In Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen gibt es viele Privatpleiten. Meisten Hamburger Pleitiers im Bezirk Mitte.

Hamburg. In Norddeutschland leben besonders viele Hochverschuldete. Im bundesweiten Vergleich belegen Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein die ersten vier Plätze im Ranking der angemeldeten Privatinsolvenzen pro einer Million Einwohner. Das geht aus einer Studie der Wirtschaftsauskunftei Bürgel hervor. Sie bezieht sich auf Februar 2011.

Spitzenreiter der Bundesländer mit den meisten Pleitiers ist Bremen: Dort sind 255 von einer Million Einwohner privatinsolvent. In Niedersachsen kommen 181 Zahlungsunfähige auf eine Million Bürger, in Schleswig-Holstein 180 und in Hamburg 169. Besonders wenige Hochverschuldete leben in Bayern und Baden-Württemberg. Dort haben nur 100 von einer Million Menschen Privatinsolvenz angemeldet.

In Hamburg waren im vergangenen Jahr 3703 Haushalte offiziell pleite. Das waren 3,7 Prozent mehr als 2009, so die Jahresanalyse der Wirtschaftsauskunftei. Die meisten Privatpleiten in Hamburg gab es 2010 im Bezirk Mitte mit 856 Insolvenzanträgen. Das waren 4,8 Prozent mehr als 2009.

Vor allem junge Hamburger zwischen 18 und 25 Jahren konnten 2010 ihre Schulden nicht mehr begleichen. Ihre Zahl erhöhte sich binnen eines Jahres um 25,8 Prozent auf 229. "Junge Menschen verfügen in der Regel nicht über die nötigen finanziellen Rücklagen, um Krisensituationen auszugleichen", sagt Bürgel-Geschäftsführer Norbert Sellin. Bei vielen herrsche ein deutliches Missverhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben.

Meist beginnt der Weg in die private Pleite damit, dass der Dispositionskredit auf dem Girokonto bis zum Anschlag überzogen ist. Das Geld geht sofort für Miete oder Hauskreditraten und längst überfällige Rechnungen und Mahnungen drauf - für Telefon, Strom, Gas oder Ratenkäufe. Oft folgen Gerichtsvollzieher, Gehaltspfändung, Kontopfändung.

Seit zehn Jahren gibt das Privatinsolvenzverfahren Menschen die Möglichkeit, ihre Schulden loszuwerden. Damit das Verfahren richtig anläuft, müssen private Schuldner sich zunächst um eine außergerichtliche Einigung bemühen - Stundung, Ratenzahlung oder Teilerlass. Ein umfassender Tilgungsplan muss her. Um die formalen Voraussetzungen zu erfüllen, brauchen Verbraucher in der Regel kundigen Rat - von einer hierfür anerkannten Schuldnerberatung oder einem Rechtsanwalt, Notar oder Steuerberater. Scheitert die Einigung oder besitzt der Schuldner - was fast immer der Fall ist- kein pfändbares Einkommen oder Sachwerte, geht das Verfahren vor Gericht.

In den nächsten sechs Jahren - auch Wohlverhaltensphase genannt - wacht ein Insolvenzverwalter über alle Einnahmen und Ausgaben und verteilt jedes pfändbare Einkommen und Vermögen an die Gläubiger. Nach Ende des Verfahrens ist der Schuldenberg weg. Voraussetzung: Der Verbraucher macht keine neuen Schulden und erfüllt seine mit dem Verfahren verbundenen Verpflichtungen. Die Verfahrenskosten werden dann notfalls sogar gestundet oder erlassen. Und die ehemaligen Schuldner haben den Anspruch, dass negative Einträge etwa bei der Schufa getilgt werden. Redlichen Schuldnern soll das Privatinsolvenzverfahren so einen Neuanfang ermöglichen.

Informationen und Adressen von anerkannten Schuldnerberatungen sowie Beratung finden Verbraucher bei der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung: www.bag-sb.de