voraussetzungen wie dem Verbot der Sympathiewerbung für den Islamischen Staat und dem erleichterten Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft müssten auch die Bildungs- und Aufklärungsmaßnahmen in Schulen und Jugendeinrichtungen intensiviert werden. „Diesem islamischen Extremismus, der weder Toleranz noch Menschlichkeit kennt, müssen wir in Hamburg wirkungsvoll und schnell entgegentreten. Es ist höchste Zeit.“
Auch der Senat will die Prävention gegen die Radikalisierung von Jugendlichen stärken. Anfang November soll eine Drucksache zum Thema „Vorbeugung und Bekämpfung von religiös motiviertem Extremismus“ beschlossen werden. Bestandteil ist auch ein achtseitiges, gemeinsam mit islamischen Verbänden erarbeitetes Handlungskonzept. Danach sollen Radikalisierungstendenzen bei Jugendlichen durch die Vernetzung von Beratungseinrichtungen und Schulen und die gezielte Schulung von Sozialpädagogen, Lehrern und Polizisten frühzeitig erkannt werden.
Neben den Bundesmitteln will Hamburg demnach in den kommenden beiden Jahren mehr als eine Million Euro zusätzlich für Präventionsmaßnahmen ausgeben. Diese sollen sich nicht allein gegen „religiös verbrämten Extremismus“ richten, sondern auch gegen „islamfeindliche Hetze“, so das Papier. „Insbesondere der Salafismus droht, sich in Hamburg als demokratie- und integrationsfeindliche Ideologie zu etablieren“, heißt es in dem Entwurf. „Seine Anhängerinnen und Anhänger agitieren insbesondere unter jungen Menschen gegen Menschenrechte und Demokratie und für ein extremistisches Weltbild, binden sie zwecks ideologischer Indoktrination in Gruppenzusammenhänge ein und werben für die Unterstützung des sogenannten Jihad.“ Wie der Rechtsextremismus sei auch der Salafismus eine „Ideologie der Ungleichwertigkeit“, heißt es.
„Den zunehmenden Mobilisierungserfolgen religiös motivierter Extremisten muss man mit verschiedenen Ansätzen gleichzeitig begegnen“, sagt die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Ksenija Bekeris. „Dazu braucht es sowohl die konsequente Verfolgung von Straftaten als auch eine wirksame Präventionsarbeit. Lehrer, Jugendverbände und nicht zuletzt die muslimischen Verbände selbst müssen sich vernetzen und gegenseitig qualifizieren und unterstützen, um gemeinsam über Aufklärung und Information zu verhindern, dass junge Menschen in die Fänge von Scharfmachern geraten.“
Offiziell berichtet der Senat von 40 Fällen, in denen Hamburger in die Kriegsgebiete ausreisten. Seit 2012 seien 17 ehemalige Gotteskrieger in die Metropolregion Hamburg zurückgekehrt, schreibt er in der Antwort auf die CDU-Anfrage, acht von ihnen 2014. Rechtsanwalt Mahmut Erdem, Sprecher des „Elternrats Aktionsinitiative gegen die IS-Miliz“, sagte dagegen, es würden mehr als hundert Jugendliche aus Hamburg in Syrien kämpfen.