Untersuchungsausschuss zu Yagmurs Tod deckt Widersprüche in Aussagen der Rechtsmediziner auf. CDU-Bürgerschaftsfraktion zieht ein positives Fazit der Vernehmungen.
Hamburg. Nach der ersten Zeugenbefragung im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zum gewaltsamen Tod der dreijährigen Yagmur (Yaya) Y. zieht die CDU-Bürgerschaftsfraktion ein positives Fazit. „Die Vernehmungen der Rechtsmediziner Klaus Püschel und Dragana Seifert haben substanzielle Erkenntnisse zu Kommunikationsproblemen zwischen staatlichen Stellen und Versäumnissen der Ermittlungsbehörden ergeben“, sagte Christoph de Vries, Obmann der CDU-Fraktion im PUA.
Die Hinweise hätten sich verdichtet, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen zu Yayas früheren schweren Verletzungen nicht mit der gebotenen Sorgfalt und Intensität betrieben habe, obwohl das Mädchen bereits fast zu Tode gekommen war. De Vries: „Professor Püschel hat mehrfach betont, dass die Staatsanwaltschaft nach seiner Anzeige wegen Kindesmisshandlung die entscheidenden W-Fragen nicht gestellt hat.“
Wie berichtet, ist Yaya am 18. Dezember 2013 an den Folgen eines Leberrisses gestorben. Der Vater steht unter Tatverdacht, das Mädchen totgeschlagen zu haben, die Mutter soll nichts dagegen unternommen haben. Beide sitzen in Untersuchungshaft.
Rechtsmedizinerin Seifert war enttäuscht von Verfahrenseinstellung
Sechs Stunden lang sind Klaus Püschel, Leiter des Instituts für Rechtsmedizin, und seine Kollegin Dragana Seifert am Montag als Zeugen im PUA Yagmur vernommen worden. Der Fall sei aufgrund der vielen massiven Verletzungen einzigartig, darin waren sich die Rechtsmediziner einig.
Zudem betonte Püschel, dass seine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft ein höchst ungewöhnlicher Vorgang gewesen sei. Umso irritierter zeigten sich die PUA-Mitglieder, dass die Mediziner nach Einstellung des Verfahrens ohne Ergebnis im November 2013 nicht aktiv geworden waren. „Professor Püschel hat mehrmals wiederholt, wie ungewöhnlich der Fall ist“, sagt der PUA-Vorsitzende André Trepoll (CDU) am Dienstag. „Deshalb wundert es mich, dass er sich nach der Verfahrenseinstellung nicht etwa an das Jugendamt gewandt hat.“
Püschel hatte eingeräumt, dass es rückblickend hilfreich hätte sein können, noch mal darauf hinzuweisen, dass dort etwas Schlimmes passiert ist. „Aber für mich waren damals andere zuständig.“ Aufgabe der Rechtsmedizin sei die Spurensuche und Dokumentation und nicht, sich um das Kind zu kümmern. Dragana Seifert gab an, dass sie enttäuscht gewesen sei, als sie von der Verfahrenseinstellung gehört habe. „Weil ich mir gewünscht hätte, dass weiter ermittelt wird.“
Sie würde es befürworten, wenn das Kinderkompetenzzentrum im Institut für Rechtsmedizin grundsätzlich bei Kindeswohlgefährdungen eingeschaltet würde. Auch die CDU plädiert dafür, dass künftig in allen Fällen des Verdachts von Kindesmisshandlung eine verbindliche Vorstellung von Kindern beim Kinderkompetenzzentrum durch das Jugendamt eingeführt wird.
Als Nächstes sagen die Staatsanwältin und der damals ermittelnde Polizist aus
Seifert hatte Yaya am 31. Januar 2013 untersucht, nachdem das Altonaer Kinderkrankenhaus sich an das Kinderkompetenzzentrum gewandt hatte, und drei Gutachten erstellt. Am 1.Februar 2013 hatte sie mit Püschel Anzeige erstattet. „Die Kombination der schweren Verletzungen habe ich noch nie gesehen“, sagte die 55-Jährige. Uneinigkeit besteht jedoch darin, wann sie das Gutachten an die Staatsanwaltschaft geschickt hat.
Seifert gab an, dass dies zusammen mit der Anzeige geschehen sei. In der Akte der Staatsanwaltschaft ist aber vermerkt, dass das Gutachten auch drei Wochen später noch nicht vorlag. Und auch Püschel hatte zuvor eingeräumt, dass die Erstellung des Gutachtens länger gedauert, es aber telefonisch eine Vorabinfo an das Jugendamt und Staatsanwaltschaft gegeben habe.
In der kommenden Sitzung des Untersuchungsausschusses am Donnerstag in einer Woche werden die Staatsanwältin Christiane Wüllner und der damals ermittelnde Polizist vernommen.