Die goldenen Zeiten mit Hollywoodstars am Jungfernstieg sollen wieder aufleben. Unternehmer Heinz Lochmann will das Kino übernehmen.
Hamburg. Den Cineasten zeichnet aus, dass pure Fiktion seine Leidenschaft weckt. Und Heinz Lochmann ist ein Cineast. Allein der Gedanke, ein Kino wie das Streit's zu betreiben, bringt den Schwaben, der vor rund einem Jahr das legendäre Hamburger Passage-Kino rettete, ins Schwärmen. Vor seinem geistigen Auge sieht er bereits die goldenen Zeiten im Streit's wieder aufleben, mit rauschenden Premierenfeiern und Hollywoodstars auf dem Jungfernstieg. Und weil Lochmann nicht nur Kinoliebhaber, sondern auch Unternehmer ist, soll aus dieser Idee Realität werden. Er will das Kino übernehmen.
"Ich habe die Eigentümer schon angerufen und vorgeschlagen, dass ich mich mal vorstelle", sagt Lochmann. Sollten die Immobilienbesitzer daran Interesse haben, er würde sich jederzeit in den Flieger nach Hamburg setzen.
Erst am Tag zuvor hat der Mann aus Süddeutschland erfahren, dass der im März 2013 endende Mietvertrag mit dem Kinobetreiber Greater Union (Cine-Star) nicht verlängert wird. Einmal darüber schlafen hat gereicht, um den Entschluss zu fassen, erneut einen Rettungsversuch zu starten. "Das Streit's ist eben ein echter Filmpalast, eine Kinolegende", sagt Lochmann, und das könnte eigentlich schon Begründung genug sein.
Darüber hinaus ist Lochmann aber davon überzeugt, dass das Streit's auch wirtschaftlich ein Erfolg werden kann. Schließlich läuft das Passage an der Mönckebergstraße, das Lochmann für 1,7 Millionen Euro aufwendig hat renovieren lassen, "sehr, sehr gut". Die halbe Million, die die Auffrischung am Ende mehr gekostet hat, ist so gut wie vergessen - die Bauchentscheidung des Kino-Mannes sei auch aus Unternehmersicht richtig gewesen, so Lochmann. Und mit dem Streit's, dem "Juwel", könnte man noch "eins draufsetzen".
Ein "First-Class-Kino" schwebt Lochmann vor, mit viel Beinfreiheit und allem "Schnickschnack": Ledersesseln, verstellbaren Rückenlehnen und kleinen Tischen, sodass man sich vor der Vorführung am Platz bedienen lassen kann. "Nicht Popcorn und Cola würden großgeschrieben, sondern Wein und kleine Speisen", sagt Lochmann. Nach vier großen Kinos in kleineren Städten im Süden des Landes, reizen ihn die kleinen Kinos in der Großstadt. Premieren würden jetzt auch wieder in der Passage gefeiert, so Lochmann, und "so lieb ich die hab, das Streit's wäre dafür prädestiniert".
Die Eigentümerfamilie, Vater Peter Reimers und Sohn Christoph, wollte sich zu dem Angebot Lochmanns noch nicht äußern. Man müsse das erst einmal sacken lassen, zumal es bis zum Auslaufen des Mietvertrags noch zwei Jahre hin ist. Dem Abendblatt gegenüber hatten die Reimers' aber schon deutlich gemacht, dass das Programmkino aus ihrer Sicht keine Zukunft mehr habe. Zu diesem Schluss kommen die Eigentümer nach "vielen Jahren", in denen sie mit der Miete nach eigenen Angaben immer wieder hatten runtergehen müssen.
Christoph Ringleben, Geschäftsführer bei der Immobilienfirma Grossmann & Berger, kann das nachvollziehen. Ein kleines Kino könne mit den Mieten, die von Einzelhändlern in dieser Lage bezahlt werden, nur schwer mithalten. "Es gehört schon Idealismus dazu, als Vermieter mit einem Kino leben zu wollen", sagt Ringleben.
Warum der jetzige Betreiber des Streit's, Greater Union - immerhin der größte Kinobetreiber Deutschlands -, um die Miete feilschen musste, während der erfahrene Privatunternehmer Lochmann von der Wirtschaftlichkeit des Streit's überzeugt ist - diese Frage steht dennoch weiterhin im Raum. Auch drei Tage, nachdem das Aus des Filmtheaters am Jungfernstieg bekannt wurde, schweigt Greater Union hartnäckig. So auch bei der Frage, wo ein möglicher Nachfolger des 1956 eröffneten Traditionshauses entstehen könnte.
Von der Idee von Greater Union, das Streit's an anderer Stelle wieder aufzumachen, hält Heinz Lochmann nichts. "Man kann alles irgendwie umpflanzen, aber es ist niemals dasselbe", sagt er. Das Streit's habe seine Historie dort, wo es jetzt steht.