Das Abendblatt fuhr mit beim Test der Züge in Brandenburg. Ab Sommer 2012 soll die neue U-Bahn in der Hansestadt eingesetzt werden.
Hennigsdorf. Das ist der Zug der neuen Zeit. Ein Raumwunder auf Schienen, das größer wirkt, als es wirklich ist. Unterirdisch soll es mit ihm abgehen, sicher und bequem. Die neue U-Bahn für Hamburg ist nicht nur etwas für Genießer feinmotorischer Technik. Den Namen für das Fahrzeug haben sich Ingenieure mit dem U-Bahn-typischen Tunnelblick ausgedacht: Das 40 Meter lange Fahrzeug, edelstahloptisch auf Glanz gebracht mit leuchtend roten Türen, heißt DT 5. Das steht für Doppeltriebwagen der 5. Generation. Der DT 5 hätte Besseres verdient.
Am Bahnsteig in Hennigsdorf, auf der Teststrecke bei Berlin, steht die neue U-Bahn, die ab Sommer 2012 in Hamburg eingesetzt werden soll. Ulrich Sieg, Vorstand der Hamburger Hochbahn, ist zur Probefahrt angereist, um sich von der Qualität dessen zu überzeugen, was er bestellt hat.
"Wir testen hier die gesamte Technik. Das reicht von der Brems- und Antriebstechnik bis hin zum Türschließsystem und der Klimaanlage", sagt Sieg. Er ist schon zu Beginn angetan von den drei Wagen jedes Fahrzeugs, durch den der Fahrgast von vorn bis hinten durchgehen kann. "Das schafft nicht nur ein großzügigeres Raumgefühl, sondern vor allem mehr Sicherheit für unsere Kunden. Wenn es zu einer Gefährdungssituation kommt, kann der Fahrgast während der Fahrt in einen anderen Wagen wechseln", sagt Sieg.
Dann geht's endlich los, mit zwei Fahrzeugen, die zu einem 80-Meter-Zug verbunden sind. Ulrich Sieg setzt sich in den Führerstand. Das macht ihm offenbar so viel Spaß wie Eisenbahnspielen. 1000 Kilometer muss der Zug auf der Teststrecke insgesamt zurücklegen, natürlich nicht an einem Tag. Auf dem Monitor hat Sieg 80 km/h als Geschwindigkeitsbegrenzung eingegeben. Der Hochbahn-Vorstand schiebt den Brems- und Fahrhebel nach vorn, und in kurzer Zeit hat die mehr als 110 Tonnen schwere U-Bahn die Höchstgeschwindigkeit erreicht.
Seinen Fuß hat Sieg immer auf einem silbernen Pedal, dem "Totmann". Lässt er los, bremst das Fahrzeug sofort. Die U-Bahn gleitet vorbei an einem Wald. Sie liegt ruhig auf den Schienen. Da kommt ein rotes Signal. Sieg zieht den Hebel nach hinten, und die U-Bahn bremst ruckartig ab. "Da hätte ich wohl etwas sanfter sein müssen."
Am Ende der Teststrecke beschäftigt sich Sieg mit dem Monitor. Über diesen kann der Fahrer die Klimaanlage regulieren, die Türen öffnen und schließen sowie die Höchstgeschwindigkeit einstellen. Auch die Überwachungskameras, die es in jedem Wagen gibt, können hier ausgeschaltet werden.
Nach der Testfahrt verlässt Ulrich Sieg den Führerstand und schlüpft in die Rolle des Fahrgasts. Er nimmt auf einem der mit rotem Stoff bezogenen Sitze Platz: "Die Fahrgäste erwartet in den neuen Fahrzeugen mehr Transparenz, Helligkeit und Sicherheit", sagt Sieg. Und es gibt deutlich mehr Platz für Kinderwagen und Rollstühle.
Neu ist auch, dass die Fahrzeuge eine besondere Klimaanlage haben. Das "intelligente Türschließsystem" soll über Lichtschranken ein unnötiges Offenstehen der Türen verhindern. Auch das Thema Umweltschutz spielt bei der Anschaffung der insgesamt 67 Fahrzeuge eine Rolle. "Die spezielle Leichtbaukonstruktion und die Rückspeisung von Energie beim Bremsen führt beim DT 5 zu einem niedrigeren Energieverbrauch." Der Vorstand versteht etwas von Technik, entnimmt man seinen Worten.
Ein Thema ärgert die Hochbahner. Das ist die extreme Zeitverzögerung bei der Auslieferung der neuen U-Bahnen. Eigentlich sollte der erste Zug bereits Ende 2009 durch Hamburg rollen, doch der Hersteller hatte Probleme mit der Konstruktion. Die ersten Fahrzeuge sollen nun im August 2011 in Hamburg eintreffen. Aber bevor die Fahrgäste ab Sommer 2012 einsteigen dürfen, stehen auf dem Streckennetz der Hansestadt noch weitere Testfahrten an.
Bis zu drei Fahrzeuge können miteinander verbunden werden und haben dann eine Gesamtlänge von 120 Metern - Raum für bis zu 672 Fahrgäste. Die nächste Station führt den Doppeltriebwagen 5 erst einmal ins Ausland. In Wien wird das Fahrzeug in einer Kältekammer getestet. "Es muss schließlich sichergestellt sein, dass die neuen U-Bahnen auch in strengen Wintern störungsfrei funktionieren", sagt Sieg. Die Kammer kann auf minus 50 Grad Celsius heruntergekühlt werden. Aber man muss ja nicht gleich mit dem Schlimmsten rechnen.