Nach dreijähriger Pause eröffnet das Metropolis wieder seine Türen. Es war demontiert worden und wurde an alter Stelle wiederaufgebaut.
Hamburg. Normalerweise dauert ein Dornröschenschlaf hundert Jahre. Bei einem Kino darf er schon mal etwas kürzer sein, denn die Produkte der Traumfabriken drängen auf die Leinwand, und die Leute wollen etwas sehen. Mehr als drei Jahre war das Metropolis zwar nicht hinter einer Dornenhecke, aber immerhin hinter Bauzäunen verschwunden. Gestern hat es seinen Spielbetrieb wieder aufgenommen. Das Filmtheater war vorher demontiert und ausgelagert worden. Jetzt wurde es ins neue Metropolis-Haus wieder eingebaut. Die Rückkehr eines Kinos ist ein seltenes Ereignis, fast schon ein Märchen, in einer Zeit, in der immer mehr Spielstätten geschlossen werden.
Wer sich dem neuen alten Metropolis nähert, muss noch aufpassen, wo er hintritt. Auf dem Weg kommt man an Baumaschinen vorbei, der Fußweg ist auch noch nicht fertig. Der Eingang des Filmtheaters liegt jetzt nicht mehr in der Dammtorstraße, sondern direkt neben der Oper in der Kleinen Theaterstraße 10. Dort erwartet die Kinobesucher ein neuer großzügiger Eingangs- und Kassenbereich. Wenn man ein Stockwerk hinabsteigt, stößt man auf die Bar. Von dieser Ebene aus kann man auch auf den Balkon gelangen. Noch ein Stockwerk tiefer liegt der Eingang zum Parkett.
+++ Metropolis hoch zwei +++
Im Gebäude wird noch an vielen Ecken und Details geschraubt und gehämmert, aber der historische Kinosaal ist fertig, und die Projektion funktioniert. Die roten Kinosessel tragen deutliche Gebrauchsspuren und passen mit ihrer Patina wunderbar zum nostalgischen Nierentisch-Charme des Interieurs. Stück für Stück hatten Fachleute das Kino im Jahr 2008 auseinandergeschraubt und in Gera ausgelagert.
Ein Investor wollte an der Dammtorstraße ein neues Bürogebäude errichten. Da das Kino unter Denkmalschutz stand und steht, bekamen die Bauherren von der Norddeutschen Grundvermögen und der Firma Hochtief nur den Zuschlag, wenn sie dem Kino an alter Stelle einen neuen Platz einräumten. "Am Tag nach unserem Auszug im Juli 2008 rückten die Bagger an und begannen mit dem Abriss", erinnert sich Metropolis-Chef Martin Aust.
Das Metropolis zog in der Zwischenzeit nach St. Georg. Dort fand man ein Kino, das mehr als eine Ausweichspielstätte war. Das Savoy am Steindamm wurde entstaubt und wiederbelebt. Plötzlich hatte man 440 statt der vorher 270 Plätze und einen großzügig gestalteten Kinosaal. Trotz der Bemühungen, auch das Savoy zu erhalten, brechen die Kinoleute dort bis zum 15. November ihre Zelte endgültig ab. "Wir gehen mit zwei weinenden Augen", so Aust. "Das ist eines der schönsten Kinos in Hamburg." Die Zukunft des Savoy ist zurzeit noch ungewiss. Es soll aber mehrere Interessenten geben.
Wie sorgfältig beim Zerlegen und Wiederaufbau des Metropolis vorgegangen wurde, sieht man jetzt. "Wenn man im Kino steht, hat man das Gefühl, es sei nie weg gewesen. Es ist, als wäre das neue Haus um den alten Saal herumgebaut worden", schwärmt Aust, der auch dem Rohbau immer wieder Besuche abstattete. "Ich stand hier schon auf dem Balkon, als man oben noch den Himmel sehen konnte." Wer Unterschiede zum alten Metropolis erkennen will, muss schon sehr genau hinsehen. So wurde ein Teil der Deckenkonstruktion erneuert. Und die Wandbespannung, die im Original aus schlüpferblauem VW-Käfer-Kunstleder bestand, wurde gegen ein gleichfarbiges, aber unbrennbares Material ausgetauscht.
Eigentlich sollte die Eröffnung schon am 1. September erfolgen, aber der Starkregen im Sommer führte zu einem Wassereinbruch und einer Verzögerung von zwei Monaten.
Das Kino wurde unter dem Namen Dammtor-Filmtheater 1952 gebaut. Seit 1979 heißt es Metropolis in Anlehnung an den gleichnamigen Filmklassiker von Fritz Lang und an seinen Standort mitten in der Großstadt. Jetzt wurde es auch zum Namensgeber für das neue Gebäude.
In den vergangenen Jahrzehnten waren hier häufiger prominente Filmemacher zu Gast. "Apocalypse Now"-Regisseur Francis Ford Coppola kam inkognito, fiel aber dem Kassierer auf und bestätigte seinen Besuch später auf Anfrage. Sein Landsmann Samuel Fuller, Regisseur von "Ich erschoss Jesse James", war in den 90er-Jahren mit seinem deutschen Kollegen Peter Sempel bei einer Veranstaltung von Cinegraf. Nach der Vorstellung wollte er unbedingt Sauerbraten essen - er war mit einer Deutschen verheiratet - und Filmstudenten treffen. Beides konnte organisiert werden.
Gestern wurde zum Auftakt die restaurierte Komödie "Der Himmel auf Erden" mit Reinhold Schünzel und Adele Sandrock aus dem Jahr 1928 gezeigt. Das Orchester Tuten & Blasen begleitete den Stummfilm live. Wie auch schon am Vortag, als Kultursenatorin Barbara Kisseler und Hamburger Filmschaffende vorbeischauten. Heute beginnt im Metropolis die Zukunft mit dem 1. deutsch-russischen Kinoforum, aktuellen Produktionen und Gästen aus dem osteuropäischen Land.