52.600 Wahlberechtigte aus dem Bezirk Mitte haben bereits abgestimmt. Bis Sonntag kann noch gewählt werden, das Ergebnis wird für Mittwoch erwartet. Zustimmung und Ablehnung halten sich auch bei Prominenten die Waage.
St. Pauli/Steinwerder. Der Bürgerentscheid zur Seilbahn von St. Pauli über die Elbe zu den Musicaltheatern auf Steinwerder endet an diesem Sonntag. Das Ergebnis, bis Freitag hatten sich schon 52.600 der etwa 200.000 wahlberechtigten Bürger im Bezirk Mitte beteiligt, soll Mittwoch verkündet werden.
Die SPD im Bezirk Mitte hatte die Hoheit über das spektakuläre Bauvorhaben vom Senat erhalten und lehnt dieses ab. Bislang hatte sich der zuständige Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) zu diesem Thema zurückgehalten, doch gegenüber dem Abendblatt machte er jetzt seinen Standpunkt klar: „Zwei Herzen schlagen da in meiner Brust. Als Senator, der für den Tourismus zuständig ist, halte ich das Projekt für eine Chance, Hamburg attraktiver für Touristen zu machen. Als Senator, der sich um die Belange des Hafens kümmert, muss ich darauf achten, dass dessen Entwicklung nicht gefährdet wird.“
Einer möglichen Streckenverlängerung erteilte Senator Horch allerdings eine Absage: „Eine Ausweitung der Seilbahn nach Wilhelmsburg, wie sie ins Gespräch gebracht wurde, halte ich nicht für möglich. Da wären die Interessen des Hafens und seiner Unternehmen erheblich beeinträchtigt“, sagte Horch. Dabei gehe es nicht nur um den Status quo. „Wir müssen sicherstellen, dass der Hafen sich auch entwickeln kann.“
Das sieht auch Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD) so: „Der Ausbau einer möglichen Musical-Seilbahn nach Wilhelmsburg ist illusorisch – jedenfalls in absehbarer Zeit. Das wäre dann ja ein öffentliches Verkehrsmittel, und deswegen müsste die Strecke europaweit ausgeschrieben werden.“ Das wäre wahnsinnig aufwendig. Außerdem gebe es im Hafengebiet sehr viele sogenannte Störfallbetriebe, über die die Strecke gar nicht führen dürfte, so Senatorin Blankau weiter.
Eigentlich müsste Hamburg-Tourismus-Chef Dietrich von Albedyll ein Freund der Seilbahn sein. Aber er gibt sich zurückhaltend: „Der Hafen ist ein unverwechselbarer Erlebnisraum und gehört zu den Alleinstellungsmerkmalen unserer Stadt, dementsprechend steht er im Interesse der Besucher.“ Eine Seilbahn, die außergewöhnliche Blicke auf Hafen, HafenCity und Innenstadt zulasse, könne deshalb durchaus eine touristische Bereicherung darstellen und biete das Potenzial, die touristischen Stärken Hamburgs zu fördern, so von Albedyll weiter.
Zu den klaren Befürwortern gehört Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz. Er sagt: „Die Hamburger Wirtschaft hält das Seilbahnprojekt aus touristischen und verkehrlichen Gründen für eine zukunftsweisende Chance für unsere Stadt. Wir freuen uns über den Investitionswillen der beiden Unternehmen, der mit der Ausführung dieser Idee verbunden wäre.“
Der Bau der Seilbahn kostet rund 35 Millionen Euro und würde von dem österreichischen Seilbahnbauer Doppelmayr und dem Musicalunternehmen Stage Entertainment bezahlt.
Die Meinung über dieses „Geschenk“ ist in der Bevölkerung gespalten. Auch bei prominenten Hamburgern. So lehnt St.-Pauli-Trainer Thomas Meggle das Vorhaben ab: „Der Hamburger Hafen steht für Tradition und Handel und nicht für Touristen, die über die Elbe schweben. Für die Fahrgastbeförderung gibt es Fähren.“ Für ihn gehöre eine Seilbahn nicht über den Hafen und St.Pauli, so der Trainer weiter.
Wer nicht per Briefwahl seine Stimme abgegeben hat, kann am Sonntag von 8 bis 18Uhr in einem Wahllokal im Bezirksamt Mitte am Klosterwall 4 wählen. Das Bezirksamt wird auch die Wahlzettel zählen, die noch am Montag per Post angeliefert werden. Das Gesamtergebnis soll laut Bezirksamt bis Mittwoch vorliegen. Für einen Erfolg des Bürgerbegehrens reicht eine einfache Mehrheit der Stimmen. Selbst wenn die Mehrheit der Bürger sich für eine Seilbahn zwischen St.Pauli und Steinwerder entscheidet, bedeutet das nicht unbedingt einen zügigen Baubeginn.
Aber die Investoren sind schon vorbereitet: Wenn der Bürgerentscheid erfolgreich war, sollen laut Doppelmayr-Projektleiter Günter Troy umgehend sämtliche Unterlagen für ein Planfeststellungsverfahren bei der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation eingereicht werden: Doch bis die Seilbahn über die Elbe schweben kann, wird es noch Jahre dauern.