Bezirk will 250 Wohnungen in stillgelegten Teilen der heutigen JVA Fuhlsbüttel bauen. Scharfe Kritik von der Opposition

Fuhlsbüttel. Die größte Begeisterung hat Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) mit ihren Plänen zur Neustrukturierung des Strafvollzugs im Bezirk Nord ausgelöst. "Das ist ein sehr vernünftiger Schritt", kommentierte Nord-Bezirksamtsleiter Wolfgang Kopitzsch (SPD) Schiedeks Vorschlag, das Haus 1 der Justizvollzugsanstalt (JVA) Fuhlsbüttel endgültig aufzugeben.

Auf dem 27 000 Quadratmeter großen Areal, das für den Strafvollzug nicht mehr benötigt wird, will der Bezirk 250 Wohnungen bauen. "Das ermöglicht uns eine Planung in großen Dimensionen", sagte Kopitzsch dem Abendblatt. Jetzt gehe es darum, eine Verbindung zum Neubaugebiet Am Weißenberg herzustellen, das der Saga-GWG anhandgegeben ist und südlich an das Gelände der JVA grenzt.

Ein Problem bleibt: Die Haftgebäude, die Schiedek jetzt aufgeben will, sind als denkmalschutzwürdig erkannt. Ein Abriss oder Teilabriss setzt also eine Einigung mit dem Denkmalschutz voraus. Kopitzsch räumt ein, dass die Ausgangslage "nicht ganz einfach" ist.

Hintergrund für die Neustrukturierung des Strafvollzugs sind die Überkapazitäten. Von 2420 Haftplätzen sind derzeit 1750 belegt. Außer dem Verzicht auf Haus 1 in Fuhlsbüttel, das bereits seit September 2009 stillgelegt ist, will die Justizsenatorin die Teilanstalt für Frauen in Hahnöfersand aufgeben. Die 96 Haftplätze sollen in die JVA Billwerder verlegt werden, wo künftig auch die weiblichen Untersuchungsgefangenen einsitzen sollen. Schiedek will dagegen die offene Anstalt Glasmoor in Norderstedt erhalten und sogar um 50 auf 250 Plätze ausbauen.

"Dass Glasmoor erhalten bleibt, ist eine frohe Botschaft", sagte Klaus Neuenhüsges, Vorsitzender des Landesverbands der Strafvollzugsbediensteten. Die schwarz-grüne Koalition hatte die JVA Glasmoor aufgeben und den offenen Vollzug in das Haus 1 in Fuhlsbüttel verlagern wollen. Laut Neuenhüsges ist Glasmoor ein "funktionierendes System". Die Beschäftigten könnten damit leben, dass Haus 1 geschlossen werde. Kritisch sieht Neuenhüsges die Verlagerung des Frauenvollzugs nach Billwerder: "Für die Beschäftigten in Hahnöfersand muss es sozialverträgliche Lösungen geben."

Deutliche Kritik kommt dagegen von der Opposition. "Das Konzept der Justizsenatorin ist eine Absage an den modernen Strafvollzug", sagte Viviane Spethmann, die justizpolitische Sprecherin der CDU. Die einsame Lage der offenen Anstalt Glasmoor erschwere eine Wiedereingliederung und Berufsausübung der Gefangenen.

Spethmann warf der Senatorin "Augenwischerei" vor, weil es nicht bei den Investitionskosten für die Neustrukturierung in Höhe von zehn bis 15 Millionen Euro bleiben werde. "Der Senat vergisst zu erwähnen, dass die JVA Glasmoor grundsanierungsbedürftig ist", sagte Spethmann. In der vergangenen Legislaturperiode hatte der damalige Senat den Sanierungsbedarf mit 19,5 Millionen Euro beziffert. Auch für die gemeinsame Unterbringung von Frauen und Männern in Billwerder sagt Spethmann Umbaukosten voraus.

Für den GAL-Justizpolitiker Farid Müller ist das Schiedek-Konzept "SPD-Murks, weil die SPD im Bezirk Nord unbedingt Wohnungen auf dem Anstaltsgelände in Fuhlsbüttel bauen lassen will". Bislang hätten Prüfungen stets ergeben, dass Wohnungsbau so nah an der Gefängnismauer unattraktiv sei. Müller kritisiert außerdem, dass Schiedek das Angebot an offenen Vollzugsplätzen nur um 50 auf 250 erhöhen will. Das schwarz-grüne Konzept hatte ein Plus um 100 Plätze beinhaltet.

Die Einsparung durch Schließung von Haftanstalten betrage bei Schiedek nur 1,45 Millionen Euro, während Schwarz-Grün mit der Aufgabe von Glasmoor den Justizetat um 2,9 Millionen Euro entlastet hätte. "Jetzt müssen andere Bereiche bluten, denn die Einsparungen müssen am Ende erbracht werden", sagte Müller.

"Das ist kein großer Wurf, aber immerhin die richtige Richtung", sagte die FDP-Abgeordnete Martina Kaesbach. Die Liberalen sind im Bezirk Nord für die komplette Aufgabe des Gefängnisstandortes Fuhlsbüttel. "Positiv ist, dass nun voraussichtlich deutlich geringere Kosten für den Umbau der Gefängnisstruktur nötig sein werden." Der SPD-Rechtsexperte Urs Tabbert sprach von einem "soliden, ausgewogenen Gesamtkonzept", das die schwarz-grünen "Wolkenkuckucksheime" ersetze.